Wie sicher ist unsere Demokratie? Die (zunächst) missglückte Bundeskanzlerwahl sorgte kurz für Unsicherheit. Im Grundgesetz ist jedoch für solche Fälle vorgesorgt.
Ein Gastkommentar von Artur Wiebe und Johannes Schwarz
Wir sitzen beide vor einem Politkrimi. Parallel zu unserem Tagesgeschäft schauen wir uns als politisch interessierte Bürger online die Sitzung des Deutschen Bundestages an. Morgens um 9 Uhr ging es los mit der missglückten Wahl von Friedrich Merz zum zehnten Bundeskanzler. Damit hatte keiner gerechnet: Merz fehlten sechs Stimmen, und somit hat er die erforderliche Mehrheit nicht erreicht.
Schockstarre und Spannung!
Das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nach 1949 noch nie gegeben, dass ein Kanzlerkandidat oder eine Kanzlerkandidatin, der oder die vom Bundespräsidenten vorgeschlagen wurde, nicht im ersten Wahlgang gewählt wurde. Schockstarre und Spannung nicht nur bei den Betroffenen und namentlich aufgerufenen wahlberechtigten Bundestagsabgeordneten, sondern auch vor und hinter den Übertragungsgeräten.
Was nun? Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier schauen sich etwas verdattert und ratlos an. Das hat es noch nie gegeben …! Was als „Verantwortung für Deutschland“ und Stabilität angekündigt wurde, scheint schon vor Beginn der schwarz-roten Koalition im Angesicht der Weltöffentlichkeit zu zerbröseln. Die Betroffenen der CDU/CSU-SPD-Koalition verschwinden direkt in die parlamentarischen Hinterzimmer, um sich als Koordinierungsteams und Fraktionen zu beraten. Sichtbare Schadenfreude und Häme bei den oppositionellen Parteien, allen voran bei der AfD. Erste Statements vor den Kameras fallen nicht besonders freundlich aus.
Ein kleines bisschen Sicherheit?
Da ist es wieder das beklemmende Gefühl. Sicher geglaubtes scheint in die Brüche zu gehen. Selbst die „demokratische Mitte“ und einstige Große Koalition bekommt es nicht hin, für ein „kleines bisschen Sicherheit“ zu sorgen. Ist die Demokratie in Gefahr, wie es so oft von allen Seiten von links bis rechts und umgekehrt beschworen wird?
Zum Glück haben die Väter und einige Mütter unseres Grundgesetzes, das 1949 in Kraft trat, auch für diesen Fall vorgesorgt. Mit dem 6. Mai 2025 dringen wir in bislang unbekannte Tiefen unseres Grundgesetzes vor. Noch nie dagewesen, aber dennoch vorgedacht und in Paragrafen gegossen. Zum ersten Mal findet § 63 Absatz (3) in unserer parlamentarischen Demokratie seine Anwendung: „Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgange mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.“
Vorgedacht für schwierige Zeiten
Zu entdecken und zu durchleben, dass die Väter und Mütter des Grundgesetzes, das auch schon durchdacht haben, macht uns dankbar. Nach dem missglückten ersten Aufschlag und den Beratungen der Fraktionen folgt der zweite Streich: der Wahlgang ohne Namensaufruf am Nachmittag. Dieser war dann tatsächlich erfolgreich und § 63 Absatz (4) kommt dieses Mal nicht zur Anwendung.
Ein Ortswechsel folgt zum Amtssitz des Bundespräsidenten: Im Schloss Bellevue ernannte der Bundespräsident den gewählten Friedrich Merz. Die Vereidigung des Kanzlers und der Ministerinnen sowie Minister – ohne und mit Gottesbezug „so wahr mir Gott helfe“ – erfolgt dann wieder im Reichstag.
Grundgesetz – Geschenk und Verantwortung
Ist unsere Demokratie in Gefahr? Nein und Ja! „Nein“, weil das Grundgesetz für gute und besonders für die schwierigen Zeiten verfasst wurde. Denn auch der bisher erstmalige Fall, dass die Kanzlerkandidatin oder der Kanzlerkandidat nicht mit der erforderlichen Mehrheit gewählt wird, ist darin schon vorgedacht. Demokratie funktioniert also! Und „Ja“, unsere Demokratie wird herausgefordert – nicht nur durch den heutigen parlamentarischen und holprigen Wahlritt. Sondern auch durch Personen, Parteien und Gruppierungen, die sich über unsere Verfassung erheben oder sie bewusst aushöhlen wollen.
Danke, liebes Grundgesetz! Am 23. Mai 2025 feierst Du Deinen 76. Geburtstag – wir wissen, was wir an dir haben. Entgegen aller Angstmacherei und den Inszenierungen vom Abgesang der Demokratie haben wir Vertrauen in unsere grundlegende Verfassung. Wir sind den Müttern, Vätern und Geburtshelfern unseres Grundgesetzes dankbar. Und nehmen auch in Politkrimis wie heute die Herausforderung an, unser Grundgesetz zu fördern und zu schützen – „in Verantwortung vor Gott und den Menschen“.
Artur Wiebe | Pastor und Referent für Medien und Öffentlichkeitsarbeit im Bund FeG | Redaktionsleiter der FeG-Zeitschrift CHRISTSEIN HEUTE | presse.feg.de | christsein-heute.de
Johannes Schwarz | Redaktionsleiter der Zeitschriften andersLEBEN und lebenslust im SCM Bundes-Verlag | bundes-verlag.de
Kommentare auf unserer Webseite Jesus.de geben grundsätzlich die Meinung des/der jeweiligen Autors/in wieder, nicht zwangsläufig die der gesamten Redaktion oder des SCM Bundes-Verlags.
Hallo!
„Kommentare auf unserer Webseite Jesus.de geben grundsätzlich die Meinung des/der jeweiligen Autors/in wieder, nicht zwangsläufig die der gesamten Redaktion oder des SCM Bundes-Verlags.
Es wird nie die gesamte Redaktion oder des Verlages einer Meinung sein! Das ist auch gut so, denn nur verschiedene Meinungen bringen uns weiter – wenn darüber gesprochen wird.
Gruß,
Peter Lorenz
Tatsächlich schon länger darüber nachgedacht. Bin trotzdem anderer Meinung. Ich erinnere mich an Anette Schultner, früher Vorsitzende der „Christen in der AfD“. Sie ist 2017 wegen der Radikalisierung der Partei aus der AfD ausgetreten. Ihr Urteil über Höcke und dessen Anhänger schon damals: „definitiv rechtsradikal“. Und diese Partei steht für Chrsten ein?
Eine andere Sache: Wie sollen deutsche, politische Parteien eigentlich das Christentum „verraten“? Es sind politische Parteien, keine Kirchen oder christliche Glaubensgemeinschaften.
Den letztgenannten Gedanken finde ich interessant und führe ihn gerne fort: Kann, soll oder darf es überhaupt politische Parteien geben, die sich „christlich“ nennen? Nicht nur weil dadurch Andersgläubige ausgegrenzt werden (überspitzt gefragt: kann ein Muslim, ein Jude, ein Atheist guten Gewissens die CDU oder CSU wählen?), sondern auch weil es ein ziemlich frecher Anspruch ist: „Wir sind die christliche Partei – und die anderen nicht“.
Meines Wissens ist das geschichtlich bedingt. Das ‚christlich‘ der CDU ist weniger ausgrenzend gemeint als vielmehr so, dass sie für evangelische und katholische Christen steht. Das war wohl früher sehr trennend.
Heute ist das natürlich überholt.
Allerdings wirbt heute die CDU regional auch stark um Muslime, und das oft mit Erfolg. Scheint also keine Belastung.
Es geht um die Werteordnung
Das C der CDU beschreibt nicht den christlichen Glauben, sondern das Wertegerüst. Also beispielsweise die christliche Soziallehre, die dann möglicherweise in Unkenntnis ihres Inhaltes als links beschrieben werden könnte. Die unmittelbare Nachkriegs-CDU war nach den heutigen Denkschablonen viel weiter politisch links als heute, denn in ihr wurde die christliche Soziallehre noch ernstgenommen. Nun wurden die Menschenrechte urspünglich auch von Christinnen und Christen formuliert, oder auch wichtige Pharagrafen unter den Ersten in numerischen Reihenfolge im Grundgesetz , welche auch die Achtung der menschlichen Würde beschreiben. Was hier die Menschenrechte allerdings betrifft wird durch den Rechtsruck leider teilweise fragwürdig, denn man kann nach dem entsprechenden Europäischen Recht niemand an der Grenze abweisen, sondern letztlich vermag die Migration nur ein deutsches Gericht dies für Asylanten und auch Flüchtlinge aus Kriegsgebieten abzulehnen. Die Europäischen Werte sind leider heute daher sehr infrage gestellt. Dabei ist das Problem der Überforderung durch Zuwanderungen, aus welchen Gründen auch immer, im Prinzip marginal, wenn jedes EU-Land gemessen nach seiner Bevölkerungzahl, auch anteilig Migranten einreisen lassen würde, statt sie durchzwinken. Nun hat dies natürlich alles auch nichts unmittelbar mit dem Glauben zu tun, denn der christliche Glaube ist ein großes Vertrauen in Gott. Allerdings auch Gott, den Nächsten und sich selbst zu lieben. Wobei die Liebe Vorrang besitzt vor Glaube und Hoffnung. Streng genommen kann eine Politik nicht christlich sein, aber an Werten orientiert. Die drei großen Religionen vertreten aber diese Werte .
Diese ständige Häme gegen die afd, von eurer Seite ist zum kotzen.
Es ist die einzige Partei die für Christen einsteht.
Alle anderen, vor allem die C Parteien sind Heuchler und Verräter am Christentum.
Mal nachdenken.
AFD macht sich Freund mit Putin. Dieser ist aber ein massiver Diskriminierer der nicht orthodoxen Christen in Russland.
Und nebenbei: eine Parteivorsitzende, die die Wahrheit total verdreht: Adolf Hitler ist für sie ein Kommunist gewesen, passt nicht zur christlichen Ethik.
rechtsradikal und christlich passt nicht zusammen.
Mal nachdenken.
Bin ganz Deiner Meinung.
Aber linksradikal und christlich passt genauso wenig. Warum wird die linksradikale, verfassungsfeindliche, Gefahr im Land immer wieder unterschlagen?
Wo wird sie denn unterschlagen?
Sie war Jahrzehnte im Fokus, Berufsverbot betrafen fast ausschließlich sehr linke. Für Rechtsextremismus war man fast blind.
Heute schaut man zumindest besser hin.
Ich denke, dass kommt daher, dass Rechtsextremismus in den letzten Jahren zu Toten geführt hat. Etwas, was es bei Linksextremismus kaum noch gibt.
Wobei Rechtsextremismus und Linksextremusmus sich eh ähneln und Menschen durchaus von einem zum anderen wechseln. Horst Mahler ist da ein Musterbeispiel.
Oder warum ist in ehemaligen SED-Hochburgen die AfD heute so stark?
Es ist halt die gleiche undemokratische Sichtweise auf Staat und Menschen.
Interessant – der Hinweis/Zusammenhang auf die SED-Hochburgen und den Anhängern der AfD heute!
Danke!
Gott ist die Herrschaft der Liebe
SED-Hochburger und den Anhängern der AfD heute bestehen in der Art ihres Denkens. Vorallem, in dem man seine Meinung fast nur noch als „absolute Wahrheit“ ansieht. Vorallem dann ist dies bei der AfD problematisch, wenn da gegen die Naturgesetze, aber entgegengesetzt zu allen festgestellten Messergebnissen, etwa auch der Klimawandel als nicht menschengemacht angesehen wird. Ein Kommunist wird so im Endzustand des heiligen Sozialismus den Kommunismus als die erlöste Welt erhoffen. Es gibt dann schlicht keine armen und reichen Leute mehr. In Wirklichkeit wurde aus dem Sozialismus – siehe China – ein Staatskapitalismus. Aber inzwischen darf man auch in China Kapitalist sein, die Hauptsache man bricht die Dogmen der Staatsdiktatur nicht, sonst ist alles erlaubt: Reich werden, Reisen ins Ausland und Religion nur eingeschränkt, in den eigenen Domizilen der Religionen absolvieren und zudem verboten für Menschen, die noch minderjährig sind. Christ darf man offiziell mit 18 Jahren sein. Wer nicht die Allmächtigkeit der Partei und seiner Oberen kritisiert, ist der freieste Mensch auf Erden. Aber deren Irrtumsfähigkeit und Fehler zu kritisieren, überschreitet sogar die Schuld einer Kritik an Gott. selbst. Karl Marx würde, könnte er dies, sich heute noch im Grabe herumdrehen, wenn er feststellen würde was die Menschen aus seiner eher theoretischen Erkenntnis an Unfreiheit und Willküren erschaffen haben. Selbst unmenschlichsten Herrscher wie jene Nordkorea berufen sich auf diesen deutschen Gelehrten. Jedenfalls bei jeder Diktatur setzt sich der Mensch als Herrscher auf den Thron Gottes, bei Kommunisten noch mehr und auch bei der AfD. Dabei ist die Form der Herrschschaft Gottes absolute Liebe. Deshalb kann Glaube an Gott niemals ein Ismus sein. Christinnen und Christen die nicht lieben, oder über alle Maßen intolerant sind, wären dann wie Enten ohne ihre Fähigkeit zu schwimmen.
Rechtsradikal, hassvoll und menschenverachtend ist unchristlich
Lieber Markus, ich versuche sehr tolerant zu sein und vertrete selbstredend nie absolute Wahrheiten, sondern meine Meinung. Allerdings passen rechtsradikal und christlich keinesfalls zusammen, wie auch Chey meint. Laut Ekkard ist Adolf Hitler auch kein Kommunist gewesen, solches hier zu behaupten ist schlicht falsch, denn Kommunisten sind auch in den Konzentrationslagern gestorben. Aber was – in aller Welt – erlaubt es hier zu behaupten, die AfD sei die einzige Partei die für Christlichkeit steht, wenn doch diese Partei nach einem jetzt erschienenen Gutachten auf über 1000 Seiten als vollständig rechtsradikal eingestuft wird?? Ich erlaube mir unmittelbar im Parlamentsfunk manchmal solche Reden der AfD im Bundestag anzuhören. Wenn diese überwiegenden Hassreden, die von Verachtung gegen das Parlament nur so triefen, noch von einem positiven Verhältnis zur Demokratie zeugen könnten, muss irgend etwas auch sehr fundamental mit meiner Wahrnehmung nicht stimmen. Dies kann jeder überprüfen, in dem er sich solche Zumutung antut, möglichst aber nicht vor einem anzustrebenden guten Nachtschlaf. Ich frage mich, wie man in einer solchen Paralellwelt zu leben vermag, weit weg von Logik, einem Hauch Menschlichkeit und von wenigstens eine Spur nur von Empathie. Das rethorische Auftreten der AfD im Bundestag hat mit Demokratie genauso wenig zu tun wie das Regiem von Putin mit einer Pflege unserer Menschenrechte. Zur Überprüfung was wirklich christlich ist, mag der liebe Mitstreiter bitte den 1. Korinther 13 im Neuen Testament lesen. Ich schreibe dies fast nie, in dem ich Bibeltexte als Argument anbiete. Aber hier scheint mir kein anderes Mittel probat genug zu sein. Mir fehlt einfach die Phantasie mir vorzustellen, mit welchen Fragen und Diskussionen eine angeblich christliche Abteilung der AfD sich befassen könnte.