Am heutigen Donnerstag jährt sich der Todestag von Martin Luther zum 470. Mal. Warum der Reformator heute noch sehr aktuell ist, beschreiben fünf Experten in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit". Sie adeln ihn unter anderem als "Mediengenie" und "Weckrufer".
Der Reformator Martin Luther hat in seiner Zeit viel erreicht und bewegt. Über die Auswirkungen bis heute schreiben fünf hochrangige Vertreter aus Kirche und Wissenschaft. Für Wolfgang Huber, den ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), hat Luther den Toleranzbegriff neu geprägt. Zum einen toleriere Gott den Menschen, auch wenn dieser sich in seiner Selbstbezogenheit von Gott abwendet. Zum anderen habe Luther durch die göttliche Toleranz" jedem Einzelnen seine Würde gegeben.
Huber betont, dass es auch Luther-Texte gebe, die alles andere als tolerant seien. Doch mit dem Ansatz für die Reformation habe sich die Kirche auch der Wahrheit des Evangeliums verpflichtet. Der Staat dürfe in Glaubensfragen keinen Zwang ausüben. Die Leiterin des Zentrums für Predigtkultur, Kathrin Oxen, rühmt Luthers grenzenloses Vertrauen in die Macht des Wortes. Aus seiner lebendigen Beziehung zur Bibel heraus habe er ihr sogar widersprochen.
Weg zur Einheit und Versöhnung
Für den Kurienkardinal Walter Kardinal Kasper war Luthers Ziel die Erneuerung der gesamten Christenheit. Er habe ein lebhaftes Gespür dafür gehabt, was die Menschen seiner Zeit bewegte und auch die existenziellen Fragen dazu gestellt. Er habe entdeckt, dass einem die Gerechtigkeit Gottes durch den Glauben und nicht durch äußerliche Frömmigkeitsformen zuteil werde: "Es war die Botschaft vom Kreuz, das allein Frieden schenkt." Luthers Reform habe von Anfang an im Kontext einer Theologie der Buße gestanden. Zudem wollte er das Licht des Evangeliums in seinem Herzen wieder aufstrahlen lassen. Dies sei ein Weckruf für die Kirche gewesen. Kasper plädiert im Gedenken an Luther für eine "voneinander lernenden Ökumene", für die sich aus seiner Sicht ein gemeinsamer Weg nach außen auftue.
Dem Volk aufs Maul geschaut
Für den Historiker Volker Reinhardt war Luther im Umgang mit den Medien innovativ wie keiner der Papstanhänger oder Humanisten in seinem Umfeld. Ihm sei es gelungen, seine Texte in massenhafter Auflage herauszubringen. Luther habe gewusst, wie man die Leidenschaften des Volkes traf. Aus Reinhardts Sicht war Luther ein "Mediengenie, Meisterkommunikator und Textvirtuose".
Die Botschafterin für das Lutherjubiläum Margot Käßmann stellt die Weltzugewandtheit des Reformators in den Fokus. Sie verschweigt nicht, dass es viele Belege für Luthers abwertende Meinungen über das weibliche Geschlecht gebe. Aber von einem Frauenhasser könne man nicht reden: "Gerade als Familienvater und im Zusammenleben mit seiner Frau zeigte er Respekt." Es gehe darum, Christsein nicht im Abseits, sondern in der Welt zu leben. Mit seiner Forderung nach Bildung für alle habe er langfristig auch den Weg zur Frauenordination geebnet.
(Quelle: Christliches Medienmagazin Pro)