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Missbrauchs-Betroffener: Evangelische Kirche muss Schuld eingestehen

Bei der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche wünschen sich Betroffene mehr Beistand – und ein klares Schuldeingeständnis.

«Es ist an der Zeit, dass die Kirche ihre Schuld eingesteht und die zerstörten Lebensentwürfe der Opfer öffentlich macht, etwa in einem Gedenkgottesdienst», sagt der ehemalige Kirchenmusikdirektor aus Hamburg, Matthias Hoffmann-Borggrefe. Der heute 60-Jährige erlebte in seiner Kirchenmusikausbildung sexuelle Gewalt. Am 25. Januar werden Ergebnisse der ersten übergreifenden Studie zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche (ForuM) in Hannover vorgestellt.

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Der Rücktritt von Annette Kurschus als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) habe ihn sehr berührt. «Ihre Begründung war leider so typisch. Statt einen Fehler einzugestehen, wollte sie durch ihren Rückzug lediglich ‚Schaden von der Kirche‘ abwenden», sagte Hoffmann-Borggrefe, der 20 Jahre lang Kantor und Organist an der Hamburger Hauptkirche St. Nikolai war. Es mache ihn traurig, dass die Kirche zwar viele Missstände in der ganzen Welt anprangere, den Zeigefinger aber nicht auch mal auf sich selbst richte.

„Kirche will immer noch den Schein wahren“

Hoffmann-Borggrefe ist nach seinen Worten 1984 in seiner Ausbildung zum Kirchenmusiker an der Robert-Schumann-Musikhochschule in Düsseldorf von seinem damaligen Professor vergewaltigt worden. Die Evangelische Kirche im Rheinland hatte den Fall 2011 anerkannt. Bis heute leide er an den Folgen, seit zwölf Jahren mache er eine Traumatherapie, sagte Hoffmann-Borggrefe. «Aufgrund meiner psychischen Erkrankung bin ich mittlerweile schwerbehindert und kann nicht mehr arbeiten. Mein Leben ist zerstört.»

Statt Transparenz zu schaffen, wolle die Kirche immer noch den Schein wahren und die Missbrauchsfälle herunterspielen. Sexuelle Gewalt durch Mitarbeiter der Kirche bleibe ein Tabu, über das nicht öffentlich gesprochen werde. «Kirche muss aber ihren eigenen Riss öffentlich deutlich machen. Mit finanziellen Anerkennungsleistungen an die Betroffenen ist es nicht getan», sagte Hoffmann-Borggrefe.

Quelleepd

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2 Kommentare

  1. Diese Woche erscheint ja die lange erwartete Studie zum Missbrauch in der EKD.

    Leider zeigt sich nun schon im Vorwege, dass die EKD hier eine vollumfängliche Aufklärung gar nicht will.

    „Die diese Woche erscheinende bundesweite Studie zu sexuellem Missbrauch in der evangelischen Kirche wird auf einer eingeschränkten Quellenlage basieren. Nach Recherchen des ARD-Magazins Monitor haben am Projekt beteiligte Forscher bereits intern beklagt, dass sie für die Erhebung der Gesamtzahlen auf Daten aus Personalakten verzichten mussten. Gerade diese Akten hätten erst einen Überblick über das tatsächliche Ausmaß der Missbrauchsfälle liefern können. So zeige die Studie nur die Spitze des Eisbergs. Nur eine Landeskirche lieferte die Daten aus Personalakten wie gewünscht, während alle anderen der insgesamt 20 Landeskirchen der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) sowie die Diakonischen Werke dem Forschungsteam lediglich Details aus Disziplinarakten über Beschuldigte bereitstellten. Diese Akten geben jedoch nur Auskünfte über einen Bruchteil der Missbrauchsfälle.“
    Quelle: https://www.tagesschau.de/investigativ/monitor/missbrauchsstudie-evangelische-kirche-100.html

    Zu wenig Personal? Keine Zeit? Der Skandal läuft seit bestimmt 20 Jahren (die Missbräuche natürlich schon viel länger). Da sollte man doch mal Zeit gefunden haben für so ein Thema.

    Die EKD zeigt hier leider, dass wohl die schlimmsten Verdächtigungen stimmen. Sie ist eine Täter- und Selbstschutzorganisation.

  2. Der „Schein“ ist das einzige, was die Kirche hat, den muss sie natürlich wahren.
    Angenommen, es käme heraus, dass diese Institution ein Betrug ist und mit Gott gar nichts zu tun hat …

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