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Corona: So blicken Gemeinden hoffnungsvoll in die Zukunft

Jörg Dechert macht Gemeinden Mut, auch inmitten der Pandemie hoffnungsvoll und zuversichtlich in die Zukunft zu blicken – und keine Sendepause einzulegen.

Corona, Corona, Corona … über ein Jahr Pandemie liegt hinter uns, und noch ist das Ende nicht wirklich absehbar. Die Krise und ihre Begleitmusik haben in unserer Gesellschaft an Grenzen geführt. Einzelne Betroffene genauso wie viele Firmen und bislang perfekt eingespielte Mechanismen in Politik, Verwaltung oder Medien. Christinnen und Christen und ihre Ortsgemeinden waren und sind mittendrin in der Krise. Landes- und Freikirchen haben hierzulande genauso mit der Balance aus Pandemie-Bekämpfung und Aufrechterhaltung ihres „Betriebs“ gerungen wie Firmen und andere Organisationen – in den allermeisten Fällen absolut verantwortungsbewusst.

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Sendestörung bewirkt Grundfragen

Viele Gemeinden hatten mit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 zunächst einen Sendeausfall. Kein Wunder, denn je stärker der sonntägliche Gottesdienst Kernstück der Gemeindearbeit und Ankerpunkt der persönlichen Glaubenspraxis darstellt, umso gravierender ist die Leerstelle, wenn er vorübergehend nicht mehr stattfinden kann.

Im bisherigen Krisenverlauf haben sich so gut wie alle christlichen Gemeinden immer wieder mit Sendestörungen beschäftigen müssen: Was man bisher als selbstverständlichen, eingeübten äußeren Ausdruck der eigenen geistlichen Sendung angesehen hatte, war auf einmal nicht mehr in der gewohnten Form möglich. Vieles, was bisher reibungslos lief, wurde plötzlich problematisch. Und vieles, was bisher schon immer problematisch war, lief auf einmal gar nicht mehr. Vielen Verantwortungsträgern in Gemeindeleitungen ist auch schnell klar geworden: Corona fordert nicht nur unsere Gottesdienstorganisation heraus, sondern stellt uns vor viel grundsätzlichere Fragen:

Wenn wir nicht mehr alles aufrechterhalten können – welche Prioritäten wollen wir als Gemeinde setzen? Wie verändert sich das Selbstverständnis von Pastoren und Pastorinnen, wenn sie nicht mehr „nahe bei den Menschen“ sein können? Wie halten wir „die Herde zusammen“, wenn viele nur noch online von der Couch aus am Gottesdienst teilnehmen – und mit einem Klick zur Konkurrenz wechseln oder sich ganz vom sonntäglichen Gottesdienst entwöhnen können? Wie geht diakonisches Engagement bei gleichzeitigem Social Distancing?

Sendepause oder Sendeschluss?

Angesichts dieser plötzlichen Fülle an strategischen Fragen und praktischen Komplikationen haben manche Gemeinden entschieden, sich aus der Sendestörung in eine Sendepause zu begeben. Zu aufwendig die Lösungen, zu erschöpft die Mitarbeiter, zu wenig digital ansprechbar die Mitglieder. Ich glaube, ich kann das verstehen – und ich fürchte, für eine Reihe von Gemeinden oder Arbeitszweigen in Gemeinden wird die Corona-Pandemie am Ende nicht nur Sendepause bedeuten, sondern Sendeschluss.

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Nicht leichter wird die Lage dadurch, dass in den langen Monaten der Pandemie unter Christinnen und Christen und aus ihren Ortsgemeinden heraus auch Botschaften laut geworden sind, die wenig von „Kraft, Liebe und Besonnenheit“ geprägt waren, den drei Kennzeichen des Heiligen Geistes nach 2. Timotheus 1,7. Was wurde da nicht alles vermeintlich prophetisch ausgerufen und geistlich naiv gleichgesetzt – Hygieneauflagen für Gottesdienste wurden zum „Beginn der Christenverfolgung“, Querdenker-Demos zum „Widerstand gegen die Mächte und Gewalten dieser Welt“, das Festhalten an Gottesdiensten zur „Verteidigung des Christentums in unserer Gesellschaft“, der Glaube an Jesus zum „magischen Schutz vor Infektionen“ und die weltweite Corona-Pandemie zum „sicheren Zeichen der anbrechenden Endzeit“. Ich glaube, diese Botschaften entsprechen weniger der Sendung der Gemeinde Jesu, sondern sind eher psychologisch verständliche Übersprungshandlungen angesichts einer beängstigenden, unüberschaubaren Krisenlage.

Menschen sammeln oder senden?

Was aber ist dann unsere Sendung als Christinnen und Christen in dieser Krise? Wozu sind unsere Gemeinden gesandt, wenn Gottesdienste, Gruppen und Arbeitszweige nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich sind und manches diese Krisenzeit vielleicht nicht überleben wird? Wie können wir in dieser Krise und darüber hinaus „Botschafter an Christi statt“ sein (2. Korinther 5,20)? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage möchte ich zwei Bilder von Gemeinde Jesu gegenüberstellen. Zwei mentale Modelle, in denen wir – oft unbewusst und unausgesprochen – Gemeinde denken und in der Folge dann auch praktisch leben.

Das erste Bild von Gemeinde Jesu ist das Bild von einem Stausee. Er sammelt das Wasser aus der Umgebung, wie eine Ortsgemeinde, die sammelt, die „auch zu diesem Jesus gehören“. Dieses Bild hat viel für sich: Ist nicht die unsichtbare Gemeinde Jesu die „ecclesia“, ist sie nicht Sammlung der „Herausgerufenen“ aus einer gottfernen Welt? So hilfreich und neutestamentlich unterfüttert dieses Bild ist, wenn es sich auf die übernatürliche, weltweite Gemeinde Jesu aller Denominationen als Sammlung und Rettung von Menschen in der unsichtbaren Welt bezieht – so schnell kann es kontraproduktiv werden, wenn ich es auf eine einzelne konkrete Ortsgemeinde beziehe, erst recht in Krisenzeiten.

Da wird aus dem Stausee das rettende „Sammelbecken“, dessen Wasserspiegel in unserer zunehmend säkularisierten Gesellschaft immer weiter abnimmt. Da „sickert die Welt ein“ durch die Begrenzungsmauern, da wird die stabile Staumauer des Status Quo erschüttert und bekommt Risse, durch die uns Menschen, Talente, Ressourcen und Überzeugungen abfließen. Es rinnt uns durch die Finger und versickert, was bisher so gewohnt und geordnet war.

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Neues Sendungsbewusstsein entwickeln

Vielleicht kann in Zeiten wie diesen ein zweites Bild von Gemeinde Jesu hilfreich sein. Gemeinde Jesu ist ja nicht nur „Sammlung“, sondern auch „Sendung“. Es ist das Bild von einem Strom – manchmal breit und scheinbar träge, manchmal wild und ungestüm – der sich seinen Weg durch diese Welt sucht. Manchmal scheint sein Weg versperrt und verstopft durch umgestürzte Bäume oder durch einen Erdrutsch. Aber nichts kann diesen Strom dauerhaft ausbremsen, aufstauen oder zum Versiegen zwingen. Dieser Strom ist Dynamik, Energie, Bewegung. Immer wieder reißt er mit sich, was noch nicht zum Strom gehört, unaufhaltsam unterwegs zu seinem Ziel. Dieser Strom ist auch ein passendes Bild für die unsichtbare, übernatürliche Gemeinde Jesu – und für die Bewegung des Heiligen Geistes durch diese Welt und durch ihre Geschichte, und für die „Missio Dei“, die große Such- und Rettungs- und Wiederherstellungsmission Gottes. Sind wir als Christinnen und Christen, und auch als christliche Ortsgemeinden, nicht hinausgesandt in die letzten Winkel und Ritzen dieser Welt, in der jeden Tag Menschen an ihrer Gottesferne geistlich zugrunde gehen?

Ich glaube, dies ist ein wichtiges Bild für die Gemeinde Jesu in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie: Für einen Stausee ist selbst ein kleines Erdbeben oder eine kleine Welle eine Bedrohung. Einem Strom aber kann selbst ein schweres Beben oder eine große Welle nichts anhaben. Es ist am Ende nicht die unsichtbare Gemeinde Jesu an sich, die von der Corona Pandemie erschüttert wird – es ist unser Konzept vom Stausee, es sind unsere Veranstaltungen, unsere Gewohnheiten, unsere Denkmuster, unsere etablierten „Sendeformate“. Für den Strom der Gegenwart und Zuwendung Gottes kann dagegen selbst die Corona-Pandemie eine Gelegenheit sein, neuen Schub zu bekommen, neue Dynamik aufzunehmen, Energie zu tanken für eine neue Wendung.

Die Corona-Pandemie stellt Christinnen und Christen und ihre Ortsgemeinden neu vor die Frage nach ihrem Sendungsauftrag. Ihrem Sendungsbewusstsein. Wie wir diese Frage beantworten, hängt stark damit zusammen, in welchem Bild, in welchem mentalen Modell wir dabei denken. Ich möchte uns allen Mut machen, uns mit dem inneren Bild vom Stausee nicht in eine Schonhaltung oder gar Angststarre einzumauern. Sondern – bei allen Schwierigkeiten und einem realistischen Blick auf die Verluste – mit dem inneren Bild vom dynamischen Strom die Zukunftsoffenheit zu bewahren, die der Gemeinde Jesu von Anfang an zu eigen ist. Nicht nur zu fragen, wie wir Bewährtes aufrechterhalten können oder was noch zu retten sein wird, sondern eine neue Neugier zu entwickeln auf das, was es neu zu lernen gibt oder was durch die Corona-Pandemie vielleicht auch an Neuem möglich sein wird. Wir gehören zu einem Gott, dessen kreative Kraft die diabolische Destruktion in unserer Welt noch jedes Mal überwunden hat. Wir folgen einem Retter, der sich sicher war: „Die Pforten der Hölle sollen meine Gemeinde nicht überwältigen“ (Matthäus 16,18).

Lassen wir uns durch Sendestörungen also nicht davon abbringen, unserem Sendeauftrag treu zu bleiben. Nicht an bisherigen Formen und Formaten festzuhalten – sondern auf dem dynamischen Strom zu surfen und Neuland auszuprobieren und zu entdecken. Auch wenn wir noch nicht so recht sehen können, wie sie werden wird, die Zukunft nach der Pandemie.

Hoffnungsvoll die Zukunft bewegen

Auf meinem Schreibtisch im ERF Medienhaus steht eine Karte mit einem Zitat des slowenischen Theologen Peter Kuzmic. Darauf steht: „Hoffnung ist die Fähigkeit, die Musik der Zukunft zu hören. Glaube ist der Mut, in der Gegenwart danach zu tanzen.“ Ich glaube, die Gemeinde Jesu hat den Auftrag, Menschen in dieser Welt zum Tanzen einzuladen. Nicht um endlich wieder so Party zu machen wie vor der Krise. Nicht einfach aus Trotz im Angesicht der Krise. Sondern als Manifestation einer begründeten übernatürlichen Hoffnung, und ergriffen vom Strom Gottes, der sich durch die Corona-Krise hindurch und auch darüber hinaus seinen Weg bahnen wird. Es ist ein Tanzen zu einer Musik, die wir in diesem Leben nur im Glauben wahrnehmen können.

Vielleicht bin ich ein unverbesserlicher Optimist, und ziemlich sicher bin ich kein begnadeter Tänzer, aber wenn Gott Musik auflegt, will ich dabei sein.


Diesen Artikel schrieb Dr. Jörg Dechert, Vorstandsvorsitzender ERF Medien zuerst für das Magazin Christsein Heute. Christsein Heute ist ein Produkt des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört. 

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