Das christliche Hilfswerk Open Doors hat den Weltverfolgungsindex 2021 veröffentlicht. Am schlimmsten ist die Lage weiter in Nordkorea. Auch in China wächst der Druck auf Gläubige und Kirchen.
Das diktatorisch regierte Nordkorea steht auch im aktuellen Index auf Position eins. Christen in dem Land drohen laut Open Doors Hinrichtung oder die Zwangsarbeit bis zum Tod in einem der mindestens vier Straflager für politische Häftlinge, wo nach Schätzungen des Hilfswerks derzeit rund 50.000 bis 70.000 Christen gefangengehalten werden. Auf den Rängen zwei bis zehn des Index folgen Afghanistan, Somalia, Libyen, Pakistan, Eritrea, Jemen, Iran, Nigeria und Indien.
Totale Kontrolle in China
In China strebe Staatschef Xi Jinping die Kontrolle und Steuerung aller Bürger mittels eines „Social Scorings“ an, mahnt Open Doors. Religionsfreiheit sei faktisch nicht vorhanden. Christen stünden im Fokus, weil sie Jesus anbeten und sich nicht dem Herrschaftsanspruch der kommunistischen Partei beugen würden. „Wer Gott über Xi Jinping setzt, muss mit Bestrafung rechnen“, fasst Markus Rode, Leiter von Open Doors Deutschland, zusammen. Es gebe „riesige Umerziehungslager, ein gigantisches Überwachungssystem, tausende geschlossene oder zerstörte Kirchen und inhaftierte Pastoren.“
Seit 2013 habe das Regime rund 18.000 Kirchen oder kirchliche Einrichtungen schließen oder zerstören lassen, schätzt Open Doors. Gottesdienste würden per Kamera überwacht, Kindern und Jugendlichen ist die Teilnahme verboten. Kreuze müssen ab- und dafür Bilder von Xi Jinping aufgehängt werden. China ist seit 2018 von Rang 43 im Weltverfolgungsindex auf aktuell Rang 17 vorgerückt.
Nationalismus bedroht Christen in Indien und der Türkei
In Indien sowie der Türkei und weiteren Ländern drohe religiöser Nationalismus alles kirchliche Leben zu ersticken, warnt Open Doors. Unter der hindunationalistischen Regierung von Indiens Premierminister Modi gelte die Maxime, dass jeder Inder gleichzeitig Hindu sein müsse. Die Anzahl der gemeldeten Übergriffe gegen Christen habe sich von 2014 bis 2018 verfünffacht.
In der Türkei treibe Präsident Erdogan seine Agenda des islamischen Nationalismus weiter voran. Die Militäroffensive der Türkei im Nordirak habe viele jener Christen vertrieben, die ab 2014 vor dem IS aus der Ninive-Ebene in die Region Dohuk geflohen waren. Im Nordosten von Syrien hätten islamistische Söldner aus Syrien unter Führung der Türkei viele Christen vertrieben. Laut UN-Berichten seien dabei Häuser und Eigentum von Christen mit einem „N“ (für Nasrani = Christen) gekennzeichnet worden – so wie 2014 bei der Vertreibung der Christen aus der Ninive-Ebene durch den IS.
Westafrika: Tausende Christen aus Glaubensgründen getötet
Open Doors geht davon aus, dass die Zahl der aufgrund ihres Glaubens getöteten Christen deutlich gestiegen ist: Von 2.983 (2019) auf aktuell mindestens 4.761. Besonders in Westafrika und der Sahelregion hätten Angriffe islamistischer Gruppen auf Christen und Kirchen stark zugenommen. In Nigeria allein seien 3.530 Christen getötet worden – der Großteil von April bis August 2020, als das Land wegen der Covid-19-Pandemie abgeriegelt war. Die Pandemie habe den Verfolgungsdruck für viele Christen in Afrika und Asien verschärft. Sie würden häufig von der Nothilfe ausgeschlossen und für die Pandemie verantwortlich gemacht. Die stärkste Zunahme der Christenverfolgung sei laut Open Doors in Mosambik und der Demokratischen Republik Kongo zu beobachten gewesen.
In den 50 Ländern des Weltverfolgungsindex leben etwa 760 Millionen Christen. Rund 309 Millionen von ihnen seien einem sehr hohen bis extremen Maß an Diskriminierung oder Verfolgung ausgesetzt, sagt Open Doors. An solchen Zahlen gibt es inner- wie außerkirchlich Kritik hinsichtlich der Überprüfbarkeit. Das Hilfswerk erklärt hier auf seiner Homepage die zugrundeliegende Methodik. Auf der Homepage gibt es außerdem einen FAQ-Katalog sowie eine Definition des Begriffs Christenverfolgung aus eigener Sicht.
Open Doors versteht sich laut Selbstbeschreibung als überkonfessionelles Hilfswerk, dass sich weltweit in Ländern mit eingeschränkter Religionsfreiheit für verfolgte Christen einsetzt. Mit dem Weltverfolgungsindex will das Hilfswerk nach eigenen Angaben auf die „deutlich verschärfte Situation verfolgter Christen“ aufmerksam machen. Der ausführliche Bericht mit detaillierten Länderprofilen und Analysen ist hier verfügbar.