Ein israelisches Gericht verurteilte vor 60 Jahren den Kriegsverbrecher Adolf Eichmann zum Tode. Viele bekannte Juden kritisierten das Urteil.
Am 15. Dezember 1961 gab das Jerusalemer Bezirksgericht das Urteil im Fall Adolf Eichmann bekannt: Tod durch den Strick. Eichmann war während des Zweiten Weltkriegs SS-Obersturmbannführer gewesen und hauptverantwortlich für den Mord an circa sechs Millionen Menschen. Er sorgte während der Herrschaft der Nationalsozialisten dafür, dass Juden in ganz Europa verfolgt, vertrieben und deportiert wurden.
Der israelische Geheimdienst entführte Eichmann 1960 aus Argentinien und brachte ihn nach Israel. Dort wurde er in einem öffentlichen Prozess zum Tod verurteilt und 1962 erhängt. Im Fall Adolf Eichmann vollstreckte Israel die bisher einzige Todesstrafe seiner Geschichte.
Aus der israelischen und deutschen Öffentlichkeit gab es viel Beifall für dieses Urteil. Doch nicht allen gefiel die Entscheidung. Unter den Kritikern befanden sich viele der damals führenden Intellektuellen des Judentums, unter anderem der jüdische Professor und Philosoph Martin Buber. Die israelische Regierung stimmte trotz der Widerstände für die Exekution.
Die Nachrichtenplattform Israelnetz hat sich genauer mit den Motiven der Kritiker und Befürworter des Todesurteils auseinandergesetzt.
Link: „Warum nicht alle Eichmann hängen sehen wollten“ (Israelnetz)
(Keine ?) Todesstrafe für Eichmann
Die Todesstrafe wird ein religiöser Jude eigentlich meist nicht richtig finden können. Die Pandemie hat es uns beschert, dass es derzeit möglich ist Predigten von Rabbinern zu hören. Daher erfuhr ich etwas für mich wichtig neues hinsichtlich des Gebotes „du sollst nicht töten“. Etwa dass jüdisch-religiöse Menschen nicht wirklich (sondern nur „halb !) feiern können bei einen gewonnenen Krieg, denn auch für jeden gestorbenen Feind gilt immer noch der Satz: „Wenn ein Mensch stirbt, stirbt die ganze Welt“! Nun sind Adolf Eichmann, Stalin, der Nordkoreanische Diktator oder auch manche andere Herrscher in sogenannten Bananenrepubliken in dieser Hinsicht „Grenzfälle“. Eine Entscheidung über solche Menschen, um die Gerechtigkeit wieder herzustellen, ist wie eine Wahl zwischen Pest und Colera. Man macht sich immer schuldig, wenn jemand – wie Dietrich Bonhoeffer formulierte – in die Speichen des Rades greift. Also durchaus hier möglicherweise Gott mehr zu gehorchen als den Menschen oder einem Führer, den man getrost als Antichristen bezeichnen sollte. Auch das Attentat auf Hitler ist ein Grenzfall und damit auch die Diskussion über die Ethik des Tyrannenmordes eine Grenzfalldiskussion . Eichmann hat nach meinem Gefühl die Todesstrafe zwar verdient, aber erstens muss ich mich fragen, wo der Grenzfall anfängt und wo er aufhört. Immerhin werden die 10 Gebote mit dem Gebot „du sollst nicht töten automatisch ungültig, noch nicht einmal außer Kraft gesetzt, wenn ein neuer Krieg beginnt. Oder wenn Menschen von fliegenden Tötungsmaschinen in Teile verrissen werden, ohne dass sie vor ein Gericht gestellt wurden. Ich halte nichts von der Ethik einer Umformulierung in „du sollst nicht morden“, es gibt kein gutes Töten im Krieg, gegen Terroristen oder mit der Todesstrafe. Denn selbst in der Schöpfungsgeschichte, in der großen Erzählung vom Gesetz Gottes anlässlich des Brudermordes des Kain an Abel, wird Kain ja von Gott nicht hingerichtet – er wird nur geächtet, und aus der Gemeinschaft der Menschen ausgestoßen. Uns und alle Menschen dieser Erde richtet zwar Gott, aber er richtet uns nicht hin, denn an unserer Stelle stirbt Jesus freiwillig. Ich bin davon überzeugt, es wäre Mut-machender auch in einem guten religiösen Sinne gewesen, den furchtbaren Mörder Adolf Eichmann bis an sein Lebensende einzusperren als ihn zu vernichten. Im übrigen sollte man unbedingt beachten, dass von Hitler bis Eichmann die unzählig vielen kleinen Rädchen, die Schreibtischtäter*innen und jeder/jede der Heil gerufen hatte, im Prinzip gleiche Schuld auf sich lud. Die Ächtung der Todesstrafe in vielen Ländern, und auch dort wo sie einfach nicht mehr umgesetzt wird, signalisiert wenigstens folgendes: Von den größten Mördern der Weltgeschichte bis zu den kleinen Gaunern mit dem schnell Schuss – und sogar für uns anscheinend sehr Anständigen, die wir vor Gott doch Sünder*innen sind – gilt: Jeder und Jede hat eine zweite Chance verdient. Im übrigen bedeutet Jesu Forderung der Feindesliebe nicht, Menschen für ihre Untaten zu küssen, aber selbst die Unmenschlichsten auch als Menschen zu betrachten. Dies ist eine Zumutung, wie so manches was Jesus sagte. Es ist gewissermaßen revolutionär. Wenn sich niemand mehr über solche himmlische Querdenkerei aufregt, dann hat die Botschaft ihre Kraft verloren. Dann dient sie uns Christenmenschen nur für ein wohlig angenehmes Sonntagsgefühl und den Juden fürs volle religiöse Sabbatempfinden.