Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind
Die Kolumne von Tom Laengner

Und wenn es doch möglich wäre?

Er hat es kaum für möglich gehalten: Tom Laengner erhält gegen jede Statistik sein gestohlenes Fahrrad zurück. Dieses Ereignis macht ihm Hoffnung auf mehr Wunder im Alltag.

Über beide Backen strahlend, standen sie vor unserer Tür. Die Drei erinnerten ein wenig an die Monarchen des Dreikönigstages im feuchtkalten Januar. Korrigiert wurde diese Romantik durch die Walther P99 DAO an den Hüften der jungen Frauen und deren dunkelblaue Dienstuniform der Polizei NRW. „Wir haben gute Nachrichten für Sie“, mit diesen Worten hielt eine der drei Beamtinnen meiner Frau einen Briefumschlag entgegen. Hurra: Mein, aus einer verschlossenen Nachbarschaftsgarage, entwendetes Fahrrad war wieder da. In Dortmund liegt die Aufklärungsquote für solche Diebstähle bei 7,7 Prozent. Soll heißen: Wenn ein Fahrrad mal fort ist, kommt es nicht reumütig wieder nach Hause zurück. Darauf kannst du dich einstellen. Aber möglich ist es eben doch.

Kleine Erfolge geben Hoffnung

Solche Geschichten machen mir Mut. Die Polizistinnen freuen sich, weil ihnen etwas gelungen ist. Unsere Nachbarin freut sich, weil ihr eine Mut machende Geschichte ein wenig Kraft für den Start in den Tag gibt. Meine Frau und ich freuen uns für die Polizistinnen und dass etwas Unerwartetes doch wahr geworden ist. Zwar ist ein Fahrrad auf Abwegen zurückzubekommen nicht unbedingt wie die Rückkehr des verlorenen Sohnes. Aber es ist eine große Freude an sich. Und hat die Sache nicht auch eine Signalwirkung: Gute und unerwartete Dinge sind möglich?!Mir machen Geschichten dieser Art nicht nur gute Laune. Sie wecken auch Hoffnung. Und lieber eine kleine gute Geschichte als gar keine.

In einer Zeit, in der schlechte Nachrichten gute Nachrichten zu sein scheinen, empfinde ich solche Erlebnisse, die mir Mut machen, wie ein Seil zum Festhalten bei der Überquerung einer Schlucht. Ich kann mich auf Dinge besinnen, die mir gut gelungen sind und die mir Zuversicht geben. So bleibe ich handlungsfähig in einer Welt, in der sich vieles meiner Kontrolle entzieht.

Und deine Geschichte?

Das ist vielleicht für eine Reihe von Menschen nicht ganz unwichtig. Denn „es gibt eine zunehmend größere Population an Menschen, die mit dem Ausmaß an Negativität in den Medien nicht mehr zurechtkommt und nicht resilient genug ist“. Das sagte Michaela Maier dem Online Magazin ‚Übermedien‘ im April 2024. Die Kommunikationspsychologin arbeitet als Professorin für die TU Kaiserslautern-Landau.

Jeder Mensch auf dieser schönen Welt trägt Geschichten und Erlebnisse in sich. Es sind oft verstörende und tragische Episoden, die uns tief geprägt haben. Doch es gibt auch die Erfahrungen und Begegnungen, die uns Kraft gegeben haben. Ereignisse, die uns Mut gemacht haben, das Leben nicht wegzuwerfen, sondern sozusagen bei den Hörnern zu fassen. Und häufig sind es Geschichten wie Schmetterlinge. Sie sind zart, leicht und schön. Ich würde mich freuen, eine deiner Geschichten in den Kommentaren zu lesen. Schreibend erinnere ich mich. Und als Mensch, der liest, freue ich mich. Da haben alle etwas von.

Einfühlsame Polizeiarbeit sorgt für Freudentränen

Und weil es doch so schön ist: Harald hatte seinen Motor abgestellt und suchte die Postsendung für mich raus. Irgendwas wollte er aber noch. Dabei hat er doch für wenig Lohn stressig viel zu tun. Ich lächelte ihn an und dann erzählte er, wie sie ihn heute angehalten hatten. In einem Randbezirk von Dortmund war er zu schnell gefahren. Zwischen den Feldern hatte er die Begrenzung übersehen. „Ja“, sagte er, „der Punkt in Flensburg und die hundert Euro gingen voll in Ordnung“. Es war schließlich allein seine Schuld.  Er war in seinem hektischen Alltag wirklich viel zu schnell unterwegs gewesen. Das sagte er mir und das hatte er zwischen den Feldern der Polizei gesagt. Bis die Beamten endlich zurück waren, hatte es eine Weile gedauert. Für Harald fast zu lange.

Doch dann war eine Wendung eingetreten. Ich würde es kaum glauben, was die dann gesagt hätten. Damit behielt Harald recht. Aber so muss es gewesen sein. „Sie waren so ehrlich und aufrichtig“, meinte einer der Polizisten. Und dann gab es eine charmante Regelung, die Harald fast zu Tränen rührte. Respekt vor einfühlsamer Polizeiarbeit! Er würde die Geschichte sicher oft weitererzählen. Solche Dinge sind unerwartet. Aber sie passieren. Sie sind möglich. Wir können sie möglich machen. Was für eine Freude, wenn wir Menschen einander als Menschen sehen und den Buchstaben allein nicht alles entscheiden lassen, so als hätte er eine lebendige Seele.

Out of the box - weil wir wunderbar gemacht sind

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Tom Laengner

Tom Laengner (1957-2024) war ein Kind des Ruhrgebiets. Nach 20 Jahren im Schuldienst arbeitete er journalistisch freiberuflich und bereiste gerne afrikanische Länder. Darüber hinaus arbeitete er als Sprecher für Lebensfragen und Globales Lernen.

In seiner Kolumne „Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind" schrieb er fast vier Jahre lang alle 14 Tage über Lebens- und Glaubensfragenfragen, die ihn bewegten.

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3 Kommentare

  1. Kleine Dinge bringt Freude auch in schweren Zeiten.
    ich war mit Peter 23 jahren verheiratet. Hatten öfter Kürbis gepflanzt. Nichts davon hat es gelungen. Jetzt Juli 2024 ist mein Mann gestorben. Unsere Kürbis tragen Früchte und sieht hüppisch aus das erste mal.Ich bin sehr traurig und dankbar dass so Wunder gibt, die mir auch Kraft spendet. Ich frage auch nicht mehr warum und wieso. Jesus lässt mein Sohn und mich nicht allein. Die übernatürlich der Herrlichkeit Gottes gibt es wircklich. In dankbarkeit.

    • Liebe Soa, ich kann gut nachvollziehen wie sich Trauer anfühlt. Dabei sind doch die Wunder oft auch in den kleinen Dingen zu finden. Etwa in dem Kürbis, der jetzt in Vielheit Früchte trägt. Geborenwerden und Sterben gehört zum Leben, aber wir sterben ja in einen Neuen Himmel und eine Neue Erde, wo uns Gott in die Arme nimmt und tröstet. Ich glaube auch an so einfache Dinge, ohne alles zu vereinfachen, dass wir uns alle wiedersehen.

  2. Das Verlorene Fahrrad, der Verlorene Sohn und das Verlorene Schaf

    „Gute und unerwartete Dinge sind möglich?! Mir machen Geschichten dieser Art nicht nur gute Laune. Sie wecken auch Hoffnung. Und lieber eine kleine gute Geschichte als gar keine“. Das schreibt unser Kolumnist Tom Laengner, gewissermaßen als seine Quintessenz der sehr erfreulichen Rückkunft seines Fahrrades, auch entgegen dem Aufklärungstrend von 7,7%. Es gibt in jedem unserer Leben oft sehr erfreuliche Geschichten und vielleicht bestimmen sie mehr – vielleicht mehr als wir empfinden – doch einen positiveren Durchschnitt unserer (leider sehr oft vergessenen) Lebenserfahrungen. Manche Menschen machen sich, nicht nur als Prominente, sondern als Allgemeinverbraucher, an die Arbeit und schreiben so ihre Lebensgeschichte auf. Die kann man im Selbstverlag, mit geringer Stückzahl von gedruckten Büchern auch veröffentlichen, oder mit viel Glück in größerem Umfang. Eine solche Aufarbeitung von Lebensgeschichten scheint für Betroffene (und eigentliche viele Menschen) sinnvoll zu sein, weil oft die Schätze an guten Erfahrungen leider vergessen werden. Unsere Erfahrungen werden wir mit in den Himmel nehmen und sie waren auch nicht umsonst (auch nicht die negativen).

    Philosophen haben oft, immer nur mit ungenügender Ausbeute wirklich gegründbarer Argumente, diese Fragen aller Fragen gestellt: Warum eigentlich gibt es überhaupt die Welt – warum leben wir hier im Jetzt auf dieser Erde – und was können wir daraus lernen? Diese Fragen lassen sich theologisch wahrscheinlich genauso wenig perfekt beantworten. Aber eines scheint klar zu sein: Alles was wir erleben, erleiden, erfahren, was uns geschenkt wird und wo wir gelacht und geweint haben, wird einmal in einer großartigen Zusammenfassung am Ende des irdischen Lebens offenbar. Wie ein Bild, das der Maler von uns zeichnete und was nun ewig uns vor Augen steht. Aber nicht wie wir oftmals denken, weil Gott nicht so verfährt wie wir es tun würden. Sondern weil die Letzten die Ersten sein werden, die Armen wichtiger für den Himmel sind als die Starken und Gesunden und weil alle auf Erden (vielleicht auch) etwas lernen sollen. Dennoch glaube ich nicht, dass man in Gottes Schule nicht versetzt wird. Es kann niemand entgültig durchfallen, weil Jesus am Kreuz das Netz spannte, dass für die Erlösung und Freisprechung der Schuld aller Menschen tragfähig ist. Ein Netz mit riesigen Löchern wäre ein Witz und würde Gottes Allmacht und Liebe ad absurdum führen. Also darf ich mich heute freuen, auch wenn ich nicht jeden Tag lachen kann und manchmal nicht glücklich bin über mich, oder die Welt:

    Am Ende wird alles gut. Nicht nur das verlorene Fahrrad kommt zurück, auch der Verlorene Sohn, das Verlorene Schaf und die verlorene Welt. Aus letzterer wird das Paradies, der Neue Himmel und die Neue Erde. Da wird der Fahrraddieb sich bei Tom Laengner entschuldigen und er (oder ihr) gerne vergeben. So wie Gott dies tut, auch dem schlimmsten Spitzbuben gegenüber: Denn in der Liebe Gottes ist keine Angst und sie soll auch keine Furcht bewirken: Lieber Ehrfurcht und Dankbarkeit, wenn es geht. In unserer Dankbarkeit können wir uns den eigenen Idealen annähern.

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