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Wie glaube ich, damit ich nicht als Trottel dastehe?

Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind

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Die zweiwöchentliche Kolumne von Tom Laengner


Der Glaube macht den Alltag nicht automatisch einfacher, findet Tom Laengner. Aber er kann ein guter Ansporn sein, um Herausforderungen in Angriff zu nehmen.

Es gab ja mal Zeiten, da war das einzig Vegane in meinem Leben der Sprit, der in den Autotank gefüllt wurde. Das ist ewig her! In dieser Zeit hörte ich das folgende Bekenntnis: „Ich glaube, dass ein Kilo Rindfleisch eine gute Suppe gibt!“ Das klang für mich auch damals schon etwas zu überschaubar. Und das lag nicht nur daran, dass ich mir aus dieser Art Suppe nicht viel mache. Glaube an Gott war deutlich unüberschaubarer, was für mich sehr verwirrend war. Dabei spürte ich früh, dass ein Lebensweg ganz ohne Glaube ziemlich sicher nach Nirgendwo führt. Ich vertraute fest darauf, dass das Essen bekömmlich sein würde, was meine Mutter zubereitet hatte. So gehört also der Glaube für mich zwingend dazu, um die täglichen Routinen des Alltags möglichst reibungslos zu gestalten. Inzwischen glaube ich seit vielen Jahren an Jesus. Doch macht dieser Glaube jetzt meine Alltagsroutinen noch lockerer? Eigentlich nicht.

Für mich geht es meist um ganz andere Fragen: Wie wäre es, wenn mich mein Glaube anspornt, persönliche Herausforderungen in Angriff zu nehmen? Die lassen sich zwar nicht wegbeten, aber durchaus wegschieben. Da wäre zum Beispiel mein jüngstes Gartenproblem. Angesichts der akuten Nöte dieser Welt war es eigentlich nur unter dem Mikroskop zu erkennen. Aber heraus damit: Das Problem steckte in bestimmten Grashalmen, die für meinen Rasenmäher unerreichbar blieben. Da konnte er machen, was er wollte. Die Halme zeigten ihm eine lange Nase! Das ging so, sagen wir mal, ein paar Jahre lang. So wurden die Halme zu meiner Normalität. Und irgendwann wurde normal, was mich eigentlich störte. Das war dann die neue Halm-Normalität.

Doch eines Tages im Mai, als der Blauregen vor sich hin verblühte, fiel mir etwas ein. Gab es da in meinem Keller nicht einen Rasenkantenschneider? Es war ein kleiner Bursche in mattem Gelb-Rot. Eigentlich war er zu diesem Zeitpunkt noch ein Teil des Problems. Denn er funktionierte nicht. Nur weil das Elektroteil ein Erbstück war, hatte ich bislang darauf verzichtet, ihn am Straßenrand seinem Schicksal zu überlassen. Das wäre gegen die Ehre gewesen. Aber ihn reparieren? Erfahrungsgemäß standen die Chancen auf Erfolg schlecht, wenn meine Mechanikerkünste bei einer Reparatur ins Spiel kämen. Hier reichte mein Grundvertrauen nicht aus. Hier hätte ich etwas tun müssen. Und das war seit ein paar Jahren mehr als überfällig. Es ging ja auch ohne. So schlimm war es doch nicht. Die Menschheit kennt Ausreden dieser Art.

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Aber jetzt war es auf einmal so weit. Also seufzte ich und schaute mir das Gerät von allen Seiten an. Wie schmutzig meine Finger auch wurden, der Spulenhalter des Rasentrimmers stemmte sich mit Biss gegen meine Versuche ihn zu öffnen. Doch inzwischen kannte ich schon fünf Varianten, wie es nicht funktionieren würde. Eigentlich war ich froh, dass Gott die Spulendose nicht selber aufgemacht hat. Denn dann könnten alle sagen: „Der Trottel kriegt nicht mal eine Dose mit Schraubverschluss auf!“ Aber das mit dem Schraubverschluss wusste ich ja noch nicht. Also ließ ich das Morgen kommen. Ich könnte also denken, dass es wohl wieder nicht klappen wird. Oder brächte mich jeder Fehlversuch einem Erfolg näher? Ich weiß es nicht und denke nach, ob ich nicht lieber Kaffee trinken sollte. Das kann ich nämlich ziemlich gut! Doch siehe da: der vierte Fehlversuch von heute klappt. Der Deckel springt auf! In meinem Geiste sehe ich die berüchtigten Grashalme schon die weiße Fahne schwenken.

Tja! Was Jesus angeht, hat er uns wohl nicht erlöst, damit wir für ihn arbeiten. Aber dass er mir hilft, brüchige Überzeugungen über Bord zu werfen, finde ich gut. Ich weiß, dass in meinem Leben manche Dinge noch nie geklappt haben. Aber muss das immer so bleiben? Irgendwie kann Jesus mich nicht stark machen, wenn er mir immer die Arbeit abnimmt.

Inzwischen zeigt das Maschinchen auf dem Rasen, was in ihm steckt. Und mich berauscht mein Erfolg nahezu. Begeistert zeige ich meiner Frau, was alles abgesenst werden kann. Mühelos! Im Bruchteil einer Sekunde! Ebenso schnell werde ich tollpatschig. Und schwupp, kappe ich den Stiel einer Kletterpflanze. Mir bricht der Schweiß aus. So eine Klematis wird nicht von einem Tag auf den anderen zu einer Böah-was-sind-das-für-Blüten- Klematis. Plötzlich muss ich fast weinen wegen dieser blöden Ungeschicklichkeit. Meine Frau ist mit der Pflanze befreundet. Sie schluckt kurz und tapfer. Dann schaut sie in meine feuchten Augen und nimmt mich in den Arm.

Alle Kolumnen von Tom Laengner findet ihr hier.


Tom Laengner ist ein Kind des Ruhrgebiets. Nach 20 Jahren im Schuldienst arbeitet er journalistisch freiberuflich und bereist gerne unterschiedliche afrikanische Länder. Darüber hinaus arbeitet er als Sprecher für Lebensfragen und Globales Lernen. In seiner Kolumne „Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind“ schreibt er regelmäßig über Lebensfragen, die ihn bewegen.

2 Kommentare

  1. Was mich unbedingt angeht

    Mir geht es auch so wie Tom Laengner. Es gibt in meinem Leben Dinge und Angelegenheiten, die noch nie funktionierten. Aber es handelt sich zumeist nur um Miniprobleme. Eigentlich lässt sich die Druckerpatronen in wenigen Sekunden wechseln, aber bei mir weigern sie sich bösartig, endlich einzurasten. Gleichermaßen kann ein Fehler im PC kleine Panikbeben in meinem Selbstbewusstsein auslösen, weil mir ein uraltes Instinktprogramm panisch signalisiert, die Klapperschlange sei mir auf den Fersen. Die Reifen an meinem Auto habe ich auf Erden noch nie gewechselt – wofür gibt es die Autowerkstatt ? Dass ich technisch ein Totalausfall bin, weis ich seit Kindheitstagen. Es ist die Summe der kleinen Defizite, die sich in schlechten Tagen gerne zu Himalajas aufbäumen können. Manchmal kommt mir die Welt falsch vor, oder ungerecht. Oder warum haben sogar die kleineren Glücksgefühle vor der Anflutung der Alltagsrealität öfters keine Chance ? Gefragt habe ich mich, mit schlechtem Gewissen, ob man Gott belästigen sollte mit den täglichen Miniproblemen, den schon fast irrationalen Selbstzweifeln oder meinen Anklagen, dass es wohl den meisten Menschen besser geht als mir ? Halt: Sage ich selbst erschrocken. Wenn ich erlebe, wie Menschen in der Ukraine um ihr blankes Leben bangen. Oder war ich nicht sehr dankbar, dass ich nach einer lange zurückliegenden erlebnisreichen Reise ins Land der Pharaonen dankbar heimischen Boden betrat. Wie himmelhoch doch mein Leben geschützt, behütet, sozial abgesichert und auch mit nah erreichbaren Ärzten gesegnet war. Mein Büro glänzte damals so schön sauber, ich durfte schlecht bezahlt aber selbstständig arbeiten und regelmäßig kulinarisch mit meiner Liebsten beim Italiener tafeln. Dem Gott, der mich längst errettet und erlöst hat, lässt es auf Gute und Böse regnen und auf die Armen und Reichen die Sonne scheinen. Und ich gehöre zu den Privilegierten auf dieser Welt. Wie undankbar bin ich, dass meine Lebensweg so einfach wie eine fünfspurige Autobahn ist. – trotz aller Miniprobleme. Da muss ich mich eigentlich jeden Tag fragen, was mir als „Sinn des Lebens“ wirklich wichtig wird, gewissermaßen daher unverzichtbar. Ich denke: Geliebt zu werden, vor allem von Gott, und dies oft auch völlig unverdient. „Was mich unbedingt angeht“, das ist christlich, wenn es getan wird. In dieser Welt und in der nahen Umgebung geht mich vieles an. Glauben ist die Arbeit, das Gebet und die Erlaubnis zum Glücklichsein.

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