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Stellungnahme zu Abtreibung sorgt für Kontroverse bei EKD-Synode

Bei der Synode der evangelischen Kirche in Ulm steht das Werben um den Glauben im Mittelpunkt. Für Kontroversen sorgte eine mögliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs.

Das Plädoyer des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für eine teilweise Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs hat bei der Jahrestagung der EKD-Synode für eine kontroverse Debatte gesorgt. Mehrere Redner kritisierten in der Aussprache am Sonntag in Ulm die Stellungnahme des Rates für die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission, die über Möglichkeiten einer Abtreibungsregelung außerhalb des Strafrechts beraten soll. Sie verwiesen auf die Bedeutung des Lebensschutzes. Er halte den Einsatz für das ungeborene Leben für eine Kernaufgabe der Kirche, sagte etwa der württembergische Delegierte Friedemann Kuttler. Der Rat verteidigte die Stellungnahme.

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Er hatte sich darin dafür ausgesprochen, Abtreibungen in frühen Stadien nach verpflichtender Beratung nicht mehr strafrechtlich zu sanktionieren. An der Stellungnahme regte sich bereits vor der Synodentagung Kritik. Der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl hatte sich in einer gemeinsamen Erklärung mit seinem katholischen Amtskollegen Bischof Gebhard Fürst für eine Beibehaltung der derzeitigen rechtlichen Regelung ausgesprochen und darauf auch nochmals in der Predigt im Eröffnungsgottesdienst der Synode hingewiesen.

„Kompromiss nicht ohne Not aufkündigen“

Zu den Kritikern der Stellungnahme gehört auch der CDU-Politiker Thomas Rachel, der dem Rat angehört. Bei der Synode erinnerte er daran, wie schwierig es war, den Kompromiss für die geltende Regelung zu finden, die Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich verbietet, in bestimmten Fristen nach einer Beratung aber straflos stellt. Dieser Kompromiss sollte nicht ohne Not aufgekündigt werden, sagte Rachel.

Der Synodale Steffen Kern aus Württemberg forderte, über die Position der evangelischen Kirche nochmals zu diskutieren. Die Synodale Christine Axt-Piscalar, Theologieprofessorin in Göttingen, sprach sich sogar dafür aus, dass der Rat der Kommission gegenüber noch einmal deutlich macht, dass die Meinungsbildung zu diesem Thema in der EKD noch nicht abgeschlossen sei. Einzelne Redebeiträge lobten die Stellungnahme auch. Insgesamt überwogen aber Wortmeldungen der Kritiker.

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Bischöfin Fehrs: Innerkirchliche Debatte ist nicht abgeschlossen

Für den Rat antworteten auf diese Kritik nicht die Ratsvorsitzende Annette Kurschus, sondern ihre Stellvertreterin Kirsten Fehrs und der sächsische Landesbischof Tobias Bilz. Fehrs sagte, die innerkirchliche Debatte um das Thema Schwangerschaftsabbruch sei damit nicht abgeschlossen. In der Stellungnahme gehe es nur um den Aspekt der strafrechtlichen Regelung. Sie räumte aber ein, die Stellungnahme bedeute einen Perspektivwechsel, «von dem wir überzeugt sind, dass er diskutiert werden muss». Bilz hielt den Kritikern entgegen, es schmerze, wenn der Eindruck vermittelt werde, der Rat der EKD gebe den Schutz des ungeborenen Lebens auf. Das sei nicht so.

Kurschus hatte in ihrem Bericht vor der Synode angekündigt, dass eine innerkirchliche Kommission das Thema weiter diskutieren soll. Wie ein Sprecher sagte, soll sie zum Jahresende ihre Arbeit beginnen.

Link: Informationen zur Synode

Quelleepd

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4 Kommentare

  1. In der Politik ist der Kompromiss oft einzige Möglichkeit

    Nein lieber Anderer Jörg: Kompromisse sind in der Politik – und ich schreibe von der Politik – das einzig mögliche Mittel auch bei den allermeisten Entscheidungen. Die Gründe für das gute Abwägen habe ich in meinem Kommentar genannt. Wäre Abtreibung gesetzlich, bis auf ganz wenige Ausnahmen, wirklich verboten: Dann darf man hier keine sich selbst erzeugenden Wunder erwarten und sich einer naiven Hoffnung hingeben, keine von einem Schwangerschaftskonflikt betroffene Frau würde nicht auf verbotene Weise abtreiben. Da ist es doch besser sich mit einer Fristenlösung abzufinden und mit einer vorgeschriebenen ergebnisoffenen Beratung. Diese ermöglichst etwa finanzielle Hilfen aus staatlichen und privaten Stiftungen. Damit werden Schwangerschaftsabbrüche also verhindert. Allerdings – wäre ich eine Frau – würde ich niemals abtreiben. Die Entscheidung muss jeder in Konfliktsituationen (auch in ganz anderen Konfliktsituationen mit ganz anderen Umständen) s e l b s t fällen. Jede und jeder ist für seine Entscheidungen immer selbst verantwortlich. Warum sollte dann der Kompromiss in dieser Frage von Übel sein? Ich stimme doch dafür, diesen Sachstand durch eine Nichtveränderung des Gesetzes beizubehalten. Damit wird nicht jeder Schaden abgewendet, aber doch in Grenzen gehalten. Ich erinnere mich an Schilderungen der Vergangenheit aus dem damals doch so fromm-katholischen Polen, was dennoch dazu führte dass die Abtreibung dort privat fast wie eine Geburtenplanungen, natürlich illegal, betrieben wurde. Es war dort auch wirklich völlig verboten. Also wenn selbst starke religiöse Prägung oft nicht hilft etwas unethisches zu tun, muss man als Staat doch einen vernünftigen Kompromiss anbieten. Das Abwägen mehrerer Gründe oder Rechtsgüter ist auch Ethik. Allerdings habe ich nicht so recht verstanden, was der liebe AndereJörg nun eigentlich möchte: Abtreibung legalisieren, liberalisieren oder einfach ein Verbot streichen damit es dann besser wird? Mit der Heraushaltung des Strafrechtes aus dem Problem des Schwangerschaftskonfliktes würde man falsche Signale setzen. Da lebe ich dann leider mit dem Kompromiss.

    • Du gehst leider mit keinem Wort auf die beiden mit Quellen belegten gravierenden Nachteile für die Frauen ein.

      Du willst weiterhin Frauen und Ärzten im Schwangerschaftskonflikt mit dem Strafrecht drohen. Denn genau das bedeutet dieser Kompromiss.

      Wie du selbst einräumst: Strafrecht verhindert keine Abtreibung. Aber es sorgt dafür, dass die Umstände für Frauen gefährlicher werden.

      Kompromisse gehören zu einer Gesellschaft, aber das heißt ja nicht, dass jeder Kompromiss richtig ist. Dieser hier stammt aus einer anderen Zeit, er hat sich überholt.

  2. Ungeborenes Leben ist Leben von Anfang an

    In einem Kommentar zum gleichen Thema hatte ich schon meine Überzeugung geäußert, dass ich persönlich den (damals endlich gefundenen) politischen Kompromiss immer noch für die beste Lösung halte: Nämlich einer Fristenregelung mit verbindlich vorgeschriebener Beratung, wenn jemand einen Schwangerschaftsabbruch aus einer Konfliktsituation heraus erwägt. Dort können bei neutraler Beratung (Beratung ist aber immer ergebnisoffen) wirklich konkrete Hilfen zugesagt werden, die der Gesetzgeber hier ausdrücklich vorsieht (etwa vor allem wirtschaftliche Geldhilfen aus privaten und staatlichen Stiftungen). Vermutlich werden viele Schwangerschaften dann doch nicht abgebrochen. Ein Kompromiss ist leider aber immer auch ein Kompromiss, dennoch eine vertretbare Mitte zwischen total sich wiedersprechenden Überzeugungen. Also ist er oft auch die einzige Möglichkeit, dann in Sprache und Gemütsbewegung einen relativen Frieden zu finden. Der Staat ist in einer anderen Positionen als unsere Kirche/n, weil er andere als christliche Überzeugungen und die realen Situationen in der Gesellschaft gegeneinander abwägen muss. Ich halte die eher versuchte Aufweichung der EKD dieses Kompromisses für völlig misslungen, weil ich nicht einen Vorteil darin sehe, sinnvollen Strafvorbehalt aus dem Gesetz wegzunehmen. Wozu soll dies dienen, ausser dass es – ohne dass dies wirklich jemand ernsthaft will – nur die größere Kontroverse verdichtet. Die Kirche kann vor dem Hintergrund der 10 Gebote, der Bergpredigt und dem Liebesgebot Jesu nicht unbedingt (angeblich) liberalere Gedanken äußern, die aber dem Lebensrecht eines ungeborenen Kindes extrem entgegen stehen. Werdendes Leben ist kein Geschwür, welches man herausschneiden kann. Nicht also dann, wenn es uns unpässlich macht, nämlich auch Mühen im Leben beschert. Wer (eigentlich) mit Recht den Krieg als eines der allergrößten Unrechte kritisiert, zurecht auch als gegen den Willen Gottes gerichtet wegen der Vernichtung von wertvollem Menschenleben als Kanonenfutter, der kann nicht andererseits am Lebensrecht ungeborenen Lebens herumbohren. Dazu muss man keinesfalls nur eine Spur unbarmherzig sein. Niemand hat gefordert, dass jemand der abgetrieben hat, wie im Mittelalter auf den Marktplatz des Lebens zur Kritik ausgestellt wird. Selbstverständlich soll über niemanden, was immer er/sie auch falsch macht, der Stab gebrochen werden. Vergeben werden soll und darf immer, auch unausgesprochen. Aber fundamental Lebensrecht von Menschen einzuschränken, ist doch von großem Übel. Entsetzt sind beratende Menschen immer auch für von außen geäußerte Vorschläge bei nichtgewünschter Schwangerschaft, hier etwa Adoption ins Spiel zu bringen. Nie habe ich hier im Sinne der Abwägung inmaterieller Schäden ein sinnvolles Argument vernommen, warum alleine dies auch nur zu denken schon fast ein Verbrechen sei. Trotzdem: Vielleicht kann man ja in späten Lebensjahren noch was dazu lernen. Ungeborenes Leben ist Leben von Anfang an? Oder nicht?

    • Dieser ‚Kompromiss‘ hat gravierende Nachteile. Und er ist durch und durch verlogen.

      Etwas rechtlich zu verbieten, aber mit der Absicht, es dennoch zu erlauben, kann nicht gut sein. Und so ist es auch.

      Entweder etwas ist verboten oder nicht.

      Wozu führt dieser nach Deiner Ansicht guter Kompromiss:

      In der Arztausbildung wird die Durchführung einer Abtreibung oft nicht mehr ausgebildet. Mit der Folge, dass die Fachärzte dazu dann oft schlecht qualifiziert sind:
      https://www.sueddeutsche.de/muenchen/abtreibungen-frauenarzt-ausbildung-1.4040406

      Dieses führt zu Gefahren für Frauen.

      Und es ist in bestimmten Gegenden in Deutschland auch kaum noch möglich, abzutreiben. Es ist also wohnortabhängig (und von den eigenen finanziellen Möglichkeiten), ob das geht:
      https://www.hessenschau.de/gesellschaft/wo-frauen-100-kilometer-bis-zur-abtreibung-fahren,schwangerschaftsabbrueche-100.html

      Beides Folgen dieses „tollen“ Kompromisses.

      Von der behindertenverachtenden Regelung für behindertes werdendes Leben, dass offensichtlich deutlich weniger Schutzrechte hat, ganz zu schweigen.

      Man kann das nicht durch Strafrecht regeln. Diese Herangehensweise ist grundfalsch. Es muss Frauen viel besser ermöglicht werden, ‚ja‘ zum Kind zu sagen. Insofern sind die beabsichtigten Änderungen richtig, diesen unseeligen Kompromiss endlich abzuschaffen.

      Es fehlt allerdings immer noch an einem deutlich besseren Angebot der rechtlichen und finanziellen Unterstützung schwangerer Frauen.

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