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Trauriger Rekord: EKD verliert 2021 mehr als halbe Million Mitglieder

Eine neue Studie zeigt: Die Menschen verlassen die Kirche nicht aus konkreten Gründen. Vielmehr vollzieht sich der Austritt als Prozess.

Die Evangelische Kirche in Deutschland veröffentlichte am Mittwoch ihre Mitgliederzahlen für das Jahr 2021. Nach den aktuellen Berechnungen auf Basis der gemeldeten vorläufigen Zahlen gehörten den Angaben zufolge zum Stichtag 31.12.2021 insgesamt 19,7 Millionen Menschen einer der 20 Mitgliedskirchen der EKD an. Das seien rund 2,5 Prozent weniger als im Vorjahr.

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Als Ursachen für den Rückgang werden unter anderem die im Corona-Jahr 2021 erhöhten Sterbefälle (360.000) sowie die hohe Zahl der 280.000 Kirchenaustritte genannt. Im Jahr 2021 beendeten mit 280.000 noch einmal mehr Menschen die Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche als im bisherigen Spitzenjahr 2019 (270.000).

Religiöse Sozialisation fehlt

Unterdessen sucht die EKD nach den Ursachen für den Mitgliederschwund. Ärger über einen Pfarrer oder ein anderer konkreter Anlass treibt nach Angaben des evangelischen Sozialwissenschaftlichen Instituts (SI) nur wenige Menschen aus der Kirche. Zwar sei davon auszugehen, dass konkrete Anlässe wie die kirchlichen Skandale zur sexualisierten Gewalt an Kindern und die Verschwendung finanzieller Mittel zur Austrittsspitze 2019 beigetragen haben, „insbesondere bei den vormals Katholischen“, erklärte die Soziologin und Autorin der Untersuchung, Petra-Angela Ahrens, am Mittwoch in Hannover. In erster Linie vollziehe sich der Austritt jedoch als Prozess, der häufig schon mit einer fehlenden religiösen Sozialisation beginne.

Nur eine Minderheit der Befragten habe einen konkreten Anlass zum Kirchenaustritt (24 Prozent vormals Evangelische, 37 Prozent vormals Katholische), hieß es weiter in der Studie. Jüngere Befragte veranschlagen demnach konkrete Anlässe seltener als Ältere, und sie geben häufiger an, diesen Schritt schon länger entschieden zu haben. Fast ein Fünftel unter ihnen nutze eine sich ergebende „gute Gelegenheit“.

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Religion und Kirche als irrelevant empfunden

Bei den weiterreichenden Gründen für den Kirchenaustritt kristallisiere sich eine empfundene „persönliche Irrelevanz“ von Religion und Kirche als wichtiger Faktor heraus, so die Soziologin Ahrens. In diesem Zusammenhang werde gerade bei den vormals Evangelischen auch die mit dem Kirchenaustritt verbundene Ersparnis der Kirchensteuer als Grund angeführt (71 Prozent zustimmende Voten).

Ahrens: „Damit bestätigt sich die geläufige Figur einer ‚Kosten-Nutzen-Abwägung‘ zur Kirchenmitgliedschaft, die bei fehlender religiös-kirchlicher Bindung einen Austritt wahrscheinlicher macht.“ Insbesondere bei den vormals Evangelischen lasse sich der zunehmende Bedeutungsverlust eines religiösen Selbstverständnisses über die Generationenfolge hinweg ablesen, erklärte die Kirchensoziologin.

Für die bundesweite Studie durch das Sozialwissenschaftliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wurden den Angaben zufolge insgesamt 1.500 Personen befragt, die aus der evangelischen oder katholischen Kirche austreten sind. 1.000 Befragte waren seit 2018 ausgetreten, 500 Befragte vor dem Jahr 2018. Vor dem Hintergrund der sogenannten bisherigen Austrittsspitze 2019 sollte unter anderem die Bedeutung konkreter Anlässe für die Austrittsentscheidung untersucht werden.

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9 Kommentare

  1. Alle Kirchen müssen umkehren

    Ich bin davon überzeugt, dass die großen sogenannten Volkskirchen, in die man hineingeboren wird, noch nie ein großer Wurf waren. Eine Studie aus den 1970er Jahren beschreibt was heute noch in etwa richtig ist: Nur 3 – 5 % der Kirchensteuerzahlenden gehören zur Kerngemeinde, gehen also zum Gottesdienst, haben Aufgaben. Dienste und Ämter übernommen bzw. besuchen Gruppen, Chöre und dergleichen. Der Rest lässt sich von der Wiege bis zur Bahre (manchmal noch) konfirmieren, verheiraten und beerdigen. Angeblich gibt es noch so etwas wie eine 5. Kolonne der Christen bezogen und auf jene, die im Fernsehen und Internet sich an Gottesdiensten erfreuen oder sie wahrnehmen. Was neu ist: Es treten jetzt verstärkt Menschen aus, die mit der (vor allem katholischen) Kirche nicht mehr zufrieden sind bzw. an ihren Skandalen Anstoß nehmen. Oder jene, die schlicht die große Ehrlichkeit besitzen, dass man nicht bei einem Verein Mitglied sein muss, schon gar nicht von Geburt an, mit dem man so gar nichts anfangen kann. Letztere Haltung finde ich auch als überzeugter Christ für ehrenwert. Aus den unterschiedlichsten Gründen werden sich die großen Kirchen reformieren müssen (eigentlich ein immer erforderlicher Prozess), aber auch die kleinen Freikirchen, denn auch sie leiden am sogenannten Traditionsabbruch. Hier und überall in unseren frommen Hallen verringert sich die Zahl derjenigen, die noch sammeln statt die Reduktion, den Stillstand und die Routine nur noch zu verwalten. (Das gilt nicht für alle, wie immer im Leben). Wir alle müssen wieder mehr zur Quelle zurück, vielleicht auch zu kleinen ökumenischen Gruppen, teilweise auch eines gemeinsamen Lebens, die auch für andere Menschen in ein neues Lebensmodell einladen: Licht der Welt und Salz der Erde zu sein, nicht sektiererisch sondern fromm und, so wie Jesus auf Augenhöhe. Ganz normale Menschen. Die ihren auch finanziellen Beitrag leisten und bei denen man wie in einer Familie Gottes und der Liebe aufgenommen wird, wenn man sich aus eigener Entscheidung taufen lässt.

  2. Ich finde, gerade das Hineingeboren werden oder auch sein, das ist der Grund, warum die Kirche überhaupt von tragender Bedeutung ist. Wir, die wir in eine Welt hineingeboren werden, die sich uns öffnet, indem wir ihre Kommunikationsfähigkeit für uns gewinnen, wir können ihr etwas geben. Diese Gabe sind wir i.d.R. selbst.

    Wie schwer das ist, das kann ich beurteilen, denn ich bemühe mich seit meinem 12. Lebensjahr darum, zu verstehen, was ich dieser Welt, der Kirche, dem Leben, geben kann. Was kann ich tun, was nicht bereits über 7 Mrd. Menschen vor mir getan haben? Dabei im Kleinen anzufangen, in der Familie und über die Kirche, Jesus, in das Große-Ganze einzutreten, es im Umgang mit seinem Bildungspotenzial zu erforschen, das wurde zu meinem Weg. Mit dem Leben zusammenzuarbeiten, indem ich immer wieder auf den Tag seiner Geburt in Gott zurückgreife, das scheint mir ein wichtiger Auftrag, wenn ich mir die Erde und unser Verhalten ihr gegenüber heute ansehe. Bisher haben wir ihr weit weniger gegeben, als wir ihr genommen haben, weil das für den Moment einfacher erscheint. Auf Dauer gesehen jedoch, verlieren wir mit dieser Kultur des Nehmens unsere eigene Lebensgrundlage, weil wir sie nicht selbst erschaffen haben, sondern bereits von Beginn an hineingeboren sind.

    Ich denke, Religion berücksichtigt im Umgang mit ihrem Potenzial all das, was sie geben kann. Wir, die wir, jeder einzelne von uns, damit umgehen kann, weil wir es wollen, das ist eine persönliche Entscheidung. In Anbetracht dieser Freiheit, sich selbst entscheiden zu dürfen, bleibt die größte aller Aufgaben, die daraus erwächst, der friedliche Umgang miteinander. Er ist in der Gleichberechtigung aller Lebensformen möglich, die sich der Mensch nur erdenken kann, wird jedoch immer davon abhängig bleiben, welche Antwort die Natur darauf gibt.

    Derzeit antwortet sie mit ihrer Mitleidenschaft der ganzen Menschheit, dass sie ihren Lebensstil nicht verkraftet, weil die ganze Erde darunter leidet und unzählige Menschen davon ausgegrenzt sind. Wenn jeder Mensch einen Lebensstandard unserer westlichen Vorstellung pflegen würde, dann wäre die Kommunikationsfähigkeit in ihrer Einheit durch Gott verloren. Sie müsste sich einen Weg suchen, der sein Werk fortsetzt, indem sie ein Bewusstsein für ihre Geburt entwickelt und dabei all die Menschen mitnimmt, die bereits Teil dieser Kommunikationsfähigkeit sind. Das ist schwerer, als in sie hineingeboren zu werden, denn sie braucht ganz konkrete, unveränderliche Vorgaben, deren Gesetze sie einhalten muss, andernfalls verliert sie das Leben in seiner Einheit vor Gott.

    Gott legt diesen Anfang als Lebensgrundlage in jegliche Lebensfähigkeit hinein. Es ist also notwendig, zumindest für mich als Mutter, auf ihn zu hören, auch wenn ich damit an die Grenzen meiner Kinder und auch meines Mannes gestoßen bin, so hätte ich anders nicht überlebt. Ohne Gott kann ich meine Lebensfähigkeit nicht in ihrer Lebensform erhalten oder gar weitergeben, da all ihre Rechte mit einer Pflicht verbunden sind, die von mir wahrgenommen sein will, indem ich sie annehme und damit ihren Weg fortsetzen kann.

    • > Ich finde, gerade das Hineingeboren werden oder auch sein, das ist der Grund, warum die Kirche überhaupt von tragender Bedeutung ist.

      Ja, das stimmt. Würde ,man dazu erwachsen sein müssen oder auch nur vor der ersten eigenen Geldzahlung vom Gehalt noch einmal bewusst zustimmen müssen, würde die Zahl wohl deutlich niedriger sein.

      Nur darf man such dann eben auch nicht wundern, wenn jetzt viele gehen, die eigentlich nur drin waren, weil es die Eltern mal so bestimmt haben.

      Aber Zwangsmitgliedschaft ist ja beinahe so alt wie die Kirche.

      • Ich empfinde keinen Zwang, bin allerdings 1983 ausgetreten und spende seit einigen Jahren an die Jesuiten, die mich in ihrem Sinn und meinem Glauben mitnehmen können. Jede*r sollte so seinen eigenen Bezug zu Jesus finden, dabei jedoch die Gemeinschaft nicht aus den Augen verlieren, die durch ihn immer sichtbarer wird.

  3. Es gibt keinen Grund in der Kirche zu sein wenn der Glaube in der Kirche bedeutungslos ist.

    Das trifft besonders für die evangelische Kirche zu, in der ist der Zeitgeist wichtiger als alles andere.

    • Ich denke nicht, dass es viele Glaubende sind, die austreten.

      Außer vielleicht bei der r.-katholischen Kirche. Bei der gibt es ja nun auch reichlich innerkirchlichen Grund dafür, auszutreten (Missbräuche mit Duldung und Schutz der Vorgesetzten bis in höchste Ebenen, Kjndestötungen mit Vertuschung (siehe Beispiel Kanada, aber das gab es wohl weltweit), anachronistische Gesellschaftsvorstellungen z.B. zur Rolle der Frau, verschwenderischer selbstsüchtiger Umgang mit Kirchengeldern u.v.m.)

      Das Du da immer zuerst an die EKD denkst ist schon merkwürdig.

      • Missbrauch, Missmanagement, Schutz von Hauptamtlichen etc… gibt es in gleichem Umfang auch in der Evangelischen Kirche.
        Gerade beim Thema Missbrauch beweist die Evangelische Kirche dass ihr die Opfer egal sind und man denkt nur an den Ruf der Kirche.
        Hier sind die Katholiken nicht so verlogen.

        • Du versuchst mal wieder, die Katholische Kirche zu beschönigen, indem du andere als schlimmer darstellst.

          Bei de Organisationen tun sich hier nichts (positves). Bei der RKK kommt nur noch die Verbrechen der hierarchischen Organisation diesbezüglich dazu, die es so in der EKD nicht gab.

          Beide arbeiten eher mäßig und widerwillig auf.

          Aber wenn man auf einem Auge blind sein will… . Ich hatte Dir ja schon früher mal die Links zur Aufarbeitung innerhalb der EKD geschickt. Du scheinst Fakten nicht so zu mögen.

  4. Eigentlich ist es nicht im geringsten überraschend.

    Wie wird man Mitglied der EKD oder RKK? Man wird in der Regel hineingeboren. Selbst gefragt wird man nicht. Dann wird man mit diversen Maßnahmen (Konfirmation/Firmung, Religionsunterricht, etc.) mehr oder weniger hineinsozialisiert. Man wird also ohne jegliche eigene Einwilligung irgendwann Kirchensteuerzahler.

    Da finde ich es eher verwunderlich, dass noch fast 50 % der Bevölkerung Mitglied einer der beiden großen Kirchen sind.

    Ich denke nicht, dass es die Kirchensteuer ist. Nur wenn man als Erwachsener keine richtige Bindung zur Kircher hat, warum soll man dann dafür zahlen? Wobei das ja dennoch viele tun. Entweder aus einer diffusen Furcht, dass diese doch irgendwie das Eintrittsformular für den Himmel ist oder eben aus kulturellen Gründen, um Taufe, Hochzeit und Tod kirchlich begehen zu können. Da ist noch viel Luft nach unten.

    Ich sehe diese Entwicklung eher als Zeichen der Normalität. 95 % Christen wie in den 50’er Jahren hat es in Wirklichkeit nie gegeben. Ich denke, auch 50 % sind unrealistisch.

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