Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind
Die Kolumne von Tom Laengner

Wie viel Religion verträgt eine Taxifahrt?

Zwei Worte haben Tom Laengners Gottesbild völlig verändert – denn es geht um mehr als Religion.

Er hatte hochwertige, schwarze Ledersitze. Und er hatte den Koran gelesen, die Bibel und andere religiöse Schriften auch noch. Ein belesener Taxifahrer, dachte ich mir. Respekt! Aber insgesamt war er doch mit den Religionen durch. Während er den Blinker setze, erklärte er kurz seine Gründe. Zu viel Manipulation und Machtmissbrauch. Ohne viel Fantasie kann ich das gut nachvollziehen. Religion ist doch schlussendlich unser Deal mit Gott. Wir versuchen heraus zu finden, was wir tun müssen, damit Gott letztendlich tut, was wir uns wünschen. Und Gott lässt das Geschäft platzen, weil er eben Gott ist. Unser kurzes Taxigespräch wurde mitten im Gedanken unterbrochen. Das Fahrtziel war erreicht.

Als ich eine halbe Stunde später auf meinem weinroten Sessel Platz genommen hatte, kam mir die Begegnung wieder in den Sinn. Die Chemo sollte etwa sechs Stunden dauern. Kaffee und Wasser gingen aufs Haus.

Ist Gott nicht wie der Krebs?

Jetzt hatte ich Zeit. Wie viele Menschen sehen die Dinge wohl ähnlich wie der bärtige Taxifahrer? Gott als Erfüllungsgehilfe von Machthabern aus Kirche, Wirtschaft und Politik. Also mein Gott ist das auch nicht. Doch wer ist er dann?

Während durchsichtige Flüssigkeiten aus Plastikflaschen auf dem Weg in meinen Körper sind, denke ich darüber nach. Ist Gott nicht wie der Krebs? Ich meine, nur so als Beispiel. Weil, du siehst ihn nicht, vielleicht spürst du ihn nicht. Aber er ist doch da. Gut, vielleicht nicht das beste Sinnbild. Wenn auch vielleicht nicht das allerschlechteste.

Eine Krankenschwester hat mir für zwischendurch einen Kaffee gebracht. Mit etwas Milch. Ich trinke ihn inzwischen nicht mehr puristisch schwarz. Und während ich den ersten Schluck schlürfe, erinnere ich mich an eine längst vergessene Geschichte. In Wohngemeinschaftszeiten trampten mein Freund Volker und ich für ein Wochenende nach Belgien. Es handelt sich übrigens um denselben Volker, der mir zwei Tage vor der Chemo in meinem Badezimmer einen Zahn gezogen hat. Mann, war das ein Erlebnis! Zurück zur Geschichte. Auf jeden Fall hatten wir es an diesem Sommertag irgendwie über die Grenze geschafft. Es war schweineheiß. Der Himmel blickte erledigt und trübe auf uns herab. Nur für die Fliegen schien es kein Wochenende zu geben.

Aus Comics lernen

Wir schwitzten, klebten und stanken, genau in dieser Reihenfolge. Es war eben nicht diese feuchte Hitze, wie sie am Golf von Mexiko oder in New Orleans zu finden ist. Es handelte sich um Ruhrgebietshitze, die einem den Rest gibt, auch wenn das Ruhrgebiet an diesem Wochenende irgendwo im deutsch-belgischen Grenzgebiet zu liegen schien. Und wie es ein Tag so an sich hat, bewegte er sich dann auch mal auf sein Ende zu.

Ein Gewitter kündigte sich an und wir fanden in einem Wäldchen eine modrige Schutzhütte zum Übernachten. Wir waren nicht verwöhnt, machten ein Feuerchen und wärmten darin eine Dose Ravioli auf. Auf die Idee war ich bei der Lektüre von Micky-Maus-Heften gekommen. Da gab es immer wieder mal Hobos, die so ihren kulinarischen Bedürfnissen gerecht wurden. Von reisenden Landstreichern in Comics zu lernen, heißt eben siegen zu lernen. Oder so ähnlich.

„Es waren 11 Buchstaben, die mein Verständnis von Gott völlig veränderten.“

Am nächsten Morgen machten wir eine Entdeckung. Unsere Freiluft-Unterkunft lag in unmittelbarer Nähe eines Sees. Das war uns in der Dunkelheit entgangen. Und während wir so über die Oberfläche des Sees schauten und der Musik der Vögel lauschten, sagte Volker zwei Worte. Er hatte schon mal mehr gesagt, aber nie etwas, was mein Leben derartig geprägt hat. Es waren 11 Buchstaben, die mein Verständnis von Gott völlig veränderten. Und es war ein Leuchten im Gesicht meines Freundes. Das muss erwähnt werden.

Von nun an wusste ich, wie nahe und real Jesus ist. Ein Gott, der uns nicht nur aus beruflichen Gründen liebt, sondern uns auch mag. Was Volker denn an diesem unverbrauchten Morgen mit einem glückseligen Blick über den See gesprochen hat? Also gut; er sagte: “Klasse, Jesus!“ Damit war alles gesagt. Es ging um Liebe und Beziehung.

Als er dann meinen Zahn in seiner Hand hielt, wollte ich es ihm eigentlich noch sagen. Aber da hatte er bereits einen Tupfer in die Wunde gelegt und von da an sagte ich erst mal gar nichts mehr.

Soweit ich mich erinnern kann, habe ich von Religion noch nie viel gehalten. Und ich habe auch nicht vor, das zu ändern. Mit Jesus ist das natürlich eine ganz andere Geschichte. Das sollte ich dem Taxifahrer noch mitteilen.

Out of the box - weil wir wunderbar gemacht sind

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Tom Laengner

Tom Laengner ist ein Kind des Ruhrgebiets. Nach 20 Jahren im Schuldienst arbeitet er journalistisch freiberuflich und bereist gerne afrikanische Länder. Darüber hinaus arbeitet er als Sprecher für Lebensfragen und Globales Lernen.

In seiner Kolumne „Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind" schreibt er alle 14 Tage über Lebensfragen, die ihn bewegen.

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2 Kommentare

  1. Ich liebe die Weise in der der Himmlische Vater uns in unserer „Welt“ begegnet! Eben so ,wie wir es verstehen .Er hat eine Schwäche für uns, die Seine Stärke ist.Und wenn wir genau hinsehen…es ist keine Fassade ! , es ist Setting …ach ja,da gibt es auch noch ein paar Sterne , nen Mond ,Fische ,Vögel…

  2. Gott ist vollkommene Liebe und Gerechtigkeit

    Tom Laengner hat es wieder einmal auf den Punkt gebracht: „Von nun an wusste ich, wie nahe und real Jesus ist. Ein Gott, der uns nicht nur aus beruflichen Gründen liebt, sondern uns auch mag“!. So ist es, denn richtiges Christsein besteht darin, ein möglichst großes Vertrauen in Gott zu haben. Gott ist nicht nur ein überweltliches Wesen mit dem „Beruf Gott“. Glaube ist demnach, sich von ihm grenzenlos lieben zu lassen und ihn auch zu lieben, sowie natürlich auch unsere Mitmenschen. Glauben ist möglichst eine persönliche Gottesbeziehung zu pflegen. Mit dieser Brille lesen wir auch kein falsches Verständnis in die Bibel hinein. Sie ist nichts anderes – und damit doch extrem viel – nämlich eine sehr große Bibliothek über den Glauben aus mehreren Jahrtausenden. Wesentlich in unserer Heiligen Schrift sind daher die Glaubens- und Gotteserfahrungen unserer Vorfahren im Glauben: Des Volkes Israel sowie diejenigen der Urgemeinde mit Jesus und der Verkündigung der Apostel. Daher kam nicht ein Engel herab, etwa um einem Herrn Smith das im Himmel angefertige Buch Mormon zu übergeben. Die Heilige Schrift fiel ebenso nicht, völlig in sich stimmig in Wortwörtlichkeit bis auf Komma und Punkt vom Himmel, sondern sie verfügt neben anderer wichtiger Literatur (also auch die Psalmen als Lieder) über die gesamte Glaubenserfahrung vom Abraham bis Jesus. Aber von Menschen weitererzählt, dann später aufgeschrieben und danach als eine Auswahl dieser Überlieferung in den jetzigen Kanon der Bibel übernommen. Nicht die Bibel ist Wahrheit pur, auch nicht wie ein Gesetzbuch zu verstehen, sondern unser Medium um Gott kennen zu lernen. Gott selbst ist die Wahrheit. Und dieser Gott ist aber pure Liebe und Barmherzigkeit. Um dabei aber jedes Missverständnis zu vermeiden: Selbstverständlich ist Gott, der in allen Dingen ist, in unserem Leben und im Universum, mit seiner Wahrheit ebenso in der Bibel. Die bleibt aber trotzdem – und ganz grundsätzlich – immer Gotteswort als Gotteswort durch Menschenwort. In der Heiligen Gott kann mir der Schöpfer aller Dinge klarmachen, wo ich falsch liege und wie ich richtig handeln soll. Insofern hat das meist gelesenste Buch der Welt auch die Funktion, mich von Gott versöhnen zu lassen. Wir glauben nichts anderes, als dass Jesus für jeden Menschen aus purer Liebe gestorben ist, zur Erlösung und Erneuerung von Himmel und Erde. Die Botschaft lautet: Lasst euch versöhnen mit Gott.

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