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Der synodale Weg: Warum eigentlich? (Teil II)

In der katholischen Kirche in Deutschland herrscht Aufbruchstimmung: Der synodale Weg steht an. Bischöfe und Laien wollen gemeinsam Reformen anstoßen. Aber was passiert da eigentlich gerade? Dr. Christian Hennecke vom Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim klärt auf.

Von Christian Hennecke

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Die Krise der Kirche in Deutschland köchelt schon seit langem. Aber ganz lange dachte man, dass es doch irgendwie in der klassischen Weise – in Gemeinden wie in der institutionellen Struktur – weitergehen könnte. Die deutlichen Anzeichen eines tiefen Umbruchs – Indikatoren sind die kleiner werdende Zahl der Priester und der Generationenabbruch klassischer Kirchlichkeit – wurden drängender, aber der Missbrauchsskandal macht mit hoher Notwendigkeit und Dringlichkeit eine Neuorientierung der Kirche nötig. Das gilt eigentlich für alle christlichen Kirchen.

Hinzu kommt im katholischen Kontext eine echte Zerreißprobe: Wie kann die Gleichwürdigkeit aller Getauften vereinbar sein damit, dass Frauen keine sakramentalen Dienstämter wahrnehmen können? Hier liegt genauso Sprengstoff wie in der Frage nach dem Zölibat und einer Neuorientierung der Sexualmoral der Kirche – und vor allem in der Frage, wie Kirche nicht in der gewohnten machthierarchischen Weise gelebt werden kann.

Bischofskonferenz will synodalen Weg

Auf diesem Hintergrund haben sich die Bischöfe der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und die Vertretung der Laiengremien der deutschen Katholiken (ZdK) zu einem „synodalen Weg“ entschlossen, der im kommenden Jahr 2020 starten soll. Vortreffen und Vorabstimmungen finden zurzeit statt.

Es geht bei diesem synodalen Weg um den Versuch, gemeinsam die wesentlichen Fragen zu diskutieren und ernsthaft nach neuen Lösungen Ausschau zu halten.

Das ist keine „Synode“ auf nationaler Ebene. Denn Synoden – auf Bistumsebene, auf Landesebene oder weltkirchlicher Ebene – haben ein komplexes rechtliches Rahmengefüge und Regularia. Das genau wollte man nicht. Es geht bei diesem synodalen Weg um den Versuch, gemeinsam die wesentlichen Fragen zu diskutieren und ernsthaft nach neuen Lösungen Ausschau zu halten. Das ist dringend, weil die Polarisierungstendenzen in der katholischen Kirche deutlich sichtbar werden. Natürlich können viele Fragen nicht einfach entschieden werden, weil etwa für die Frage nach Ämtern für Frauen oder die Frage dem Zölibat nicht einfach nationalkirchlich entschieden werden kann.

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Brief vom Papst

Ein solcher synodaler Weg gerät schnell in die polemische Auseinandersetzung verschiedener Richtungen der katholischen Kirche. Und damit gewinnt er auch schnell weltkirchliche Resonanz. Auf diesem Hintergrund war es mehr als überraschend, dass Papst Franziskus selbst einen Brief an die katholische Kirche in Deutschland geschrieben hat. Das machen Päpste nicht oft. Der Brief ist heftig diskutiert. Vor allem stellen sich viele die Frage, warum der Papst diesen Brief schreibt. Will er ermutigen? Will er Grenzen setzen? Ist er eine Abmahnung? Mein Eindruck ist ein anderer: Er möchte ein gemeinsames Verstehen dessen ermöglichen, was denn ein synodaler Weg eigentlich ist.

„Der Papst will offensichtlich zunächst nichts anderes, als seine Weggemeinschaft bezeugen auf diesem herausfordernden Weg der deutschen Kirche.“

Gemeinsam mit dem auferstandenen Herrn unterwegs sein – das ist immer und vor allem deswegen herausfordernd, weil das Neue durch Ihn kommt, und „der Herr mit seiner Neuheit unser Leben und unsere Gemeinschaft erneuern kann“ (Evangelii Gaudium 11). Der Papst will offensichtlich zunächst nichts anderes, als seine Weggemeinschaft bezeugen auf diesem herausfordernden Weg der deutschen Kirche: „Wir sind uns alle bewusst, dass wir nicht nur in einer Zeit der Veränderungen leben, sondern vielmehr in einer Zeitenwende, die neue und alte Fragen aufwirft, angesichts derer einer Auseinandersetzung berechtigt und notwendig ist“, so hebt der Papst an.

Keine unmittelbaren Ergebnisse

Er möchte also daran erinnern, dass es nicht darum gehen kann, einfach politisch konsensfähige Lösungen zu finden, sondern wirklich darum, die neuen Antworten des Geistes wahrzunehmen: „Die aktuellen Herausforderungen sowie die Antworten, die wir geben, verlangen im Blick auf die Entwicklung eines gesunden aggiornamento ‚einen langen Reifungsprozess und die Zusammenarbeit eines ganzen Volkes über Jahre hinweg’. Die regt das Entstehen und Fortführen von Prozessen an, die uns als Volk Gottes aufbauen, statt nach unmittelbaren Ergebnissen mit voreiligen und medialen Folgen zu suchen, die flüchtig sind wegen mangelnder Vertiefung und Reifung oder weil sie nicht der Berufung entsprechen, die uns gegeben ist.“

Synodalität, so erinnert der Papst, ist ein langer Weg, der möglichst viele einbezieht – ein Weg des Hörens und geistlichen Unterscheidens, damit die Kraft des Evangeliums heute wirken kann. Denn das ist ja das Ziel: Das Evangelium allen zu verkünden. Diesen Weg als gemeinschaftlichen Weg zu gehen, als synodalen Weg – das lernt die katholische Kirche gerade. Es ist ein lohnender Weg, der sich von der Logik des Evangeliums her aufdrängt.

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Christian Hennecke ist Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Generalvikariat des Bistums Hildesheim.

In Teil I erklärt Christian Hennecke, wo die Synode eigentlich herkommt.

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