- Werbung -

Hauskreis: „Es lief gut, dachte ich“

Peter Bauer erkannte die Probleme in seinem Hauskreis erst, als dieser sich aufgelöst hatte. Wie konnte es so weit kommen und was hätte er anders machen können?

Ja, eigentlich lief alles gut. Wir waren ein Hauskreis, wie man ihn sich nicht besser hätte vorstellen können. Ein Kreis von jungen Menschen, die sich wöchentlich getroffen haben. Alles wurde drangesetzt, dabei sein zu können – von den Teilnehmenden und auch von mir. Wenn jemand nicht kommen konnte, kam zumindest eine Nachricht an – bedenke, es war vor WhatsApp und Instagram.

- Werbung -

Alles lief prächtig

Neben Lied und Gebet lag der Schwerpunkt auf Austausch und Diskussion. Mal wurde auf spontan eingebrachte Themen reagiert. Unvergessen: Eine Teilnehmerin hatte immer die sonderbarsten Begegnungen in der S-Bahn und brachte diese Themen dann im Hauskreis ein. Ein andermal hatten wir uns im Vorfeld auf ein Thema verständigt. Und wieder ein andermal nutzte ich die Gruppe als Resonanzraum für eine Predigt.

Hier konnten sich alle lebensnah und sehr persönlich mit den Fragen und Herausforderungen ihres Glaubens auseinandersetzen, ohne dabei das Gesicht und die Sympathie zu verlieren. Wir waren sehr geschwisterlich miteinander unterwegs. Klar, im Laufe der Zeit sind auch manche weggeblieben – laut Selbstaussage vor allem wegen Terminkollisionen, Studium, anderer Interessen und, und, und … Andere kamen hinzu, wir verstanden uns einigermaßen – so ist der Lauf des Lebens. Es lief gut, dachte ich.

Blind für den Abstieg

Was ich nicht gesehen und darum auch nicht thematisiert habe: Es wurde immer weniger. Weniger offen, weniger herzlich, weniger persönlich, weniger verbindlich. Absagen (wegen anderer Termine) häuften sich, immer weniger war die Lust am Kreis und am Treffen zu spüren. Ein junges Ehepaar, welches erfreulicherweise dazugekommen war, verließ nach wenigen Monaten den Kreis unter Tränen – das ging mir nahe.

- Weiterlesen nach der Werbung -

Was von allein läuft, das läuft halt meistens bergab. Und so war es auch hier. Ich hätte es sehen müssen, aber ich war blind. Und so kam, was kommen musste: Wir lösten den Kreis auf. Beziehungen sind zerbrochen – das ging mir sehr nahe! Manche vermisse ich noch heute.

Klar, ich könnte das auch alles in einem ganz, ganz anderen Licht sehen: Aus den jungen Erwachsenen wurden Familien, sie machten Karriere, die Interessen haben sich total verändert, (Wohn-)Ortswechsel haben stattgefunden – es ist der Lauf des Lebens und das Leben geht auch unterschiedlich weiter. Es stimmt: Ein Hauskreis muss nicht gemeinsam im Seniorenheim sein natürliches Ende finden. Klar, so könnte ich es rechtfertigen.

Regelmäßig Bilanz ziehen

Trotzdem, könnte ich es noch mal machen, würde ich so etwas wie einen Ernte- und Saat-Abend im Jahreslauf fest und für alle sichtbar verankern. Was meine ich damit?

Das wäre ein fest terminierter Abend im Jahr, an dem mit allen darüber gesprochen wird, was im zurückliegenden Jahr gut war – Ernte. Welche Früchte hat der Kreis getragen? Was hat erfreut, wo ist man weitergekommen, welche Höhepunkte hat es gegeben, was hat mein Leben bereichert? Beute teilen, haben es mal welche genannt. Persönlich, individuell, aber auch als Gruppe. Und in einem zweiten Teil: Saat. Was wollen wir im nächsten Jahr erreichen oder ernten, welche Saat ist dafür nötig? Was müssen wir ändern? Worauf verzichten? Was neu installieren?

- Werbung -

Nichts mehr verpassen – mit unserem
BLICKPUNKT-Newsletter
täglich von Montag – Freitag

Wie wir Deine persönlichen Daten schützen, erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.
Abmeldung im NL selbst oder per Mail an info@jesus.de

Solche fixen Termine halte ich für einen Hauskreis unerlässlich. Erfahrungen werden geteilt und Erwartungen geklärt, ohne dass sie plötzlich und aus heiterem Himmel in einem Kreis aufschlagen und alle überfordern. Alle wissen: Dieser Abend kommt. Niemand muss sich überwinden, um ein heikles Thema anzusprechen oder sich als „Durcheinanderbringer“ zu outen. Der Abend kommt. Der Termin ist fix.

Möglicherweise ist es dann wirklich so, dass der Lauf des Lebens an so einem Abend klarmacht, jetzt ist eine Teilung dran, jetzt ist Aufhören dran oder jetzt ist eine andere Form dran. Aber das geschieht dann bewusst und von allen getragen und nicht einfach so „by the way“. Beziehungswunden haben dann auch eine Chance, gut zu heilen. Dazu ist Leitung da – dass sie die Augen offen hat und solche Treffen (auch wenn es manchmal schwerfällt) initiiert. Es einfach laufen zu lassen, ist keine Option.

Peter Bauer arbeitet als Diakon und Hauskreisbeauftragter bei den Missionarischen Diensten in der Badischen Landeskirche.


Hauskreismagazin 66

Dieser Artikel ist im Hauskreismagazin erschienen. Das Hauskreismagazin ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

Zuletzt veröffentlicht

4 Kommentare

  1. Wenn ein Kirchenfunktionär einen Hauskreis veranstaltet, die Leute – wie kirchlich gewohnt – als Objekte behandelt und aus Äußerlichkeiten abliest, wie „es“ läuft, dann braucht er sich nicht zu wundern, dass es sich irgendwann verläuft.
    Aber der Hauskreisbeauftragte wird sicherlich weiterhin Hauskreisarbeit beraten und betreuen, auch ohne es selbst hinzubekommen.
    Und mit dem Misserfolg zu kokettieren und einen Artikel darüber zu schreiben, um andere zu trösten, die „es“ auch nicht hinbekommen, ist sicherlich keine große Hilfe. Aber er verdient ja sein Geld damit.
    Geistliche Gemeinschaft entsteht nur, wo Geschwister sich auf der gleichen Ebene begegnen, in gemeinsamer Verantwortung einander in Liebe und Wahrheit begegnen und mit offenen Herzen offen sind füreinander und für den Heiligen Geist.
    Dann braucht man sicherlich nicht einmal im Jahr einen Auspracheabend zu machen, um mitzukriegen, wie die Einzelnen wirklich denken …

    • Da wir hier den seltenen Fall haben, wo wir mal einer Meinung sind, folgende Ergänzung:

      Es ist nach meiner Erfahrung auch für Pastoren mal sehr entspannt, in einem Hauskreis (gleichberechtigtes) Mitglied zu sein und nicht immer die Leitung zu haben.

      Nach meiner Erfahrung traten immer dann irgendwann Spannungen auf, wenn Leitung stark ausgeübt wurde. Denn irgendwann hat die Leitung andere Vorstellungen als zumindest ein Teil der Mitglieder (manchmal auch fast alle Mitglieder). Und wenn die Leitung dann auch noch in Gemeindefunktion diese Leitung hat, also nicht einfach vom Hauskreis ausgewechselt werden kann, dann kann sich schnell die Existenzfrage des Hauskreises stellen.

      Außerdem sollte eine Runde erwachsener Menschen in der Lage sein, einen Hauskreis ohne feste übergeordnete Leitung zu organisieren.

  2. Ach Mensch, ja… so ist das. Ich erinnere mich auch noch an einen Hauskreis vor über 30 Jahren. Er zerbrach. Und das Traurige war damals: Wir hatten gerade eine Themenreihe mit tollen Bibelstellen über: die LIEBE! Aber wir haben sie damals eben in Wirklichkeit gar nicht reingelassen gehabt. Und ohne die Liebe (treu Johannes 13, 34 und 35 und 1. Korinther 13) können wir uns solche eigentlich beziehungsvollen Kleingruppen wie Hauskreise sparen. Also lasst uns die Liebe – wirklich – lernen und lasst uns einander (und ganz Andere auch) liebhaben. Besonders in Hauskreisen: Liebe lernen und leben! Dass aus ihnen soetwas wie Zellen der Liebe werden!! Heute, über 30 Jahre später, arbeite ich nun mit einem Projekt „Zellen der Liebe“ und merke: Ich habe selber noch so viel zu lernen und darf noch mehr Liebe empfangen, aus Gottes Weite und Fülle!! Ich möchte damit nie mehr aufhören! So entstehen – wirklich – gute Beziehungen, die auch mal was aushalten – in und unter uns immer schwachen Menschen. Wenn Wohnzimmer-Beziehungen zerbrechen… es tut echt weh! Und hat mit eindeutiger gegenseitiger Liebe nicht so viel zu tun…

  3. „Hauskreis“
    mir fällt auf in der ganzen Betrachtung, dass nicht einmal auf unseren Gott / Jesus. Christus Bezug genommen wird.
    Wie sah die Beziehung der Einzelnen zu Gott aus? Wie tragfähig war sie? Wie gefestigt..
    Gerade in der heutigen Zeit ist es so wichtig sein Herz mit Gottes Hilfe zu behüten. Das menschliche Herz ist die maßgebende Quelle von all unseren Handlungen und bildet die Antwort darauf, was wir sind. All unsere Gedanken,Wünsche,Einsichten und Entscheidungen, unsere Pläne und Ziele unsere Neigungen,Einstellungen und unser streben, alle Weisheit und jede Torheit,die unser Leben kennzeichnen, entstammen unserem Herzen. Alles wird wohl oder übel von unserem Herzen angetrieben,aufrechterhalten und gesteuert.

    Ich Frage mich,ob ich mich irre,wenn ich vermute,dass heutzutage die meisten von uns sich sehr selten Zeit nehmen,um sich zu prüfe n und dieses sorgfältige inwendige Hinterfragen zu pflegen Sollten uns innere oder äußere Umstände in Versuchung bringen,dann erwarten wir,dass wir das sofort erkennen und imstande sind, sie mit einem einfachen „NEIN“ zu verscheuchen. Doch in der Realität ist es eben nicht immer so einfach, zur Ehre Gottes im Herzen standhaft, und bewusst Nahe bei unserem Herrn Jesus zu bleiben. Denn unsere Erwartungshaltung,das wir ohne innere Anstrengung oder inneren Kampf einfach „NEIN“ sagen,wenn es notwendig ist,zeigt nur,wie unrealistisch wir sind. Und wie leicht wir uns dazu verleiten lassen, Falsches zu tun und von dummen Dingen zu glauben ,sie wären weiße und richtig.

    T.S.Eliot beschreibt: “ Die letzte Versuchung ist der größte Verrat, aus falschem Grund zu tun die rechte Tat.“

    Unbekümmertes Selbstvertrauen in Zeiten der Prüfung ist der beste Weg zu geistlichen Selbstmord.

    “ Mehr als alles andere behüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus.“ ( Sprüche 4,23)

    und lieber Peter Bauer in diesem Dinntbehüte dein Herz.

    Shalom
    Christine David

Die Kommentarspalte wurde geschlossen.