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Ich hab von ferne, Herr, deinen Thron erblickt

Dieses Lied strahlt reine und kräfitge Ewigkeitssehnsucht aus. Seine Vorfreude auf die Ewigkeit ist ansteckend.

  1. Ich hab von ferne, Herr, Deinen Thron erblickt
    und hätte gerne mein Herz vorausgeschickt
    und hätte gern mein müdes Leben,
    Schöpfer der Geister, Dir hingegeben!
  2. Das war so prächtig, was ich im Geist gesehn;
    Du bist allmächtig, drum ist Dein Licht so schön!
    Könnt ich an diesen hellen Thronen
    doch schon von heut an auf ewig wohnen!
  3. Nur bin ich sündig, der Erde noch geneigt,
    das hat mir bündig Dein Heilger Geist gezeigt.
    Ich bin noch nicht genug gereinigt
    noch nicht ganz innig mit Dir vereinigt.
  4. Doch bin ich fröhlich, dass mich kein Bann erschreckt;
    ich bin schon selig, seitdem ich das entdeckt.
    Ich will mich noch im Leiden üben
    und Dich zeitlebens inbrünstig lieben.
  5. Ich bin zufrieden, dass ich die Stadt gesehn,
    und ohn Ermüden will ich ihr näher gehen
    und ihre hellen, goldnen Gassen
    lebenslang nicht aus den Augen lassen!

Johann Timotheus Hermes

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Ewigkeit herbeisehnen

Das Lied „Ich hab von ferne, Herr, deinen Thron erblickt“ dürfte heute nur noch den Älteren bekannt sein. Immerhin, im „Reichsliederbuch“ hat es noch gestanden, und auch im Jugendliederbuch „Wachet auf“ war es zu finden, obwohl es vom Inhalt her kein ausgesprochenes Jugendlied ist.

Es ist ein Lied kräftigster und reinster Ewigkeitssehnsucht, ansteckender Vorfreude und es hat eine überaus originelle Entstehungsgeschichte. Es stammt nämlich aus einem sechsbändigen Roman, dem ersten deutschsprachigen Familienroman, den der schlesische Superintendent Johann Timotheus Hermes vor über zweihundert Jahren geschrieben hat: „Sophiens Reise von Memel nach Sachsen“.

An biblischen Bildern orientiert

Da singt es eine Bettlerin, eine Frau mit drei kleinen Kindern, von denen eines blind und ein anderes ohne Arme war. „Sie sang … mit der reinsten und weichsten Stimme, mit einer Kunst, die bei ihr zur Natur geworden zu sein schien … sie sang es auf die schöne schlesische Melodie ‚Nun preiset alle‘.“

„Ich hab von ferne, Herr, deinen Thron erblickt“ ist ganz an biblischen Bildern orientiert, die vor allem der Offenbarung entnommen sind. So singt die arme Frau von dem Thron Gottes (Offenbarung 4,2 ff.) und von der Stadt mit den goldenen Gassen (Offenbarung 21).

Auf die Ewigkeit freuen

Aber sie weiß auch, dass sie noch nicht am Ziel ist. Ihre Schuld und ihr noch der Erde zugeneigter Sinn trennen sie noch von dem ersehnten Ziel. Viermal begegnet uns das Wort „noch“ bzw. „noch nicht“! Aber das Bild der Gottesstadt gibt ihr Kraft und Orientierung, und so ist das Lied ein Lied ansteckender Vorfreude auf die Ewigkeit.

Wer die Stimmung des Liedes auf sich wirken lassen möchte, schaue einmal die vielen Eigenschaftsworte an, die uns hier begegnen: „ferne“, „müde“, „sündig“ charakterisieren die dunklen Seiten unserer Lebenswanderung.

Im Leiden üben und Gott trotzdem lieben

Aber mit den Worten „prächtig“, „allmächtig“, „schön“, „innig“, „fröhlich“, „selig“, „inbrünstig“, „zufrieden“, „hell“ und „golden“ leuchtet die Ewigkeit in die Zeit hinein und gibt dem Glaubenden die Kraft zu dem schweren, aber unendlich tiefen Vorsatz: „Ich will mich noch im Leiden üben und dich zeitlebens inbrünstig lieben“.

Und die Melodie? Wir haben es schon gehört, die Bettlerin im Roman singt das fünfstrophige Lied nach der Melodie „Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit“. Später hat man dem Lied aber auch die Melodie eines früher populären Friedhofsliedes („Wie sie so sanft ruhn“) unterlegt. Ich würde die erste Melodie allerdings immer bevorzugen.

Text: Dr. Reinhard Deichgräber


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