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Brauchtumsforscher: Christen behielten heidnische Rituale bei

Am Johannistag feiern Christen den Geburtstag Johannes des Täufers. Aber: Unter der Oberfläche liegen heidnische Wurzeln verborgen.

Am 24. Juni ist Johannistag, auch „Johanni“ genannt. Der Tag erinnert an die Geburt eines „Urchristen“: an Johannes den Täufer. Wer war dieser Mann und warum ist der 24. Juni „sein“ Tag?

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Gerd Biegel: Johannes der Täufer gilt als einer der wirkungsmächtigsten Propheten zu Beginn des ersten Jahrhunderts nach Christus. Immerhin ist er der Mann, der Jesus in Jericho, im Fluss Jordan, getauft hat, dem heutigen Grenzfluss zwischen Israel und Jordanien. Der 24. Juni wird als sein Geburtstag gefeiert, weil das Lukas-Evangelium einen Hinweis gibt, wonach Johannes sechs Monate älter als Jesus war. Er wurde demnach sechs Monate vor Heiligabend geboren.

Jede Taufe, die heute vollzogen wird, erinnert in gewissem Sinn an die Taufe Jesu, was etwa durch die Worte „Du bist getauft in Christi Namen“ bezeugt wird. Weil kaum ein anderes Datum so sehr in Verbindung mit der Taufe steht, feiern viele Kirchengemeinden verstärkt in der Zeit um Johanni Tauffeste. Dies geschieht dann oftmals nicht am Taufbecken in der Kirche, sondern so, wie es einst Johannes der Täufer tat: in der Natur, etwa an Flüssen oder Seen.

Johanni war ursprünglich gar kein christlicher Termin. Was wurde einst gefeiert – und wie vollzog sich die Christianisierung dieses Datums?

Biegel: Der Johannistag ist ein schillerndes Datum. Christlich und heidnisch zugleich. Er ging aus dem Mittsommerfest der Kelten und Germanen hervor. Es ist die Zeit der Sommersonnenwende, in der die Sonne über der nördlichen Erdhalbkugel ihren höchsten Stand erreicht. Es sind die kürzesten Nächte des Jahres. Zur Sommersonnenwende, so glaubten die Germanen, steige Odin, der Göttervater, auf die Erde, um diese und ihre Ernten zu segnen.

Die Christen widmeten das im Brauchtum fest verankerte Fest einfach um und behielten viele der ursprünglich heidnischen Rituale bei. Nicht mehr Odin wurde angebetet, sondern der „Lichtbringer“ Christus. Die Kraft der Sonne an diesem langen Tag wurde in der Dunkelheit durch „Johannisfeuer“, durch Feuerwerk oder Feuerräder verstärkt und verlängert. Die Asche wurde anschließend über die Felder verstreut – zum Schutz vor Dämonen und für bessere Ernten.

In vielen Regionen, etwa in Skandinavien und im Baltikum, wird das Mittsommerfest bis heute gefeiert. Auch in einigen Regionen Deutschlands, etwa im Oberharz, hat sich ein starkes Brauchtum herausgebildet. Während in den skandinavischen Ländern eher die heidnische Tradition nachwirkt, knüpfen die Feste im übrigen Europa eher an deren christliche Transformation an.

Neben Licht und Feuer spielt zu Johanni auch Wasser eine besondere Rolle. Woher kommt diese Bedeutung?

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Biegel: Aus der Perspektive der christlich geprägten Johannisnacht geht es dabei natürlich um das Wasser der Taufe. Aber schon Kelten und Germanen maßen dem lebensspendenden Element eine besondere rituelle Bedeutung bei und huldigten ihm in der Mittsommernacht. So sollte ein stilles nächtliches Bad die Gesundheit fördern und die Menschen vor bösen Einflüssen bewahren.

Auch die in einigen Regionen Deutschlands bis heute verbreiteten Brunnenfeste haben uralte, vorchristliche Wurzeln. Indem man Brunnen und Quellen mit Blumen und Früchten schmückte und sie segnete, würdigte man eine wesentliche Lebensgrundlage. Zudem wurden manchen Quellen eine wundertätige Wirkung zugeschrieben. Ihr Wasser heilte von Krankheiten, schützte vor dem „bösen Blick“ und war, glaubt man alten Überlieferungen, sogar von Geistern bevölkert.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Daniel Behrendt (epd).

Gerd Biegel ist Historiker und Brauchtumsforscher.

Quelleepd

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4 Kommentare

  1. Wenn wir sehen, wie die Welt „Weih(e)nachten“ und auch das „Johannisfeuer“ feiert, wird ganz klar, wo es herkommt. Die heidnische Wurzel wird sehr sichtbar – dieses „heidnische Unkraut“ – vermehrt sich ohne Ende, wenn es nicht ausgerissen wird.
    So feiern wir seit vielen Jahren auch kein Weihnachten mehr – auch die Bibel berichtet uns nichts vom „Weihnachtsfest + Johannisfeuer“ – also sollten wir es auch nicht hinzufügen.
    Lieber Gruß Martin

    • > dieses „heidnische Unkraut“ – vermehrt sich ohne Ende, wenn es nicht ausgerissen wird.

      Dieses ‚Unkraut‘ ist der Ursprung.

      ich denke, Du verwechselst da was.

      Man kann sich nicht etwas Fremdes aneignen und sich irgendwann aufregen, dass es fremdem Ursprungs ist.

  2. Weihnachten ist das Fest des Lichtes

    Der Johannestag, gründend auf Johannes den Täufer, der Jesus taufte, wird nach unserem Kalender im Sommer gefeiert. Ich habe mir sagen lassen, früher sei dieser Tag gefeiert worden ein wenig wie Weihnachten im Sommer – durchaus mit dem von mir hier genannten Hintergrund. Ich würde Weihnachten überhaupt nicht als heidnisches Fest bezeichnen. Lässt man die Gründe einfach weg, warum dieses Fest am 24. Dezember ganz früher begangen wurde, macht das Datum sehr großen Sinn. Denn in einer dunklen Nacht, zudem noch in einer Notunterkunft, kommt Gott nicht als der Herrscher auf dem Thrones über das unendliche Universum zu uns, sondern als ein kleines Baby. Dazu noch gewissermaßen unehelich, denn was immer dies auch im Altertum bedeutete, Josef und Maria waren nur verlobt, Maria möglicherweise erst 13 Jahre alt. Über die Kindheit von Jesus ist wenig oder nichts bekannt, lässt man das Lukasevangelium weg. Nur 3 Jahre ist Jesus Wanderprediger, mit Jüngern (auch Jüngerinnen) die alle keine vollkommenen Menschen sind, wie wir. Er redete und praktizierte die Liebe und zeigte damit, dass Gott Liebe ist. Er ist ja nicht zu den Reichen, Schönen und Erfolgreichen gekommen, den Gewinnern, sondern in einen Stall und er wird an einem Kreuz von den Römern hingerichtet. Gott ist also völlig präzise gewissermaßen am tiefsten Punkt einer möglichen Existenz Mensch geworden: Kann es größere Liebe geben und mehr Zuspruch für jene, die im leider im Dunkeln leben? Die Auferstehung Jesu ist unsere seelische Befreiung, unsere völlig vor allem unverdiente Vorabversöhnung für alle Zeiten mit Gott, proklamiert in Golgatha. Deshalb sind wir als Christinnen (eigentlich) die größte Befreiungsbewegung der Welt und wir feiern unseren höchsten Feiertag in der dunklen Zeit des Winters, in der wegen der Dunkelheit manche Menschen depressiv werden. Und dass die Menschen sich da Geschenke machen, Weihnachten auch ein Geschäft ist, mag man kritisieren – ist aber nicht so schlimm als wenn die Menschen in dieser Zeit nicht bereit wären für ein Mehr an Versöhnung und Liebe. Immerhin sind wir ja alle so beweglich, dass wir Weihnachten auch ganz anders begehen können: Weihnachten ist das Fest des Lichtes, vor allem wenn es bis in unsere Herzen reicht (Dies ist zwar emotional formuliert, aber Liebe hat was mit Emotionalität zu sein und auch in Gott darf und muss man verliebt sein).

  3. Da muss man nicht den Johannestag nehmen.

    Weihnachten ist durch und durch ein heidnischen Fest. Und wurde ja auch sehr spät erst mit einem christlichen Anlass überlagert und umgedeutet. Geburtstage wurden früher übrigens eigentlich gar nicht gefeiert. Wenn, dann feierte man Namenstage.

    Schon irgendwie ironisch, dass Weihnachten heute wieder seinen christlichen Aspekt immer mehr verliert als reines Geschenkefest mit Weihnachtsbaum.

    Dieses umdeuten und vermischen gibt es nicht nur bei Feiertagen sondern auch bei Riten und Gebräuche.

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