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Bundestag streicht Werbeverbot für Abtreibungen

Der Bundestag hat in Berlin nach einer emotionalen Debatte der Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen zugestimmt. Bereits verurteilte Ärzte sollen rehabilitiert werden.

Die Linke unterstützte den Entwurf der Regierungskoalition, Union und AfD lehnten die Streichung des Paragrafen 219a ab. Sie sehen darin eine Schwächung des Lebensschutzes für das ungeborene Kind. Die Ampel-Fraktionen sprachen hingegen von einer längst überfälligen Entscheidung, die nun endlich umgesetzt werden könne.

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Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte, es sei „höchste Zeit“ für die Abschaffung des Paragrafen 219a. Dass im Internet jeder, auch jeder Verschwörungstheoretiker, alles über Abtreibungen verbreiten dürfe, dies aber ausgerechnet Ärzten bei Strafe verboten sei, sei „absurd“ und „aus der Zeit gefallen“, sagte Buschmann.

Bundesjustizminister: Schutz des ungeborenen Lebens nicht gefährdet

Er betonte, der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des ungeborenen Lebens werde durch die Streichung des 219a nicht gefährdet. Dieser sei im Paragrafen 218 geregelt. Das müsse man auseinanderhalten.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sprach von einem „großartigen Tag“ für alle Frauen und kündigte an, man müsse auch über den Paragrafen 218 reden. Die Regierung will eine Kommission einsetzen, die sich mit der Frage beschäftigen soll, ob das Abtreibungsrecht auch außerhalb des Strafrechts geregelt werden könnte.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte die Entscheidung: „Es kann nicht sein, dass Ärztinnen und Ärzte kriminalisiert werden, wenn sie Frauen in Not sachlich über die medizinischen Möglichkeiten von Schwangerschaftsabbrüchen informieren.“

„Sachliche und berufsbezogene“ Informationen zukünftig erlaubt

Der Strafrechtsparagraf 219a verbietet die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen und in „grob anstößiger Weise“. In der Praxis führte er aber dazu, dass Ärztinnen und Ärzte strafrechtlich verfolgt und verurteilt wurden, weil sie auf ihrer Internetseite Informationen darüber veröffentlicht hatten, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen und welche Methoden sie anwenden. Dem Gesetz zufolge ist es künftig Ärzten und Kliniken ausdrücklich erlaubt, „sachlich und berufsbezogen“ über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren.

Das Gesetz sieht auch vor, dass nach dem Paragrafen 219a verurteilte Mediziner rehabilitiert werden. Die bekannteste ist die Gießener Ärztin Kristina Hänel, die der abschließenden Beratung im Bundestag beiwohnte. Sie war gegen ihre Verurteilung bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen.

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Die Union kritisierte die Selbstgewissheit der Ampel-Fraktionen und betonte, das Werbeverbot sei Teil des Schutzkonzepts für das ungeborene Leben und müsse beibehalten werden. Die rechtspolitische Sprecherin Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) sagte, es gehe um die Rechte der Frauen und das Lebensrecht des Kindes. Das Bewusstsein dafür müsse erhalten bleiben. Eine Abtreibung sei kein normaler ärztlicher Eingriff.

Die stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch warf SPD, Grünen, FDP und der Linken vor, niemand rede vom Recht des ungeborenen Menschen auf sein Leben. Vielmehr redeten Grüne und SPD offen davon, auch den Paragrafen 218, der Abtreibungen unter Strafe stellt, abschaffen zu wollen.

Von Frauenrechtlerinnen und aus der Zivilgesellschaft wurde die Abschaffung des Werbeverbots einhellig begrüßt. Der Deutsche Frauenrat, der nach eigenen Angaben rund 60 Frauenorganisationen vertritt, sprach von einem „Grund zum Feiern“. Frauen- und Familienorganisationen wie „pro familia“ hatten sich jahrelang für eine Abschaffung des Werbeverbots starkgemacht.

Link: Weitere Informationen findest du auf der Seite des Bundestags.


Redaktioneller Hinweis:

Der Begriff „Werbeverbot“ wird offiziell auf der Webseite des Bundestags so verwendet, ist jedoch in der Sache irreführend. Die Kommunikation über Schwangerschaftsabbrüche durch Ärztinnen und Ärzte unterliegt laut Bundesregierung künftig den „strengen Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes“. Irreführende oder abstoßende Werbung für alle Arten von Schwangerschaftsabbrüchen bleibt laut Bundesregierung verboten.

Quelleepd

9 Kommentare

  1. Es gibt viel Scheinheiligkeit

    Beim Thema „Schutz des ungeborenen Lebens“ gibt es leider viel Scheinheiligkeit. Denn es gibt gute Gründe sowohl das ungeborene als auch das geborene Leben gleichermaßen zu (be)schützen. Es sind ja keine zwei Leben, nämlich die eines werdenden Kindes im Mutterleib und dasjenige welches im Krieg erschossen wird. Der Schutz des Lebens ganz allgemein scheint mir in dieser Welt, gefühlt eher zunehmend, gefährlich zu zerbröseln. Unseren Mitmenschen werden aus den unterschiedlichsten Gründen zu jeder Stunde oft unsägliche Schmerzen zugefügt. Ein mir bekannter Pfarrer verbrachte in seinem Spezialpraktikum eine erlebnisreiche und zugleich sehr schockierende Zeit in den USA. Bekanntlich ist man dort mancherorts sehr biblisch-fundamentalistisch, bisweilen auch feindlich eingestellt gegen sexuelle Aufklärung in der Schule, die Welt wurde für nicht wenige in 6 Wochentagen erschaffen und Darwin ist (verkürzt bezeichnet) ein Ketzer. Dafür möchte man heutzutage gerne nach dem Willen eines Teiles der Bevölkerung möglichst schwere Waffen an die Lehrerschaft ausgeben, um die Gewalt durch Amokläufer zu beenden. Als der oben erwähnte Pfarrer eines Tages nach seinem Gottesdienst aus seiner US-Kirche kam, lag im Schmutz des Rinnsteines, einige Meter vor dem Eingangsportal, ein besinnungsloser und mutmaßlich alkoholisierter Mann in der Gosse. Er hat es uns hier erzählt, wie darauf die eben noch Abendmahl miteinander feiernden Christen reagierten: „Selbst schuld, wenn man so ein Leben führt“! Oder „das ist die Strafe Gottes wegen seines Lebens“! Sie wären einfach über ihn hinweg gestiegen und nachhause gegangen. Ich bin sehr für den Schutz des ungeborenen Lebens, aber auch für jenes das mit zwei Beinen herumläuft. Auch für Schwangerschaftsabbrüche gibt es Gründe, und die liegen eher nicht in einer oft vermuteten ethischen Indifferen. Oft ist es eine Unfähigkeit im Umgang mit einer ungewollten Schwangerschaft, oder aus anderen Notlagen bzw. familiären Gründen. Dies hat nichts zu tun mit der ehemals stattgefundene Kampagne „mein Bauch gehört mir“ (und nicht Gott): Ich darf alles. Da wurde die Notwendigkeit von Emanzipation an einer falschen Ecke mit falschen Argumenten betrieben. Ich lehne Schwangerschaftsabbrüche ab. Allerdings gehört immer mit in Waagschale hinein, warum Menschen sich selbst und ihrem Gewissen diesen Schaden zufügen. Ich würde hier niemand moralisch verurteilen. Bekanntlich würden die Scheinheiligen gerne die ersten verbalen Steine platzieren, wenn sie – obwohl Christen – nicht berücksichtigen, dass wir alle Sünder*innen sind und des Ruhmes mangeln, den wir vor Gott haben sollten.

    • Sehe ich auch so.
      Bei uns mangelt es am Schutz des geborenen Lebens. Und das hat in der Folge gravierende Auswirkungen auf den Schutz des ungeborenen Lebens.

      Wer nur das ungeborene Leben schützen will, wem dann aber die Mütter und Kinder egal sind, ist ein unglaubwürdiger Heuchler.

      • Niemand will nur das ungeborene Leben schützen. Das ist ein unfaires Scheinargument. Lebensschützer betreiben auch Frauenhäuser, Kindergärten und viele andere ähnliche Einrichtungen.
        Hier mal eine von vielen Organisationen…

        https://kaleb.de/

        • Niemand?
          Schau dir diese republikanischen Heuchler in den USA an.
          Oder die von Storchs hier bei uns.
          Bemühe mal die Archivfunktion hier im Forum, was ledige Schwangere und Mütter in manchen Gemeinden erlebt haben.

          Niemand? Was ist denn mit den christlichen Politikern, die den 219a so sehr verteidigen? Sind das nicht die gleichen, die dafür verantwortlich sind, dass Kinder heute hier bei uns das Armutsrisiko Nr. 1 sind?

          Nur weil es ein paar Vereine geben mag, wird daraus wirklich nicht Niemand.

    • Wenn du es schon für einen schwarzen Tag hältst, das Ärzt*innen jetzt auf ihrer Website informieren dürfen, was sie legal tun

      dann kommen wohl noch viele schwarze Tage auf dich zu.

  2. Sachliche und berufsbezogene Informationen waren schon immer erlaubt. Die gab es bei Gynäckologinnen und Gynäckologen und außerdem auch bei den Krankenkassen. Selbst bei google wurde man (oder Frau) fündig.

    Hier wurde soeben ein bestehender gesellschaftlicher Konsens aufgekündigt und der nächste Schritt ist ja schon kommuniziert, nämlich die komplette Abschaffung des Paragraphen 218. Eine „Abtreibung“ soll zu einer ganz normalen medizinischen Dienstleistung werden. Das ist sie aber nicht. Deutschland geht immer deutlicher dunklen Zeiten entgegen…

    • Man will den 218 nicht ersatzlos abschaffen sondern Abtreibungen nicht mehr strafrechtlich Regeln. Und das macht Sinn.

      Verboten aber straffrei hat zu solchen Unsinn wie dem 219a geführt und das immer weniger Ärzte diesen Eingriff überhaupt beherrschen, da er wegen des Verbots oft nicht mehr gelehrt wurde. Was die Gesundheit der Frauen gefährdet

      Außer natürlich es drohte eine Behinderung, da ist man ja extrem großzügig bei der Abtreibungsregelung, auch im konservativen. Auch ein absurdes Verständnis von Inklusion, was jetzt hoffentlich auch bald beendet wird.

  3. Zur Streichung: Endlich!
    Zu Frau von Storch: 2016 forderte sie Schusswaffengebrauch auch gegen Kinder, aber das waren ja schon geborene Kinder und noch dazu Flüchtlinge. Was beim „Marsch für das Leben“, den sie jahrelang maßgeblich mitbestimmt, viele nicht abhielt, sich hinter ihr einzureihen. Sehr glaubhaft, muss ich schon sagen.

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