- Werbung -

Lebenskrise – und wo ist Gott?

Krisen machen stark, heißt es. Aber was tun, wenn die Krise nicht endet? Und wo ist Gott in solchen Zeiten? Eine biblische Betrachtung.

Von Benedikt Elsner

- Werbung -

Es ist fast egal, welchen großen Hollywoodfilm man schaut: Nach einer kurzen, schmerzhaften Krise kommt die Heldin oder der Held natürlich wieder zurück. Und stärker und entschlossener als je zuvor steuert sie oder er aufs Happy End zu. Einfach ein bisschen mehr arbeiten, ein bisschen mehr durchhalten und dann kommt der Erfolg von ganz allein. Aber was ist, wenn die Krise nicht kurz ist, sondern Jahre dauert? Wenn kein Happy End in Sicht ist?

Winter is coming“

Es war im September 2020 und das erste halbe Jahr Pandemie lag hinter uns. Ich saß in einer Runde von Kollegen und Kolleginnen und erklärte ausführlich, warum wir auf den kommenden Winter gut vorbereitet sein müssen. Wieso es anders werden wird, härter und länger. Wie anders, hart und lang der Winter dann aber wirklich werden würde, war mir selbst kaum bewusst. Gefühlt war es ein ewiger Lockdown, ein langer dunkler Tunnel, eine Krise, gegen die man nichts tun konnte. Unsere Pläne, Träume und Visionen wurden zunichte gemacht. Wie kann man damit umgehen, wenn eine schwierige Zeit nicht mal eben schnell durchgestanden ist?

Helden wie du und ich

Eine der großen Heldengeschichten der Bibel ist die Geschichte von Mose. Wie kaum eine andere Person des Alten Testaments steht er für entschlossenes Handeln in schwierigen Zeiten, für echte Leiterschaft und einen tiefen Glauben. Mose führt Israel aus der Sklaverei Ägyptens, empfängt die Zehn Gebote und leitet sein Volk ins gelobte Land – dagegen wirken wir alle wie blutige Anfänger. Bis heute feiern Menschen das Wirken Mose als Leiter, Vorbild und Heiliger. Und ganz ähnlich wie bei den eben genannten großen Hollywoodfilmen achtet kaum jemand auf seine Krisen, Misserfolge und Fehlschläge. Dabei ist Mose weit davon entfernt, ein perfekter Superheld zu sein. Vielmehr ist er wie wir alle ein Mensch mit Licht und Schatten, mit Auf und Abs, mit Fragen ohne Antworten. Unbeantwortet bleibt auch die Frage, warum sein Zorn die Oberhand gewinnt, als er einen ägyptischen Aufseher umbringt und ihn danach im Sand verscharrt. An Moses heldenhaften Händen klebt Blut.

Nicht nur ein Jahr …

Das Problem ist nun: Wenn Mose sich stellt, wird er mit dem Tod bestraft. Er macht also das, was wir alle gern machen: Er läuft vor der Verantwortung davon, flieht vor den Konsequenzen und der Strafe. Aber er läuft damit auch weg von seinem Volk, seinen Aufgaben und dem Gott, der noch viel mit ihm vorhat. Er läuft und läuft , bis er in Midian ankommt. Irgendwo im Nirgendwo auf der Sinai-Halbinsel, zwischen Ägypten und Palästina, kommt Mose zur Ruhe. Dort in der Wüste wird er Schafhirte, heiratet die Tochter eines heidnischen Priesters und die Zeit vergeht. Eine Zeitspanne, die uns auch nach anderthalb Jahren Pandemie wie eine Ewigkeit vorkommt: 40 Jahre! Vor allem ohne die ganzen technischen Erleichterungen, die uns die vergangenen Monate gegen Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit geholfen haben. 40 Jahre, ein halbes Leben mitten in der Krise.

Mit der Krise leben lernen

Viel ist uns aus diesen 40 Jahren nicht bekannt. Die Erzählungen der Bibel setzen wieder ein, als irgendwann in dieser nicht enden wollenden Zeit ein Dornbusch brennt, ein Engel spricht und Mose doch noch den Auftrag seines Lebens bekommt. Was bis dahin passierte? Wir wissen es nicht. Wahrscheinlich schien meistens die Sonne und die Schafe futterten langsam ihr Gras vor sich hin. Schon allein die Beschreibung der 40 Jahre klingt langweilig. Kaum auszumalen, wie es wohl für Mose war, in dieser Einöde aus Sand und Zeit. Und dennoch ist gerade Ausdauer eine Erkenntnis für den Umgang mit solchen Phasen. Denn das Leben, das Gott für uns vorgesehen hat, wartet nicht vor oder nach einer Krise, sondern mittendrin! Mag sie einem auch noch so lang vorkommen, Gott nutzt diese Phasen und wir können es auch.

Vielleicht ist das jetzt ein herausfordernder Gedanke, aber auch in den letzten Monaten war Gott mittendrin und erlebbar – ganz ähnlich wie bei Mose in der Wüste, nur anders als gewohnt. Diese Ausdauer, diese Erkenntnis der Unvermeidbarkeit von Krisen, sie können dabei helfen, diese Zeit nicht nur als Zeit des Wartens wahrzunehmen, sondern auch als Zeit des Reifens. Denn es gibt Lektionen des Lebens, die uns nur die Krisen lehren können …

Fake News: Geistliches Wachstum

Zwei Worte, die vor allem in unseren Köpfen vorkommen, weniger in der Bibel: geistliches Wachstum. Was Christen und Christinnen oft wie das Ziel aller Dinge vorkommt, ist ein Konzept, das noch keine 300 Jahre alt ist. In den Erweckungsbewegungen des 18. Jahrhunderts kam der Gedanke auf, dass man für sein geistliches Wachstum etwas tun sollte und muss. Diese Vorstellung lebt bis heute fort und gaukelt uns ein seltsames Verständnis vom Glauben vor. So als müsse man nur die richtigen Taten oben reinwerfen, zum Beispiel Hauskreis oder Stille Zeit, und unten kommt schönes geistliches Wachstum raus.

Wenn es allerdings so einfach wäre, dann hätte Mose in 40 Jahren nicht gerade viel geschafft, oder? Und auch die Bäume im Wald, das Obst an ihren Ästen oder das Gras unter ihnen – sie wachsen alle nicht schneller, reifen nicht fixer, bloß weil man daran zieht oder sie pusht, nicht wahr? Nimm dir ne Tasse Tee, atme tief durch und denk an Mose. Klar haben wir Verantwortung für unser Leben und für unseren Glauben. Aber es braucht immer auch Zeit, es braucht immer auch ein „mitten in der Krise“, nicht nur ein Davor und ein schnelles Danach. Mose wäre nicht Mose ohne die 40 Jahre in der Wüste, die Frage ist daher folgende: Was hast du in den letzten 1 ½ Jahren gelernt?

Benedikt Elsner ist Landesjugendpastor im Gemeindejugendwerk Niedersachsen.Ostwestfalen.Sachsen-Anhalt (GJW NOS).


Diesen Artikel schrieb Pastor Benedikt Elsner für das Magazin Teensmag (Ausgabe 05/2021). Teensmag erscheint sechsmal im Jahr im SCM Bundes-Verlag, zu dem auch Jesus.de gehört.

10 Kommentare

  1. Aber ich denke – lieber Dieter – so ist Gott eben nicht. Er ist dann der Antimensch, Antikriegsmensch, Antiherrschaftsmensch und weder mit Launen noch mit Rache unterwegs. Gott ist Liebe und alles was existiert, ist der Niederschlag seiner Gedanken. Allerdings schenkt er uns alles kostenlos und ohne Vorbedingungen. Sodann muss dann dann auch bereits sein, sich in Zeit und Ewigkeit mit ihm zu versöhnen – jedenfalls ist Gott wie eine Mutter oder ein Vater. Er selbst war schon immer mit uns versöhnt. Vor Gott sollte man niemand Angst machen, denn in der Liebe ist keine Angst. Damit will ich gerne unsere Diskussion beenden.

  2. Vor Gottes Autorität braucht niemand zu schrumpfen

    „Ein Mensch mit einem Autoritätskomplex ist jemand, der von einer Autorität schrumpft, ja, Angst bekommt, kuscht, automatisch akzeptiert, was die Autorität sagt“! Dies schreiben Sie und damit steht die Behauptung, ein/e Jesusnachfolge/in und damit jemand der Gott liebt, schrumpfe vor ihm. Vielleicht meinen Sie dies aber nicht, wenn sie damit das Missverständnis von Religion und von Gottesliebe beschreiben. Denn Gott ist nach dem Zeugnis der Bibel bzw. des Neuen Testamentes selbstlose „“LIEBE““. Jesus kam daher nicht um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen. Selbstverständlich ist auch das Alte Testament Evangelium, aber mit dieser Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus wird alles über Bord geworfen, was auch nur annähernd die Herrschaft Gottes mit der Herrschaft von Menschen gleichsetzt, schon gar nicht mit jener der Römischen Kaiser oder den klassischen sonstigen Gewaltherrschern der Antike. Ihnen durfte man nicht widersprechen und schon gar nicht den Vertrag aufkündigen bzw. ungehorsam sein. Da war man schnell einen Kopf kürzer. Jesus verkündigt einen völlig anderen Gott. Einen der absoluten Liebe. Der größer ist als alles was wir denken, auch hinsichtlich seiner Möglichkeiten und Absichten. Gott selbst wird ja Mensch, er zeigt wie Liebe ist, wie sie sich als Religion anfühlt und er durchbricht den ewigen Strang von Gewalt und Gegengewalt, also von Ursache und Wirkung, als er am Kreuz stirbt. Damit kommt Gott ganz tief nach unten nicht nur in unsere Abgründe des Bösen, sondern in jene des Leidens. Er ist der solidarische Gott, der uns und mir beisteht, bei dem ich nicht tiefer fallen kann als in seine geöffnete Hand. Er richtet alle Menschen mit Liebe und daher ist Liebe sein Gericht. Die Hölle (in uns) darf Insolvenz anmelden. Gott hat sich mit uns Menschen versöhnt am Kreuz, so wie er immer schon mit uns versöhnt war. Dazu sollte man auch den wunderbaren Text in 1. Korinther 13 lesen, denn so wie wir sein könnten aber nicht sind, so ist aber Gott. Er verkörpert jene Liebe, wie es in diesen Bibelversen ab Vers 4 steht:

    Der liebt ist geduldig und gütig. Wer liebt ereifert sich nicht, er prahlt nicht und spielt sich auch nicht auf. Wer liebt, der verhält sich nicht taktlos, er sucht auch nicht seinen Vorteil und lässt sich nicht zum Zorn erregen. Wer liebt, der trägt keinem etwas nach. Er freut sich nicht, wenn einer Fehler macht, sondern wenn er das Rechte tut. Wer liebt, der gibt niemals jemand auf, in allem vertraut er und hofft er für ihn; alles erträgt er mit großer Geduld. Niemals wird diese Liebe vergehen. (Der Text reflektiert vermutlich auch die Erinnerungskultur der Urgemeinde an das Leben Jesu mit seinen Jüngern. Im übrigen glaube ich nicht an einen zornigen oder launigen Gott und als hinrichtenden Scharfrichter, denn er kam um die Welt zu retten und nicht zu strafen)

    Bildlich gesehen sind Christinnen und Christen Menschen (oder sollten es sein), die sich von einer Liebe ausfüllen lassen, sich gewissermaßen in den Lichtkreis Gottes stellen, wenn sie ein Abbild dieser Liebe aus 1. Korinther 13 zu sein versuchen. Da sind wir alle auf dem Weg. Denn wir können jeden Tag anderen Menschen vergeben, (keinen faulen) Frieden mit ihnen machen, sowie diesem Frieden und der Versöhnung nachjagen. Feindesliebe ist dann der sehr erfinderische und kluge Versuch, sich den (gefühlten) Feind zum Gegner und dann zum Freund zu machen. Dies ist der gegenteilige Versuch, als den Feind im Krieg oder im Kampf zu besiegen. Christen sind keinesfalls vollkommen, aber sie versuchen bisweilen nach der Bergpredigt zu leben, nach ihrem Vermögen. Wer die Bergpredigt Jesu liest, kann nicht mehr glauben, dass man vor der Autorität Gottes schrumpft. Die Liebe Gottes emanzipiert uns, wenn wir Gott richtig verstanden haben. Es fängt ja bekanntlich an mit Moses, der die Kinder Israels aus der Versklavung führt, mit Hilfe Gottes. Daher sind Christen – oder sollten es immer sein – freie Menschen, die niemanden gezwungenermaßen untertan sein sollten, schon gar nicht rechtlos oder versklavt. Aber sie erkennen freiwillig Autoritäten an und ordnen sich unter, und sie erwarten auch dass man sich der eigenen Autorität unterordnet, aber immer auf Zeit und jeweils unter den Bedingungen von Freiheit. Damit ist auch der Staat gemeint und dass man dem Kaiser geben soll, was dem Kaiser gehört und Gott was Gott gehört. Mit dieser Beschreibung beantwortet Jesus die Frage, ob es erlaubt sei dem Römischen Kaiser Steuern zu zahlen (der sich so gar nicht nach dem 10 Geboten und der Liebesbotschaft Gottes verhält). Der christliche Glaube ist eigentlich – außer einem vorauszusetzenden großen Vertrauen in Gott – eine gelebte Befreiungsbewegung. Dass dies wo immer wie leben, glauben und arbeiten nur in Ansätzen möglich ist und/oder praktiziert wird, ist eine andere Sache. Und, es ist wichtig: Selbstverständlich können wir keine wirklich vollkommen heile Welt schaffen, höchstens in Ansätzen. Wir sind durch und durch sehr erlösungs-bedürftig Aber wir werden erlöst und zwar vollkommen freiwillig. Christen lieben Gott und können regelrecht in ihn verliebt sein. Aber sie dürfen mit ihm hadern, streiten, ihm Vorwürfe machen, aber auch Dinge erbitten. Der Glaube ist immer auch kindlich im Vertrauen zu denken, allerdings hat dies mit „kindisch“ nichts zu tun. Der Gottesglaube schließt Vernunft mit ein. Das unendliche Universum sagt mir, wie unendlich Gott ist.

    • Klar, auch Gottlose zählen zu den Duckmäusern. Mehrheitlich. Auch Kommunisten haben blindlings und rastlos und verlassen von aller Menschenliebe ihre Zeitgenossen aus dem Weg geräumt. Millionenfach. Doch die größten und lichterlohsten Leichenhaufen inszenierten die Religiösen: Zählt man nur geduldig alle einschlägigen Blutorgien und Kreuzzüge und Judenpogrome zusammen, plus Dreißigjährigen Krieg, plus Inquisition, plus die islamische – totschlaglustige und mordselige – Missionierung, dann kommt keiner an der Wirklichkeit vorbei: Ihre Götter, ob sie nun Herr Gott oder Herr Allah heißen, haben sich als die blutrünstigsten Befehlshaber erwiesen.
      Natürlich sind die Götter schuldlos, und natürlich will keiner von ihnen Blut sehen und Kriege anzetteln. Die ominösen Herren (weibliche Führungskräfte gibt es in einem patriarchalischen Weltbild nicht) wurden erfunden, „geoffenbart“ als furchterregendes Druckmittel in die Welt gezerrt. Denn die Aussicht auf göttliche Rache – wir wissen es längst – ist das Zauberwort, um Milliarden in Furcht und Schrecken zu versetzen.

  3. Glaube und Religion ist immer vernünftig

    Hallo Dieter, was Sie so als eigene existenzielle Interpretation beschreiben ist wie das Bild von den armseligen Wesen. Sie wandern von ihrem Eintritt in diese Welt unaufhörlich weiter, wissen nicht woher sie kommen und auch nicht wohin sie gehen. Über ihrem Leben steht in großen Lettern „sinnlos“! An dieser Stelle könnte man durchaus philosophisch fragen, warum nicht das Nichts ist sondern das Sein, wenn doch dieses Sein wohl ein Zufall ist, keinen Sinn erfüllt und kein Ziel hat. Der Existenzialist könnte sich dann eine Palette von sinngebenden Zielen zurecht legen, die aber wie das Gras im Wind weggeblasen werden, wenn der Tod alles elemeniert. Wir haben – und alles hat – einen Sinn. Für mich als Christ besteht der Sinn in Gott, aus dem wir alle kommen und zu dem wir alle zurückgehen und aus dessen Gedanken das ganze Universum besteht. Ich glaube zwar nicht, dass man aus diesen logischen und vernünftigen Schlussfolgerungen einen christlichen Glauben generierten kann, aber auch das Gegenteil funktioniert nicht: Religion und Glaube ist zutiefst vernünftig, zumindest dann wenn daraus positive Kräfte entstehen, beispielsweise eine Haltung der Liebe, von Achtsamkeit und Respekt. Zugleich sind diese die Wesensmerkmale des christliches Gottes, er ist reine Liebe.

    • Guten Tag Herr Hehner, „Religion und Glaube ist zutiefst vernünftig“. Ein Mensch mit einem Autoritätskomplex ist jemand, der von einer Autorität schrumpft, ja, Angst bekommt, kuscht, automatisch akzeptiert, was die Autorität sagt. Die mag angemaßt sein, aufgeblasen, unverdient, ja,, via Gewalt etabliert worden sein: Egal, sie schüchtert den Komplexbeladenen ein, er pariert. Viele Millionen tun das. Kein Wahn auf Erden wäre ohne diese Heerscharen Folgsamer möglich gewesen.
      Dass ich Autorität achte, ja, verehre, wenn sie sich von tatsächlichen Verdiensten nährt, von Klugheit und ungewöhnlichen Talenten – das versteht sich von selbst. Das Thema kann lebensgefährliche Ausmaße annehmen, wenn es sich um Religion handelt. Sagen wir, um die beiden (mächtigen) Monotheismen Christentum und Islam. Millionen fielen – als Leichen oder zu Krüppeln Gefolterte – dem Gotteswahn und den zwei „ewigen Wahrheiten“zum Opfer. Immer und grundsätzlich mithilfe der Folgsamen, all jener, die lieber nicht denken und lieber nicht fühlen.

  4. Lieber Dieter, ich habe aber diese Liebe erlebt, weil ich – ohne es zu wissen oder in diesem Moment zu wollen – plötzlich Gott ganz tief in meiner Seele begegnet bin. Es gab einen Anlass, nämlich Todesangst. Aber es war eine wirklich existenzielle Erfahrung. Ich kann auch die Gegenwart Gottes in meiner Seele erkennen. Allerdings nicht immer, es gibt eben die Wüstenerlebnisse des Glaubens. So existieren auch ganz existenzielle Zweifel. Ich halte also nicht heldenhaft an einer Liebe fest, die ich nie spüren kann oder gespürt habe, sondern ich habe in diese Liebe (zu Gott) das allergrösste Vertrauen. Versuchs einmal. Ehrlicherweise muss gesagt werden: Es gibt sehr ernsthafte Christinnen und Christen, die nie so eine innere Gottesbegegnung erlebten. Das mindert nicht ihren Glauben. Eher im Gegenteil: Nicht zu sehen und doch zu glauben im Sinne eines ganz großen Vertrauens ist (eigentlich) noch glaubwürdiger. Warum ? Antwort: Weil nach meiner Überzeugung Gott nicht funktioniert.

    • Hallo Herr Hehner, warum dieses fieberhafte Verlangen nach Gott? Wo wir doch – wenn wir nun mit hellen Sinnen durch die Welt gehen – erkennen müssen, dass wir keinen haben. Keinen lieben Gott, auch keinen bösen. Wir haben nur uns. Nur Frauen und Männer, die uns in Zeiten der Bedrängnis beistehen. Oder eben nicht. Glück muss her, die fantastischen Zufälle, die trefflichen Gene, dann kommt einer schwungvoll durch. Fehlt das eine oder das andere, dann bröckelt das Leben, wird armselig und hundsgemein.

  5. Gott arbeitet in der Lebenskrise unten

    Benedikt Elsner schreibt wörtlich „Aber er (Moses) läuft damit auch weg von seinem Volk, seinen Aufgaben und dem Gott, der noch viel mit ihm vorhat“! Moses, der mit Gottes Macht das Volk der Israeliten aus der Sklaverei führte – einer bereits in der Antike für Befreiung und Emanzipation prädestinierter Mensch – ist doch kein Superheld. So wird er in Ägypten zum Mörder und begräbt das Opfer seines (durchaus nachempfindbaren) Hasses im Wüstensand. Später hört man 40 Jahre nichts von ihm. Er ist wie viele große Gestalten der Bibel überhaupt kein Supermann und solche Superfrauen und Supermänner brauchen wir nie zu sein. Moses war es nicht, Abraham ebenso nicht, keinesfalls Petrus der Jesus sogar dreimal verleugnete und schon gar nicht der spätere Völkerapostel Paulus, der zuvor die Christinnen und Christen verfolgte und wohl auch brutal vom Leben zum Tode bringen ließ. Doch als Saulus plötzlich der Liebe Gottes begegnete – vergleichbar mit einem Nahtoderlebnisses – ein großes Licht sah, da konnte er nicht anders als sich mit Haut und Haaren als Paulus für Gott zu entscheiden. Bei Moses war es auch der Brennende Dornbusch oder das dann doch tragisch ausgehende Erlebnis seiner Begegnung mit seinem Schöpfer, der ihm die 10 Gebote ins Herz geschrieben hat.

    Aber das sind gewissermaßen die Anfangs- und/oder Gipfelpunkte eines religiösen Lebens. Es können Tiefpunkte kommen – und meist ist es auch so – als die tiefen Täler des Lebens und der Wüstenerfahrungen des 23. Psalms. Das Gefühl zu haben, eine solche enorme Häufung von Pech, Katastrophen und Hilflosigkeit ist wie ein Schicksal, welches mir mit scheunentorgroßen Tatsachen signalisieren will: Es gibt gar keinen Gott. Es kann keinen liebenden Schöpfer geben. Dann gehören neben dem christlichen Glauben alle Religionen in die Kategorie „Vertröstung auf etwas Unmögliches“. Dabei dürfen wir nicht verharmlosen: Ich denke da an den christlich erzogenen jungen Mann, der mit der Muttermilch bereits den Glauben einsog. Dann als er aus der Geborgenheit des Elternhauses in das Elend des 2. Weltkrieges ziehen musste, verlor er nach Stalingrad den Glauben an einen gerechten und liebenden Gott. So erging es auch jüdischen Menschen, die nach dem Grauen der Konzentrationslager nicht mehr an einen realen liebenden Weltenlenker zu glauben vermochten. Das Grauen war zu groß. Die Urfrage: „Wie kann Gott eine so extreme und unheile Welt zulassen“??

    Aber Gott ist anders. Er trägt uns durchs Leben, ist der Bergführer im 23. Psalm und geht mit uns durch die tiefen Täler und nicht nur in die lichten Höhen der Gotteserfahrung. Wo wir vielleicht Leere und Depression empfinden, trägt er uns durch die Steilhänge der Existenz. Wir merken es oft nicht. In Jesus Christus stieg er ganz tief herab, dort wo die Hitlers, Stalins und alle Gewaltherrscher der Welt vegetieren. Oder die völlig unschuldig Erschossenen, Ermordeten, Missbrauchten, oder die von Menschen versklavt wurden. Oder diejenigen, die auf den Intensivstationen ihren Atem verlieren und von einem Virus in den Abgrund gestoßen werden: „Jesus hat den Schlüssel zur Hölle und zum Tode“. In diesem Bild vom Hinabstieg in den Tod (des Apostolikums) kann auch die bildhafte Vorstellung gehören, dass Jesus noch viel Arbeit hat, die gesamte Menschheit durch viel viel Liebe zu erlösen. Denn Gott würde nicht sagen: „ich versuche wenigstens ein paar aufrechte Menschen zu erlösen, ein kleines Häuflein Aufrechter“! Sondern: Jesus Christus ist gekommen, hat auf Erden gelebt und gepredigt, und er ist für die Erlösung aller Menschen der Welt am Kreuz gestorben.

    Ich glaube an einen Gott, der absolute Liebe ist, auch wenn ich diese Liebe nicht spüre: Der mir alle meine Schuld vergibt und meine (bildlichen) Leichen im Keller meines Lebens. Bei dem ich nie tiefer fallen kann als in seine geöffnete Hand. Es gibt keine größere Gewissheit, als dass am Ende aller Zeiten jegliche Existenz dort endet wo sie begonnen hat, in Gott, wie in einem großen Licht voller Wärme und Liebe. Dann werden wir uns alle entschuldigen müssen bei jenen, die wir nicht genug geliebt haben. Aber auch – symbolisch gesprochen – bei unseren Tieren, die wir schlechter behandelt haben wie unsere Autos oder Computer. Als Christ habe ich Wüstenerfahrung geistlich überlebt, weil ich wusste: Gott ist wie der immer währende Schatten über meiner rechten Hand und er liebt mich nur um meiner selbst willen und nicht wegen meiner öfters grottenschlechten Angewohnheiten und Sünden, Am Kreuz sagte Gott: „Du bist unverdient freigesprochen“!

    • Religion erinnert mich an eine Liebe, die nie erfüllt wird, die nur auf Versprechungen beruht. Und die von den „Liebenden“, den Gläubigen, immer so interpretiert wird, als ob die Liebe, sprich die Gegenliebe – das wäre die Liebe des „ Weltenherrschers“ – , dennoch existierte. Da mag ein Desaster nach dem anderen über sie herfallen, egal, heldenhaft halten Sie an ihrer Liebe fest

      • >Da mag ein Desaster nach dem anderen über sie herfallen, egal, heldenhaft halten Sie an ihrer Liebe fest

        Ja – wie z.B. in jeder guten Ehe 🙂
        Was ist daran schlecht? Die Katastrophen kommen so oder so – ist doch besser wenn man jemanden hat, mit dem man zusammen da durch gehen kann – oder?

        >Wir haben nur uns.

        Quod esset demonstrandum … kann mal jemand meinen angerosteten Lateinkenntnissen auf die Sprünge helfen. Was hieße „Was nicht zu beweisen ist.“ (@Dieter: Klar, genauso wie das Gegenteil. Aber an Gott zu glauben, hat jedenfalls den Vorteil, daß man auch im schlimmsten Fall nicht ganz allein ist – das ist vermutlich der Grund für „dieses fieberhafte Verlangen nach Gott“.)

Die Kommentarspalte wurde geschlossen.

Zuletzt veröffentlicht