Die Kirchen haben die Entscheidung des Bundestages zum Verbot geschäftsmäßiger Suizidbeihilfe begrüßt. Die Abgeordneten hätten ein «starkes Zeichen für den Lebensschutz und damit für die Zukunft unserer Gesellschaft und ihren Zusammenhalt gesetzt», heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.
Der Kasseler Bischof Martin Hein sagt, die Parlamentsentscheidung zur Sterbehilfe liege auf der Linie dessen, wofür die evangelische Kirche eintritt. Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, erklärte in Stuttgart: «Das Geschäft mit dem Tod haben wir als Kirchen aus guten Gründen immer abgelehnt.»
Bischof Hein sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande von Synodenberatungen in Bremen, mit dem Bundestagsbeschluss werde der Raum für eine Gewissensentscheidung gewahrt. Er lobte zudem das hohe Niveau, das die Sterbehilfedebatte vor und während der abschließenden Bundestagsberatung am Freitag ausgezeichnet habe. Bischof Hein ist Mitglied des Deutschen Ethikrates.
Auch der Vorsitzende der Union Evangelischer Kirchen, der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad, begrüßte das neue Gesetz. Damit werde der geschäftsmäßigen Werbung für den Suizid und den auf Wiederholung angelegten Angeboten ein Riegel vorgeschoben. «Niemand darf Geschäfte mit der Not von Menschen machen», sagte Schad.
Das federführend von den Abgeordneten Kerstin Griese (SPD) und Michael Brand (CDU) vorgelegte Gesetz soll Sterbehilfe-Organisationen wie dem Verein Sterbehilfe Deutschland des ehemaligen Hamburger Justizsenators Roger Kusch die Grundlage entziehen. Schon vor der Bundestagsentscheidung hatten sich protestantische Spitzenvertreter hinter diese Initiative gestellt, unter ihnen auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm.
Überraschung bei Abstimmung
In dritter Lesung stimmten am Freitag im Bundestag 360 Abgeordnete für einen Gesetzentwurf, der die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe unter Strafe stellt. 233 Parlamentarier lehnten das Gesetz ab, 9 enthielten sich. Der Antrag der Gruppe um Kerstin Griese (SPD) und Michael Brand (CDU) soll Sterbehilfe-Organisationen wie dem Verein Sterbehilfe Deutschland des ehemaligen Hamburger Justizsenators Roger Kusch die Grundlage entziehen.
Für das Verbot wird dem Gesetz zufolge ein Paragraf im Strafgesetzbuch ergänzt. Er ahndet die grundsätzlich straffreie Suizidbeihilfe, wenn sie geschäftsmäßig, also auf Wiederholung angelegt, angeboten wird.
Der Gesetzentwurf wurde überraschend bereits im ersten Durchgang von einer Mehrheit im Parlament unterstützt. Um in zweiter Lesung angenommen zu werden, musste er mehr Ja-Stimmen erhalten als die anderen Anträge zusammen plus allen Nein-Stimmen. Das galt als unwahrscheinlich. Dennoch erhielten Griese und Brand genug Unterstützung: 309 Abgeordnete stimmten für ihren Entwurf. Wie in solchen ethischen Grundsatzfragen üblich, war der Fraktionszwang aufgehoben.
Ernsthafte Debatte
Der Abstimmung war eine mehr als dreistündige, ernsthafte Debatte vorausgegangen, in der Befürworter und Gegner der Sterbehilfe nochmals für ihre Positionen warben. Die Gruppen um Hintze und Künast erneuerten dabei ihren Vorwurf, das Gesetz zum Verbot organisierter Suizidbeihilfe treffe nicht nur Organisationen, sondern könne auch Ärzte kriminalisieren.
Wenn Ärzte Strafe für eine auf Wiederholung angelegte Suizidbeihilfe fürchten müssten, sei ein offenes und ehrliches Gespräch für den Patienten nicht mehr möglich, sagte Künast. Unterstützer der Griese/Brand-Gruppe wiesen diesen Vorwurf jedoch vehement zurück. So sprach Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) von einer «Regelung mit Maß und Mitte». Beihilfe zum Suizid sei keine Behandlungsvariante, sagte der Minister.
Die Gegner eines strafrechtlichen Verbots argumentierten mit der Selbstbestimmung des Menschen. «Der Kern der Menschenwürde ist die Selbstbestimmung», sagte Bundestagsvizepräsident Hintze: «In der größten existenziellen Not eines Menschen sollte sich der Staat zurückhalten.»
(Quelle: epd)
Falls ihr selbst in einer verzweifelten Situation seid, sprecht mit Freunden und Familie darüber. Hilfe bietet auch die Telefonseelsorge.Sie ist rund um die Uhr anonym und kostenlos erreichbar: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222. Auch die Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.