"Die Christen in Syrien wissen nicht, auf welcher Seite sie stehen sollen", sagte Habib Badr, Leitender Pfarrer der Nationalen Evangelischen Kirche in Beirut, dem Frankfurter Magazin "welt-sichten" (Februarausgabe).
Der Syrien-Koflikt habe die Kirchen in dem arabischen Land nach Expertenmeinung in ein schweres Dilemma gestürzt. "30 Jahre lang hatten die Christen eine gute Beziehung zum Regime, das ihnen Sicherheit garantierte." Deshalb hätten sich einige von ihnen nur zögernd dem Widerstand gegen Präsident Baschar al-Assad angeschlossen. Heute seien viele Christen von der syrischen Opposition enttäuscht.
"Und die radikalen Fundamentalisten, die in Syrien agieren, machen allen von uns große Angst", betonte Badr, der auch stellvertretender Vorsitzender des Missionsrats der "Evangelischen Mission in Solidarität» mit Sitz in Stuttgart ist. "Christen in Syrien haben mehr Angst vor den Fundamentalisten als vor dem Assad-Regime." Der Pfarrer kritisierte, dass die syrischen Kirchenführer es trotz der Bedrängnis an Gemeinsamkeit und Solidarität vermissen ließen. "Die meisten Bischöfe und Patriarchen sorgen sich nur um die Zukunft ihrer jeweils eigenen Kirche", sagte Badr. Dies führe auch zu einem Chaos bei der Verteilung von Hilfsgeldern.
In Syrien sind etwa zehn Prozent der rund 20 Millionen Einwohner Christen. Seit Beginn des Aufstands gegen Assad im März 2011 starben in Syrien mehr als 100.000 Menschen. Millionen sind auf der Flucht. Die Vereinten Nationen schätzen, dass neun Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen sind. Kriegsverbrechen wie die Tötung und Folterung von Zivilisten werden nicht nur dem Regime, sondern auch Rebellengruppen vorgeworfen.
(Quelle: epd)