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Beten und Bibellesen: Was tun, wenn die Zeit dafür fehlt?

In manchen Lebensphasen fehlt die Ruhe für die Zeit mit Gott. Drei Tipps von einer Mutter, die aus Erfahrung spricht.

Von Sonja Sorbara

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Gerade fühle ich mich etwas beraubt. Meine geplante Zeit mit Gott, morgens zwischen 6.30 und 7.30 Uhr, wird momentan komplett umgekrempelt. Wir haben seit den Sommerferien zwei große Kinder, die in auswärtige Schulen gehen und deshalb zwischen 6.00 und 6.30 Uhr aufstehen müssen. Mit dem Aufstehen ist es natürlich nicht getan. Sie essen Frühstück, suchen ihre Sachen, brauchen Luft in ihren Fahrradrädern sowie ein Mittagessen.

Aus und vorbei ist es mit der Stille am Morgen! Denn um 7.30 Uhr wecke ich bereits die nächsten zwei, und ein neuer Kreislauf mit Frühstück, Zähneputzen, Schulsachen zusammensuchen und Streitschlichten beginnt. Schluss mit der Ruhe am Morgen.

Entweder stehe ich um 5.00 Uhr in der Früh auf oder ich verschiebe die Sache auf den späteren Vormittag, Nachmittag oder Abend. Das Problem ist nur, dass ich mich ein kleines bisschen zu gut kenne. Ich weiß nämlich, dass ich, sobald der Tag angefangen hat, nur noch schwer die Ruhe finde, um in die Ruhe zu kommen.

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Mein Problem ist neu und alt zugleich. Ich kann mich an Zeiten erinnern, in denen ich keine fünf Minuten Stille hätte einplanen können. Als unsere vier Kinder klein waren, war ich so erschöpft, dass ich mich in jeder der wenigen Minuten Ruhezeit selbst ausruhen musste. Es ist keine neue Erkenntnis, dass es unterschiedliche Zeiten und Phasen im Leben gibt.

Manchmal sind wir in der glücklichen Lage, uns aussuchen zu können, wann wir Zeit mit Gott verbringen. Oft auch nicht. Darum gibt es auf unserem Weg verschiedene Wegstücke, und wir lernen unseren Gott so immer wieder anders kennen. Was ich in den letzten zwanzig Jahren über Zeit mit Gott gelernt habe, und was mir hilft, will ich hier zusammenfassen.

1. Gott nimmt, was er bekommt

Wie immer unsere Lebenssituation aussieht, es ist nicht die Anzahl Minuten, die die Qualität meiner Zeit mit Gott bestimmt, sondern meine Herzenshaltung. Wenn ich es schaffe, in einem turbulenten Alltag zu Gott um Hilfe zu schreien, wenn meine Gebete nur aus „Bitte!“, „Danke!“ oder „Hilfe!“ bestehen, wenn ich nur Tränen weinen kann und mir die Worte fehlen – dann ist das nicht weniger wert, als wenn ich in geruhsamen Zeiten zwei Stunden in der Bibel lese.

Wir finden in der Bibel folgende Geschichte: „Jesus blickte auf und sah die Wohlhabenden, die ihre Gaben in die Spendenkiste warfen. Dann sah er eine bitterarme Witwe, die dort zwei ganz kleine Kupfermünzen einwarf. Er sagte: ‚Ich sage euch die Wahrheit: Diese arme Witwe hat mehr gegeben als alle anderen zusammen. Denn sie alle haben etwas von dem als Spende gegeben, was sie entbehren konnten. Aber sie hat das, was sie unbedingt braucht, dort eingeworfen, ihren gesamten Lebensunterhalt.‘ “ (Lukas 21,1-4, nach der Bibelübersetzung „Das Buch“ (DBU))

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Bei Gott hat das Geld – und das dürfen wir gerne auch auf die Zeit übertragen – einen relativen Wert. Die zwei kleinen Kupfermünzen waren Gott viel mehr wert als das viele Geld, das von den Wohlhabenden kam. Es war das, was sie geben konnte. Und gemessen an ihrem Besitz war es alles, was sie hatte und was sie aus Liebe zu geben bereit war. Es ist das Herz, das den Unterschied macht.

Wie viel Zeit kann und will ich im Hier und Jetzt mit Gott verbringen?

2. Gott kann mir überall begegnen

Ich habe so meine Bilder, wenn es um die Zeit mit Gott geht. Ich liebe es, auf dem Sofa zu sitzen, am besten mit einer vollen Tasse Kaffee und Ruhe und Ordnung um mich. Ich liebe es ebenso, im Wald spazieren zu gehen und dabei mit Gott im Gespräch zu sein. Unzählige Male habe ich im Wald Gottes Stimme vernommen, unzählige Male ihn da erlebt und mich ihm nahe gewusst. Die Schönheit und die Ruhe der Schöpfung lösen in mir ein großes Staunen aus, und dieses Staunen katapultiert mich fast umgehend in die Gegenwart Gottes.

Ich glaube tatsächlich, dass es Orte gibt, an denen ich Gott leicht begegnen kann, denn diese Orte ermöglichen meiner Seele einen einfachen Zugang zu Gott. Gott selbst ist jedoch völlig unabhängig von Ort und Zeit. Für ihn spielt es keine Rolle, wo ich bin und was ich gerade mache. Er ist immer da, immer bereit, immer ansprechbar. Ob ich Wäsche wasche, Kartoffeln schäle oder mit meinen Kindern ein Spiel spiele.

Überrascht von Gott

Während unserer Urlaubsreise im Sommer hatte ich nie wirklich Zeit für mich allein. Ständig waren wir als Familie zusammen, außer in den Gängen des Supermarkts, wo wir manchmal fürs Mittagessen einkauften. Ich erlebte Gott anders als gewohnt. Ich fand Zeit einzig und allein für Stoßgebete. Aber in diesen Ferien hat Gott mich ganz oft überrascht.

Er war mit uns auf dieser Reise, spürbar. Viele Stoßgebete, viel praktische Hilfe. Nicht mein Bibelwissen hat sich in diesen Ferien erweitert, aber die Gewissheit, dass Gott treu und immer mit von der Partie ist. Es sind nicht unsere Umstände, sondern unser Bewusstsein und unsere Idealvorstellungen, die sich der Realität der Gegenwart unseres Gottes anpassen dürfen. Der französische Mystiker Bruder Lorenz sagte: „Es gibt keinen Unterschied zwischen der Zeit des Gebets und der übrigen Zeit.“ Was ich mit Liebe tue, ist Anbetung. „Ich habe bei allen meinen Arbeiten nur dies Ziel verfolgt, alles aus Liebe zu Gott zu tun.“

Bei welcher Tätigkeit kann ich hier und heute einüben, sie aus Liebe zu tun?

3. Disziplin hat mit Verantwortung zu tun

Was wir – gefühlt – alles müssen! Endlos die Liste von Dingen, die uns guttun oder -täten. Eingeschränkter Handy-Konsum, vollwertige Ernährung, Gartenarbeit, Sport, Zeit an der frischen Luft, kreative Betätigung. Wenn wir Kinder haben, multiplizieren sich die Ansprüche, denn wir wollen ja gute Mütter sein. Und dann noch eine „gute Christin“ … Die Fülle meiner Verpflichtungen und Ideale hat mich schon manches Mal beinahe erdrückt. Ich möchte es ja gut machen. Und auf all das kommt die Zeit mit Gott noch obendrauf.

„Gott hat uns ja nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern einen Geist voller Kraft, Liebe und Besonnenheit.“ (2. Tim. 2,17, nach DBU) Die „Besonnenheit“ wird von der Elberfelder Bibel als „Zucht“ wiedergegeben, und die englische New International Version schreibt: „self-discipline“, Selbst-Disziplin.

„Ein wirkliches ‚Ich will!‘ heißt auch: ‚Ich muss!‘“

„Disziplin“ ist nicht gerade ein beliebtes Wort. Zu sehr ist es verknüpft mit einem ungesunden Leistungsdenken, das letztendlich aus einem Mangel herrührt. Der Grat zwischen einengendem Leistungsdenken und geistgewirkter, befreiender Disziplin ist sehr schmal. Als ich meinen Sohn frage, was er unter „diszipliniert“ versteht, meint er: „Ich glaube, das hat mit Verantwortung zu tun.“

Antschana Schnarr und Annalena Pabst sprechen in ihrem Podcast „Herzfordernd“ über den Unterschied von müssen und wollen. Antschana sagt: „Ein wirkliches ‚Ich will!‘ heißt auch: ‚Ich muss!‘ Und dieses ‚Ich muss!‘ ist nicht von außen aufgedrückt, sondern es ist die natürliche Konsequenz meines eigenen Willens. Wenn ich weiß, was ich wirklich will – dann muss ich auch etwas, aber es kommt von innen, aus meinem eigenen Herzen.“

Verantwortung übernehmen

Disziplin hat mit Verantwortung gegenüber meinen Entscheidungen zu tun. Wenn ich mich engagieren möchte, muss ich Schritte tun. Wenn ich Pause machen möchte, muss ich mich zurückziehen. Wenn ich eine gute Ehe führen möchte, muss ich meinem Mann zuhören.

Was ich möchte oder will, wofür ich mich entscheide, bestimmt mich. Aber ich bin nicht Gefangene eines Systems, sondern übernehme Verantwortung für meine Entscheidungen. Für die Entscheidungen, die ich hier und heute, in meiner aktuellen Lebensphase, treffen kann. Sie können groß oder winzig klein sein. Mein Herz macht den Unterschied.

Welche Entscheidung, was die Gestaltung meiner aktuellen Lebensphase betrifft, möchte ich heute treffen?

Aus Sehnsucht handeln

Ich brauche dringend einen neuen Zeitplan. Zwischen 6.00 und 08.00 Uhr morgens streiche ich jetzt Brote und helfe beim Zusammensuchen von Schulmaterial. Manchmal schaffe ich es tatsächlich, so früh aufzustehen, dass ich Zeit habe, um die Bibel zu lesen, zu hören und zu beten. Das wiederum setzt voraus, dass ich am Abend vorher früh genug zu Bett gehe. In meiner heutigen Lebenssituation mit bereits größeren Kindern geht es um einen Lebensstil, in dem ich gewisse Prioritäten setze. Setzen muss. „Muss?“ Ja, weil ich das will.

Wie die Witwe will ich das geben, was ich hier und heute kann, im Wissen, dass es verschiedene Zeiten im Leben gibt, die verschiedene Anforderungen stellen und Möglichkeiten bieten. Ich will aus Liebe handeln und aus der Sehnsucht heraus, mit meinem Freund, Vater und König Zeit verbringen. Und wenn es mich etwas kostet, darf es das. Nicht, weil ich um meiner Leistung willen geliebt werden will, sondern weil ich mich geliebt weiß und in Freiheit auf diese Liebe antworten will.

Sonja Sorbara ist Erwachsenenbildnerin. In der Gemeinde engagiert sie sich für Leitende und für alles, was mit Gebet zu tun hat. Sie bloggt auf www.himmlischgeerdet.wordpress.com.


Ausgabe 1/23

Dieser Artikel ist in der Frauenzeitschrift JOYCE erschienen. JOYCE ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

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3 Kommentare

  1. Nicht diejenigen, die Herr, Herr sagen kommen ins Himmelreich, sondern diejenigen, die meinen Willen erfüllen! Ist es nicht der Wille Gottes, unsere täglichen Aufgaben zu erfüllen? Erfüllen wir sie in vollen Bewusstsein Gott zu erfreuen, so zu handeln, dass Gott sich darüber freut. Gibt es eine schönere, bessere Hinwendung zu Gott? wird unser ganzer Tag so nicht zum Gebet, zur Erfüllung seines Willens?

    • Mir ist zwar Matthäus 7 bekannt, Jacques. Doch was willst Du uns damit sagen? Etwa, dass ein „richtiger“ Christ dazu verpflichtet ist, täglich in der Bibel zu lesen?. Ich finde, dies greift deutlich zu kurz, denn dadurch wird das, was ich dem Herrn zu geben habe, zur frommen Pflichtübung. Mein Dank und mein Lobpreis werden zum Akt der Gesetzlichkeit.

      Ich habe schon unzählige Male erlebt, dass Gott mich auch – und gerade dann! – trug, wenn mir Zeit und Kraft zum Gebet und Bibellesen fehlten. Dass er da war, wenn mir die Energie fehlte, an ihn zu denken. Das ist es, was in der Bibel als „Gnade“ bezeichnet wird. Gott hat mich angenommen, selbst wenn ich mich nicht „würdig“ erachte. Und das ist es, was auf einer Karte steht, die über meinem Schreibtisch hängt:

      „DU HAST GNADE VOR MEINEN AUGEN GEFUNDEN“ (2. Mose 23,17)

  2. Eine Bekannte wurde einmal für ihre Tageszeitung interviewt. Damals hatte sie fünf schulpflichtige Kinder, war im Betrieb ihres Mannes, in der Gemeinde und in verschiedenen Vereinen und Gremien engagiert. Auf die Frage, wie sie das alles schaffe, antwortete sie, dass sie sich die Kraft für den Tag früh beim Bibellesen holte. Für Die Zeitung war diese Aussage zu „fromm“, weshalb sie bei der Veröffentlichung des Artikels in den Satz „…und Zeit zum Lesen hat sie auch noch!“ geändert wurde. 😉

    Wir hätten das alles niemals auf die Reihe gebracht, waren wir doch mit unserer kleinen Familie, der Berufstätigkeit, zeitweisen Arbeitslosigkeit, Krankeheit und winzigem Engagement in der Gemeinde fast hoffnungslos überfordert. Dennoch, und gerade in den Momenten, wo wir auf unsere eigenen Probleme fixiert waren, durften wie erleben, dass Gott uns nicht vergisst. Dass er auch dann dabei ist, wenn wir glauben, ihn zu vernachlässigen. Und dass er auch die wenige Zeit, die wir mit ihm verbracht haben, wertschätzte. Einfach, weil wir ihm wichtig waren!

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