- Werbung -

Fair Play – gibt es das noch?

Fairness im Sport ist keine Selbstverständlichkeit. Das führt oft dazu, dass Zuschauer mit dem Finger auf unfaire Sportler zeigen – dabei ist Fair Play auch im Alltag eine Herausforderung.

Von Stefan Kleinknecht

- Werbung -

August 2022, Olympiastadion München. Zehnkampf, die Königsdisziplin der Leichtathletik. Die Spannung ist auf dem Höhepunkt. Mittendrin die zwei Hauptakteure: der deutsche Mehrkämpfer Niklas Kaul und der Schweizer Simon Ehammer. Nach zwei Tagen Höchstleistungen und bereits neun absolvierten Wettkämpfen ist klar: Einer der beiden Sportler wird Gold holen, der andere „nur“ Silber. Es ist hauchdünn. Welcher der großen Kontrahenten steht am Ende oben?

Echte Ehrenmänner

Es ist Niklas Kaul, der überglücklich und doch ungläubig auf der Tartanbahn sitzt. Im letzten Moment hat er Simon Ehammer noch die Goldmedaille weggeschnappt. Und der Zweitplatzierte – was macht er? Er läuft zu Kaul hin. Beide nehmen sich in den Arm, herzlich und anerkennend, dem anderen zur starken Leistung gratulierend. Gänsehaut bei allen im Stadion und an den TV-Bildschirmen. Was ein respektvoller Umgang miteinander, beeindruckend! Nicht nur in diesem Moment – schon die ganzen zwei Wettkampf-Tage über: Statt kühl kalkuliert zu kämpfen, glänzen sie durch Gesten der Fairness. Echte Ehrenmänner. April 2023: Für diesen fairen und vorbildlichen Umgang miteinander werden die beiden Leichtathleten mit einem Preis ausgezeichnet: dem Fair-Play-Preis des Deutschen Sports. Dazu die Worte des Laudators Thomas Weikert (DOSB-Präsident): „Ihr beiden gehört zum Besten, was der internationale Zehnkampf zu bieten hat. Ihr habt in München das Gegeneinander in ein Miteinander verwandelt und noch heute bekomme ich Gänsehaut, wenn ich die Fernseh-Bilder sehe. Das Miteinander zählt mehr als nur das reine Endergebnis und es steht für Fair Play, Wettkampf, Respekt und Freundschaft.“ Im Interview danach sagen die beiden Sportler, dass sie es komisch finden, dafür geehrt zu werden.

»WIE SIEHT ES MIT DEM PERSÖNLICHEN FAIR PLAY IM LEBEN AUS?«

Fairer Umgang miteinander sei doch normal. Doch wenn ich mir Sport im TV anschaue, ist das leider heutzutage nicht immer und überall so „normal“. Vor allem die meistbeachtete Sportart Fußball scheint da ein besonders großes Fairness-Problem zu haben: Wilde Diskussionen mit dem Schiedsrichter nach fast jedem Pfiff, vorgetäuschte Schmerzen nach einem Foul, absichtliches Zeitspiel etc. Von Entscheidungen der sogenannten Fußball-Funktionäre ganz zu schweigen. Natürlich gibt es auch auf dem Fußballplatz positive Beispiele – insgesamt frage ich mich trotzdem häufig: Warum wirkt gerade der hoch bezahlte und viel beachtete Fußball als eher unfair?

- Weiterlesen nach der Werbung -

Gleichzeitig merke ich: Es ist einfach, mit den Fingern auf die Fußballprofis zu zeigen. Denn wenn ich es herunterbreche, muss ich mich selbst ebenso fragen: Wie sieht es mit dem persönlichen Fair Play in meinem Leben aus, über den Sport hinaus: meiner Frau und den Kindern gegenüber? Den Kolleginnen und Kollegen bei der Arbeit? Den Bekannten und Freunden in der Freizeit? Im Umgang mit Geld und Besitz? Mit Umwelt und Natur? Und letztendlich auch im Umgang mit mir selbst?

Bei sich selbst beginnen

Ich stelle fest, dass Fairness und Gerechtigkeit sehr hohe Werte in meinem Leben sind. Dennoch gibt es hier Baustellen und Verbesserungspotenzial. So nehme ich mir vor, im neuen Jahr nochmals verstärkt auf einen fairen Umgang zu achten – passend zur Jahreslosung 2024: Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe (1. Korinther 16,14). Auch wenn ich dafür vermutlich nie einen Fair-Play-Preis wie die Leichtathletik-Jungs bekommen werde, würde ich mir wünschen, von anderen als fair bezeichnet zu werden. Gleichzeitig freue ich mich auf hoffentlich ganz viele Sportmomente, in denen ich am Bildschirm sitze und denke: Wow, tolles Vorbild – so geht Fair Play.

Stefan Kleinknecht ist Redakteur bei den Marburger Medien


Dieser Artikel ist in der Zeitschrift MOVO erschienen. MOVO ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

Zuletzt veröffentlicht

1 Kommentar

  1. Fairplay ist eine Sache von Erziehung, Vorbild und Anerkennung.

    Wenn sportliche Vorbilder wie im Radrennsport Menschen wie Armstrong oder Ulrich sind, die auch heute noch teilweise hofiert werden und bis heute durch ihren Betrug verdienen, braucht man sich nicht zu wundern, wenn dort bis heute gedopt wird, was geht.

    Wenn man (früher mehr, heute wohl aber immer noch) im Fussball einen begnadeten gegnerischen Fussballer absichtlich (früher sicher -heute vielleicht auch noch- auf Traineranweisung) so umgrätscht, dass für ihn das Spiel und evtl. auch die Karriere vorbei ist, dann braucht man nicht von Fairplay zu reden.

    Gegenbeispiel: Billardsport (Pool, Snooker, etc.): Hier lernen schon die jüngsten, dass man ein Foul auf dem Tisch immer sofort zugibt, selbst wenn es kein anderer bemerkt hat. Selbst wenn man dadurch die Partie verliert. Bei Turnieren im Jugendbereich wird auch oft ein Fairplay-Pokal verliehen. Und Fairplay wird bis in die höchsten Profikreise wie selbstverständlich gelebt. Undenkbar, dass ein Profi ein Foul nicht zugibt.

    Mein früherer Verein hatte eine große Jugendabteilung. Normale Jungs und Mädchen. Aber am Tisch geradezu penibel fair und genau. Ich glaube, das war auch so, weil es eigentlich heute eine so ungewöhnliche Verhaltensweise ist. Es war etwas besonderes und das fanden sie toll. Und nicht nur fair, die blieben freiwillig da, um die Tische zu säubern und ähnliches. Ich glaube nicht, dass die alle auch ihr Zimmer so sauber hielten.

    Aber das ist dort üblich, anerkannt und wird eben auch von den Vorbildern so gelebt und verkörpert.

    Und das ist es, was wichtig ist, nicht nur im Sport.

Die Kommentarspalte wurde geschlossen.