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Wegen Ehebruch: Pastor verliert alles und wird LKW-Fahrer

Chad Bird ist Professor, Prediger, Ehemann und Familienvater, doch nach einem Seitensprung bricht seine heile Welt zusammen. Ein Gespräch über Stolz, Egoismus und Vergebung.

Chad, deine Frau hat dich mit deinen Kindern verlassen, du warst deinen Job und deinen Ruf los. Was hat dich davon abgehalten, dein Leben zu beenden?

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Chad Bird: Es war ganz einfach die Hand Gottes. Ich weiß noch, wie ich die Pistole in der Hand hielt, in die schwarze Nacht starrte und das Gefühl hatte, dass mein Leben bereits vorbei war. Ich war voll von Scham und Selbstverachtung. Alles, selbst der Tod, war besser als das. Ich wollte einfach nur, dass das alles aufhört.

Ich weiß nicht genau wie, aber irgendwie drückte Gott meine Hand weg. Und selbst dann, als ich von dunklem Leid umgeben war, schenkte er mir einen kleinen Lichtblick. Ich lebte einen weiteren Tag, dann noch einen, bis mir schließlich das Leben wieder eine bessere Option als der Tod zu sein schien.

Wie bist du an diesen Tiefpunkt gekommen? Du schreibst in deinem Buch, dass „die Dinge, die wir am meisten wollen, oftmals die Dinge sind, die uns zerstören“. Welche Dinge waren das bei dir?

Bird: Mehr als alles andere strebte ich nach Anerkennung, nach der Art von Erfolg, um die mich andere insgeheim beneiden würden. Dies nahm die Form eines Seminarprofessors an, aber das war nur die äußere Form. Im Kern ging es mir um ein Gefühl des Stolzes, besser zu sein als andere.

Du hast dann als Truckerfahrer angeheuert. Die ganze Zeit allein unterwegs – ohne Familie, ohne Freunde. Wie bist du mit der Einsamkeit klargekommen?

Bird: Schlecht! Heute sage ich den Leuten oft, dass sie von meinem Beispiel lernen sollen, was sie nicht tun sollen. Wenn ich allein war, war es schwer, meinem Bedauern, meinen Ängsten und meiner Wut zu entkommen. Um den inneren, nagenden Schmerz zu betäuben, trank ich viel zu viel Alkohol. Und ich suchte vorübergehendes Vergnügen und Erleichterung in den Armen von Frauen.

Das war Flucht, schlicht und einfach. Anstatt mich meinen Fehlern zu stellen und Hilfe bei Gott und anderen zu suchen, versteckte ich mich vor ihnen und ertränkte meinen Kummer in Alkohol und Sex.

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Kam bei dir nie das Gefühl auf, dass Gott dich verlassen haben könnte?

Bird: Ich war mir nicht sicher, ob Gott mich verlassen hatte, wütend auf mich war oder einfach mit mir spielte wie eine Katze mit einer Maus. An manchen Tagen war ich sicher, dass Gott mich in die tiefsten Abgründe der Hölle werfen würde.

An anderen Tagen, während ich mit meinem Lastwagen fuhr, diskutierte ich mit Gott, flehte ihn an oder verhandelte mit ihm. Er war ein schwer fassbarer Schatten in meinem Leben und ich wusste nie, ob er mich zu sich winkte, um mich zu umarmen, oder ob er ein Messer in der Hand hielt.

Eine Freundin hatte dir damals geraten, dass du dir selbst vergeben sollst, nachdem dir Gott vergeben hat. Viele würden dieser Aussage zustimmen. Was stört dich an ihr?

Bird: Selbstvergebung ist zwar heutzutage eine beliebte Idee, aber ein Ding der Unmöglichkeit. Es ist, als würde man einem Sterbenden sagen: „Heile dich selbst.“ Der Blick nach innen, „uns selbst zu vergeben“, ist der denkbar schlechteste Weg zur Heilung. Wie die Medizin kommt auch die Absolution von außen, von der Hand unseres göttlichen Heilers. Mein Problem war, dass ich nicht glaubte, dass Gott mir vergeben hatte.

„Wir sehen in diesen Geschichten Gott, der uns nicht im Stich lässt, wenn wir uns verirren, sondern uns hinterherjagt, um uns nach Hause zu bringen.“

Chad Bird

Du hast die Bibel nochmal ganz neu kennengelernt. Was hat sich verändert? Was fasziniert dich an diesem Buch?

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Bird: Auf einer tieferen Ebene erkannte ich, dass die Bibel von echten Menschen berichtet, die wie wir sind: mit kriselnden Ehen, rebellischen Kindern und einer beschämenden Vergangenheit. Die Heilige Schrift versucht nicht, die Schwächen und Fehler der Menschen zu verbergen. Noch wichtiger ist, dass diese schwachen Menschen, die oft schreckliche Dinge tun, die Objekte von Gottes Sorge und Mitgefühl sind.

Obwohl die Bibel ein altes Buch ist, ist sie unglaublich aktuell. Sie spiegelt unser Leben wider. Wir sehen in diesen Geschichten Gott, der uns nicht im Stich lässt, wenn wir uns verirren, sondern uns hinterherjagt, um uns nach Hause zu bringen.

Wie war es für dich, als deine 14-jährige Tochter dich gefragt hat, warum du ihre Mutter betrogen hast?

Bird: Als sie an diesem Abend fragte, hätte ich lügen können. Ich hätte der Frage ausweichen können. Aber ich gab ihr die ehrliche Antwort. Das tat weh. Es hat mich tief getroffen. Und das ist genau das, was ich brauchte.

Ich nahm die Maske ab, zeigte ihr mein wahres Ich und sie vergab mir. Das war der Moment, in dem ich erkannte, dass Freiheit nicht im Verstecken, sondern in schmerzhafter Ehrlichkeit liegt. Sie vergab mir, so wie Gott mir vergab.

Nicht alle Fehler der Vergangenheit lassen sich ungeschehen machen. Wie gehst du mit Verletzungen und Narben um?

Bird: In seiner Vergebung hat Gott meine Lügen und meinen Ehebruch vergessen, aber ich nicht – und andere auch nicht. Selten, aber doch manchmal werden diese vergangenen Sünden gegen mich verwendet, um mich zum Schweigen zu bringen oder zu beschämen. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, diese Situationen auszunutzen, um mich an meine menschliche Schwäche zu erinnern, aber auch an die Freude, die ich empfinde, wenn ich nichts zu verbergen habe.

Ich bin ein öffentlicher Sünder, dem von Gott vollständig vergeben wurde. Außerdem habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, ein guter Verwalter meiner Narben zu sein: Frei und offen über meine Rebellion und Sünde zu sprechen, damit ich anderen Hoffnung und Trost spenden kann.

„Ich erlaube mir nie zu glauben, dass ich jetzt nicht mehr zu denselben Taten fähig bin, die ich früher begangen habe.“

Chad Bird

Hast du Angst, dass du dein Leben ein weiteres Mal gegen die Wand fahren könntest?

Bird: Ja, absolut. Ich erlaube mir nie zu glauben, dass ich jetzt nicht mehr zu denselben Taten fähig bin, die ich früher begangen habe. Die Versuchungen der Lust und der Lüge, des Stolzes und der Arroganz, des egoistischen Ehrgeizes und der Eitelkeit, sie werden nie verschwinden.

Ich weiß, dass ich in diesem Leben damit rechnen kann, bis zu meinem Todestag versucht zu werden. Bis dahin bete ich zu Gott um seine Gnade und seinen Schutz. Ich lebe jetzt Ehrlichkeit und Offenheit gegenüber meiner Frau.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Andreas Schmierer.

Buchtipp: „Night Driver. Prediger. Ehebrecher. Begnadigter.“ (BRUNNEN Verlag) von Chad Bird


Falls ihr selbst in einer verzweifelten Situation seid, sprecht mit Freunden und Familie darüber. Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist rund um die Uhr anonym und kostenlos erreichbar: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222. Auch die Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfestellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention. 


Ausgabe 2/23

Dieses Interview ist in der Männerzeitschrift MOVO erschienen. MOVO ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

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1 Kommentar

  1. Gottes Gerechtigkeit kommt durch Vergebung

    „Ich bin ein öffentlicher Sünder, dem von Gott vollständig vergeben wurde“! So, denke ich, sollten wir als Christinnen und Christen wirklich leben. Nur exemplarisches Leben unserer Jesusnachfolge wird auch andere überzeugen, weil es diese Lebensalternative gibt. „Wir sind allzu mal Sünder und mangeln des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollten“! Es gibt keinen vollkommenen Christen, sondern wir sind immer Freigesprochene, denn unsere Gerechtigkeit ist eine Geschenkte, am Kreuz erworben, durch den stellvertretenden Tod Christi. Chad Bird liegt da vollkommen richtig, so selbstkritisch mit sich umzugehen, zugleich aber auch sich selbst zu vergeben wenn Gott dies schon getan hat. Kaum verstehe ich da seine Kirche. die ihn – aber dies zumindest zwischen den Zeilen – da eilend hinausgeworfen hatte wegen seinem Ehebruch. Aber bei Menschen bei denen – aus welchen Gründen auch immer – die Ehe getrennt ist/wird, ob schuldig oder unschuldig, überwiegt das Leid und Elend einer Trennung selbst bei weitem dem einer Bestrafung. Dabei geht es bei Trennung/Scheidungauch selten um die Kategorie Schuld, sondern um jene eines (oft gegemsei-tigen) Scheiterns und Versagens. Es ist sehr schwer nach dem Text aus 1. Korinther 13 zu leben, nämlich dass die Liebe langmütig und freundlich ist, nicht hadert und Schuld nicht zurechnet. Dass wir jemand noch treten der schon gefallen ist, würde wohl Jesus auch unter sehr moralischen und ethischen Gesichtspunkten nicht gut finden. Die Ehebrecherin wollte er nicht bestraft sehen (nicht nur wegen der brutalen Steinigung), sondern weil die Richtenden, als die in Reihe stehenden sogenannten Gerechten, vor Gott ihre eigenen Leichen im Keller hatten (die es auch wussten, denn sie gingen beschämt von dannen). Es waren damals die Männer, die die Ehebrecherin bestrafen wollten. Vielleicht klingt da unausgesprochen an, dass ihre Ehebrüche offensichtlich toleriert wurden. Dies erinnert mich ein wenig an Eva im Paradies, die zuerst jene Grenzüberschreitung beging, dann aber auch noch den armen Adam mit herabzog – es sind also immer die Frauen schuld. Nun meine ich nicht, es müsse erst mal der Mann Schuld sein, oder Chad Bird. Eigentlich will doch Jesu Bergpredigt, und damit Jesus selbst, dass wir gar nicht richten. Denn mit dem Maßstab, den wir also anderen Menschen anlegen, werden wir auch gemessen. Nicht richten heißt nicht, etwas nicht falsch finden und alles zu tolerieren. Gott hat das Regelwerk der Gerechtigkeit aber auf den Kopf gestellt: Statt uns für unsere Sünden zu bestrafen, hat sich Jesus freiwillig für unsere Schuld richten lassen und damit verwandelte Gott unsere Strafe in Liebe. Gott wird auch nur liebevoll bestrafen, weil er unser aller Besserung will. Dieser Planet wäre schon ein wunderbares Paradies, wenn wir Menschen in privaten Umgang uns unsere Schuld und die Versäumnisse gegenseitig vergeben würden. Jedenfalls dies würde die Gerechtigkeit, die Gott will, wieder herstellen.

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