Paul Gerhardt beschreibt in diesem Lied anschaulich die Auferstehung Jesu. Diese bringt ihn trotz des Leids in dieser Welt dazu, zu singen: „Die Welt ist mir ein Lachen …“.
- Auf, auf, mein Herz, mit Freuden,
Nimm wahr, was heut‘ geschieht!
Wie kommt nach großem Leiden
Nun ein so großes Licht!
Mein Heiland war gelegt
Da, wo man uns hinträgt,
Wenn von uns unser Geist
Gen Himmel ist gereist. - Er war ins Grab gesenket,
Der Feind trieb groß Geschrei.
Eh‘ er’s vermeint und denket
Ist Christus wieder frei
Und ruft: Viktoria!
Schwingt fröhlich hier und da
Sein Fähnlein als ein Held,
Der Feld und Mut behält. - Der Held steht aus dem Grabe
Und sieht sich munter üm:
Der Feind liegt und legt abe
Gift, Gall und Ungestüm.
Er wirft zu Christi Fuß
Sein Höllenreich und muß
Selbst in des Siegers Band
Ergeben Fuß und Hand. - Das ist mir anzuschauen
Ein rechtes Freudenspiel;
Nun soll mir nicht mehr grauen
Vor allem, was mir will
Entnehmen meinen Mut
Zusamt dem edlen Gut,
So mir durch Jesum Christ
Aus Lieb‘ erworben ist. - Die Höll‘ und ihre Rotten,
Die krümmen mir kein Haar;
Der Sünden kann ich spotten,
Bleib‘ allzeit ohn‘ Gefahr;
Der Tod mit seiner Macht
Wird schlecht bei mir geacht’t;
Er bleibt ein totes Bild,
Und wär‘ er noch so wild. - Die Welt ist mir ein Lachen
Mit ihrem großen Zorn;
Sie zürnt und kann nicht machen,
All‘ Arbeit ist verlor’n.
Die Trübsal trübt mir nicht
Mein Herz und Angesicht;
Das Unglück ist mein Glück,
Die Nacht mein Sonnenblick. - Ich hang‘ und bleib‘ auch hangen
An Christo als ein Glied;
Wo mein Haupt durch ist gangen,
Da nimmt er mich auch mit.
Er reißet durch den Tod,
Durch Welt, durch Sünd‘ und Not,
Er reißet durch die Höll‘,
Ich bin stets sein Gesell. - Er dringt zum Saal der Ehren,
Ich folg‘ ihm immer nach
Und darf mich gar nicht kehren
An einzig Ungemach.
Es tobe, was da kann,
Mein Haupt nimmt sich mein an;
Mein Heiland ist mein Schild,
Der alles Toben stillt. - Er bringt mich an die Pforten,
Die in den Himmel führt,
Daran mit güldnen Worten
Der Reim gelesen wird:
Wer dort wird mit verhöhnt,
Wird hier auch mit gekrönt;
Wer dort mit sterben geht,
Wird hier auch mit erhöht.
Paul Gerhardt (1647)
Aus einem Trauerfall wird ein Freudenfest
Das Lied „Auf, auf, mein Herz mit Freuden“ beginnt mit einem (doppelten!) Aufruf. Es geht um ein Ereignis, das unbedingt wahrgenommen werden soll. Und zwar von Herzen. Was ist geschehen? Etwas völlig Überraschendes! Jesu Auferstehung. Aus einem Trauerfall wird ein Freudenfest. Der Dichter Paul Gerhardt beschreibt es sehr anschaulich. Fast hat man den Eindruck, er habe eine bildliche Darstellung vor Augen.
Oder schildert er sogar die Aufführung auf einer Bühne? Gemälde zu jenem Ereignis gab und gibt es etliche! Als das Lied entstand, wurden an Schulen regelmäßig Mysterienspiele aufgeführt. Nicht nur die – bis heute beliebten – Krippenspiele, sondern auch solche, die andere hohe Feste der Christenheit zum Inhalt hatten. Darunter die Auferstehung, die in unserem Lied versinnbildlicht wird. Bezieht sich der Anfang der vierten (heute dritten) Strophe womöglich auf eine solche Aufführung, auf ein rechtes Freudenspiel? Durchaus möglich.
Kongenial vertont
Der Dichter Paul Gerhardt und der Komponist des Liedes, Johann Crüger, haben (nicht nur in diesem Fall!) eng kooperiert. Gerhardt hat, anders als meistens, wohl keine bestimmte Melodie im Kopf gehabt: Der dramatische Text wurde original und kongenial von seinem Freund Crüger vertont. Der war Kantor der Berliner Nikolaikirche und des zugehörigen Gymnasiums zum Grauen Kloster.
„Die Lerche schwingt sich in die Luft“. Der Aufschwung der Lerche, die stufenweise immer höher „gen Himmel reist“, ist geradezu das Leitmotiv der Melodie. Gerhardt stellt das gefeierte und reflektierte Heilsereignis der Auferstehung Jesu bildreich als einen Triumph dar, der Folgen für ihn hat. Und für jeden Glaubenden.
Crüger vertont es sinnbildlich – die tiefsten Töne der Melodie gelten der Trauer am Grab, der höchste Ton dem hohen Himmel. Und den Weg dorthin hat das Haupt Jesus Christus erschlossen. Ihm will und darf der Glaubende folgen – als Glied des Leibes Christi, als einer, der Christus geradezu „anhängt“, als dessen Gesell[e]. In bester Gesellschaft bis zum himmlischen Ziel, dem Saal der Ehren, bis zur Pforte, die in den Himmel führt.
Jesus ist Sieger
Anschaulich beschreibt Gerhardt, was dort gelesen werden kann: Eine „goldene“ Inschrift, die in Reime gefasste Bibelstelle 2.Timotheus 2,11+12a. Das Irdische, Bedrohliche, Vergängliche, ja: der Tod – das alles liegt nun, aus himmlischer Perspektive betrachtet, dort. Wer im Vertrauen auf Christus, den Erhöhten, lebt und stirbt, wird hier auch mit erhöht, wird teilhaben an Christi Herrschaft.
Denn der Heiland ist der Held des Dramas: Er, der Sieger, ruft Viktoria und schwingt fröhlich hier und da – auf Erden und im Himmel – sein Fähnlein, Zeichen des Sieges über Hölle, Sünde, Tod, Not. Und deswegen singt Gerhardt – geradezu kühn und keck formulierend! – bei aller irdischen Trübsal: „Die Welt ist mir ein Lachen …“.
Text: Günter Balders