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Nun gib uns Pilgern aus der Quelle

Dieses Lied entstand 1935 mitten im „Kirchenkampf“. Das spiegelt sich im Text wider.

  1. Nun gib uns Pilgern aus der Quelle
    der Gottesstadt den frischen Trank;
    lass über der Gemeinde helle
    aufgehn dein Wort zu Lob und Dank.
  2. Gib deiner Liebe Lichtgedanken
    mit Vollmacht uns in Herz und Mund;
    mach, woran Leib und Seele kranken,
    durch deine Wunderhand gesund.
  3. Schließ auf, Herr, über Kampf und Sorgen
    das Friedenstor der Ewigkeit.
    In deiner Burg sind wir geborgen,
    durch dich gestärkt, zum Dienst bereit.
  4. Zeig uns dein königliches Walten,
    bring Angst und Zweifel selbst zur Ruh.
    Du wirst allein ganz recht behalten;
    Herr, mach uns still und rede du.

Otto Riethmüller

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Mitten im Kirchenkampf entstanden

Im Lied „Nun gib uns Pilgern aus der Quelle“ geht es um die wichtigste „Erfrischung“ im Gottesdienst: Das Wort Gottes. Das Lied ist ein vor der Predigt zu singendes Gebet, voller erhellender Bilder (Psalm 36,9f), voller konkreter Bitten. Der zweiten Strophe merkt man an, dass die Bitten von einem Prediger stammen, dem die Verkündigung ein Herzensanliegen war: Otto Riethmüller. Und wer von Gott bevollmächtigt, dessen Liebe predigt, also preist, der hofft darauf und bittet darum, dass wunderbare Dinge geschehen.

Die nächste Strophe zeigt deutliche Spuren der Entstehungszeit. Das Lied erschien 1935. Der Friede ist gefährdet. Wir befinden uns mitten im Kirchenkampf, der den Kirchen viele Sorgen und Probleme bescherte. [Als Kirchenkampf bezeichnet man den Konflikt innerhalb der Deutschen Evangelischen Kirche zwischen der Bekennenden Kirche einerseits und den Deutschen Christen anderseits, von 1933 bis etwa zum Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939; Anm. d. Red.] Aber Riehtmüller fügt ein Bekenntnis hinzu, das wohl nicht ganz zufällig an das bekannte Lutherlied „Ein feste Burg ist unser Gott“ anknüpft. Die Probleme häufen sich, nicht nur damals. Wie sagt der Volksmund? „Davon kann ich ein Lied singen!“ In der Tat, vieles beunruhigt, von Angst bis Zweifel. So endet das gesungene Gebet mit der Bitte um Ruhe und mit dem Bekenntnis, dass Gott der Herr aller Dinge ist. Er allein soll zu Wort kommen.

Erfinder der Jahreslosung

Riethmüller verdanken wir die Tradition der Jahreslosung. Der trat eben nicht nur als Dichter und Bearbeiter christlicher Lieder hervor. 1928 war er zum Direktor des „Evangelischen Reichsverbandes weiblicher Jugend“ berufen worden. Hier führte er ein: Bibelleseplan, Monatssprüche und -lieder sowie (ab 1930) die Jahreslosung. Für das Jahr 1934 wählte er die Losung: „Des Herrn Wort aber bleibet in Ewigkeit“ (1. Petrus 1,25).

Den Text des Liedes „Nun gib uns Pilgern aus der Quelle“ schuf er im Folgejahr 1935 und veröffentlichte ihn in der Zeitschrift „Junge Gemeinde“. In den Nachkriegsausgaben der Jugendliederbücher „Der helle Ton“ / „Ein neues Lied“ wird für das Singen auf die Melodie „O dass doch bald dein Feuer brennte“ verwiesen. Eine eigens für den Text geschaffene Melodie von Johannes Petzold entstand bereits 1940 und wurde 1941 in den Bundesgaben des Christlichen Sängerbundes veröffentlicht und so in viele Liederbücher übernommen. Überschrift im Erstdruck: „Der Gottesdienst der Gemeinde“.

Heute ist es leider nur noch in wenigen Gesangbüchern zu finden. Finden kann man das Lied „Nun gib uns Pilgern aus der Quelle“ noch im Gesangbuch der Evangelisch-methodistischen Kirche sowie im Gnadauer Liederbuch „Jesus unsere Freude“. Und auch im Evangelischen Gesangbuch Württembergs. Der 1889 geborene Riethmüller hat den Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt. Er verstarb kurz vor seinem 50. Geburtstag, also vor nun mehr als 80 Jahren.

Text: Günter Balders


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