Erst überfallen Räuber Georg Neumark und er verliert all seinen Besitz, dann wird er als Hauslehrer angestellt. Gottes Hilfe in dieser schweren Zeit verarbeitet Neumark in einem Lied.
- Wer nur den lieben Gott lässt walten
und hoffet auf ihn allezeit,
den wird er wunderbar erhalten
in aller Not und Traurigkeit.
Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut,
der hat auf keinen Sand gebaut. - Was helfen uns die schweren Sorgen,
was hilft uns unser Weh und Ach?
Was hilft es, dass wir alle Morgen
beseufzen unser Ungemach?
Wir machen unser Kreuz und Leid
nur größer durch die Traurigkeit. - Man halte nur ein wenig stille
und sei doch in sich selbst vergnügt,
wie unser’s Gottes Gnadenwille,
wie sein Allwissenheit es fügt;
Gott, der uns sich hat auserwählt,
der weiß auch sehr wohl, was uns fehlt. - Er kennt die rechten Freudenstunden,
er weiß wohl, wann es nützlich sei;
wenn er uns nur hat treu erfunden
und merket keine Heuchelei,
so kommt Gott, eh wir’s uns versehn,
und lässet uns viel Guts geschehn. - Denk nicht in deiner Drangsalshitze,
dass du von Gott verlassen seist
und dass ihm der im Schoße sitze,
der sich mit stetem Glücke speist.
Die Folgezeit verändert viel
und setzet jeglichem sein Ziel. - Es sind ja Gott sehr leichte Sachen
und ist dem Höchsten alles gleich:
Den Reichen klein und arm zu machen,
den Armen aber groß und reich.
Gott ist der rechte Wundermann,
der bald erhöhn, bald stürzen kann. - Sing, bet und geh auf Gottes Wegen,
verricht das Deine nur getreu
und trau des Himmels reichem Segen,
so wird er bei dir werden neu;
denn welcher seine Zuversicht
auf Gott setzt, den verlässt er nicht.
Georg Neumark
Trost und Hilfe in Zeiten des Leidens
In älteren Gesangbüchern gab es eigentlich immer eine Rubrik mit der Überschrift „Kreuz- und Trostlieder“. Sie enthielt eine Fülle von Liedern, die den Gläubigen in Zeiten des Leidens und der Traurigkeit Trost und Hilfe sein können. „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ ist solch ein Trostlied.
Von Räubern überfallen
Der Dichter Georg Neumark hat die Entstehungsgeschichte seines Liedes selber erzählt. Es war im 22. Jahr des Dreißigjährigen Krieges. Neumark, damals ein junger Student von kaum zwanzig Jahren, war auf dem Weg nach Königsberg, der Universitätsstadt, in der sich zu dieser Zeit um den berühmten Simon Dach die tüchtigsten Poeten deutscher Zunge sammelten.
Unterwegs ging es Neumark wie jenem Mann, der von Jerusalem nach Jericho reisend unter die Räuber fiel. Er wurde Opfer eines Raubüberfalls und verlor seine sowieso bescheidene Studentenhabe. Die schlimme Geschichte nahm ein gutes Ende. Neumark fand in Kiel eine Anstellung als Hauslehrer und nun gab er in einem Lied weiter, wie er in dieser schweren Zeit die Hilfe seines Gottes erfahren hatte.
Warmherzige Einladung, Gott in schweren Zeiten zu vertrauen
Das Lied „Wer nur den lieben Gott lässt walten“, zu dem Neumark übrigens die Melodie selbst komponierte, hat sieben Strophen. Von Anfang bis Ende ist es eine warmherzige Einladung zum Gottvertrauen in Zeiten, in denen uns „die schweren Sorgen“ drücken und wir eigentlich guten Grund hätten, uns mit „Weh und Ach“ über unser „Ungemach“ zu beklagen.
Dabei spricht Neumark manchmal ganz allgemein und unpersönlich vom rechten Verhalten in Leidenszeiten (Strophe 1 und 6); manchmal gebraucht er ein „wir“ und „uns“, in dem er sich mit allen Leidenden zusammenschließt (Strophe 2 und 4); gelegentlich wendet er sich seelsorglich mit dem ganz persönlichen „du“ an den Leidenden (Strophe 5 und 7).
„Welcher seine Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt er nicht“
Der junge Dichter beweist in seinem Lied eine beachtliche Sprachkraft, die gerne neue Worte bildet: „Gnadenwille“, „Freudenstunden“, „Drangsalshitze“, „Folgezeit“. Viele Aussagen des Liedes „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ kann man sich als Sinn- und Merkspruch einprägen oder aufschreiben.
Vor allem die Schlusszeilen der einzelnen Strophen eignen sich hierfür. So endet das Lied mit der tröstlichen Verheißung: „Welcher seine Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt er nicht“.
Text: Reinhard Deichgräber