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Experte: Mehr Suizidprävention statt „Verschlimmbesserung“ bestehender Gesetze

Zurzeit arbeitet der Bundestag einer Neuregelung der Sterbehilfe. Der Theologe Peter Dabrock fürchtet mehr Bürokratie. Er sieht den Handlungsbedarf an drei anderen Stellen.

Der frühere Ethikratsvorsitzende Dabrock hält Suizidprävention für das oberste Ziel in der Debatte um Sterbehilfe. Im Deutschlandfunk unterstrich der evangelische Theologe am Dienstag seine Position dazu, auf das geplante Gesetz zur Regelung der Suizidassistenz zu verzichten. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil von 2020 habe es „keinen Dammbruch gegeben“. Alle drei im Bundestag diskutierten Entwürfe ließen eine „Verschlimmbesserung“ befürchten.

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Auf das Urteil hätten sowohl die Wohlfahrtsverbände als auch die Ärzte in ihren Standesregelungen reagiert. Insbesondere die Situation der Mediziner habe sich signifikant verbessert, Beihilfe zum Suizid sei nicht mehr berufsrechtlich verboten, die Ärztinnen und Ärzte seien in ihrer Beratungsrolle gestärkt worden. Alle drei Gesetzesvorschläge würden hingegen zu einer Bürokratisierung führen. Dass dann die Sterbehilfevereine als professionelle Helfer profitieren, „das kann man ja auch nicht wollen“, sagte Dabrock, der bis 2020 Vorsitzender des Deutschen Ethikrates war.

Ethik-Experte: Suizid enttabuisieren

Dabrock hatte am Montag zusammen mit dem Theologen Reiner Anselm, der Palliativmedizinerin und Klinikdirektorin Claudia Bausewein und dem Staatsrechtler Wolfram Höfling einen Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ veröffentlicht. Darin forderten sie, das Geld, das in der Folge eines Gesetzes für Begutachtungsverfahren und Beratung aufgewendet werden müsste, in Suizidprävention sowie die Palliativ- und Hospizversorgung zu stecken.

Im Deutschlandfunk sprach sich Dabrock dafür aus, das Thema Suizid in der Gesellschaft zu enttabuisieren, um jenen Menschen zu helfen, die daran dächten, sich das Leben zu nehmen. So werde es möglich, offene Gespräche zu führen, vor allem mit Ärztinnen und Ärzten, die die Menschen teils langjährig begleiten.

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Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 geurteilt, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch das Recht umfasst, hierbei Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Eine bis dahin geltende Regelung, die organisierte Suizidassistenz von Sterbehilfeorganisationen verboten hatte, erklärte das Gericht für nicht zulässig. Seitdem wird im Bundestag über eine mögliche Folgeregelung diskutiert. Die drei Entwürfe wurden im Bundestag bereits in erster Lesung und in einer Expertenanhörung beraten. Wann die Abstimmung folgt, ist noch offen.

Falls ihr selbst in einer verzweifelten Situation seid, sprecht mit Freunden und Familie darüber. Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist rund um die Uhr anonym und kostenlos erreichbar: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222. Auch die Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

Quelleepd

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1 Kommentar

  1. Ehrlicher Umgang mit dem Tod

    Suizidprävention halte ich für die beste Schlussfolgerung hinsichtlich der Bemühungen, auf die Gesetzesänderungen angemessen mit deutlichen Bemühungen einer Liberalisierung zu reagieren. Dieses Thema zeigt zugleich Segen und Fluch der modernen Medizin auf. Beispielsweise steht direkt neben meinem Fernsehsessel ein Hausnotrufgerät – und eine entsprechende handliche Uhr baumelt an meiner linken Hand. Nun bin ich noch nicht so alt wie Metusalem, aber in deutlich mehr als 10 Jahren wäre ich dies, hätte also meine natürliche Lebenserwartung in etwa erreicht und könnte – wollte ich einen natürlichen Tod erleben – den hilfreichen Hausnotruf getrost kündigen. Aber alle Hausnotrufsysteme und auch die hochgerüsteten Intensivstationen beschreiben perse den größeren inneren Widerspruch, mit dem wir dem Sterben sowie dem Tod gegenüber stehen. Diesen Widerspruch können auch die Mediziner nicht perfekt auflösen. Denn bei nahendem Tod, etwa wenn Menschen mit einer großen Atemnot oder extrem unerträglichen Schmerzen sterben müssten, verwischen hier sowieso die Grenzen zwischen einer Behandlung und einer (unabsichtlichen) Tötung, etwas mit Opiaten – doch eminent . Dies weiß auch der Gesetzgeber und möchte daher mit dem Thema viel ehrlicher umgehen. Aber spätestens ereilt dieser Zwiespalt jenen Angehörigen, wenn der Betroffene eine intensiv-medizinische Lebenserhaltung ablehnte und wo jetzt Tochter oder Sohn veranlassen soll, dass die Geräte auch abgestellt werden. Bei einem älteren Vater fand die Tochter das notarielle Einverständnis nicht, die Apparate wurden nicht abgestellt und der alte Herr hatte daher noch einige Jahr bei leidlicher Gesundheit weiter gelebt. Nun kann natürlich hieraus nicht geschlossen werden, eine solche Entscheidung könne nicht richtig sein. Aber sie ist zurecht sehr oft zwiespältig. Ehrlichkeit sollte auch jede Gesetzeskorrektur beinhalten. An einen ethischen Dammbruch glaube ich im übrig eher nicht. Denn auch nach dem vorläufig letzten Atemzug ist jede medizinische Intervention ebenfalls zwiespältig. Niemand kann mit Bestimmtheit sagen, ob solche Handlung dem Leben dient oder nur den Sterbeprozess verlängert.

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