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Ökonom: Kirchen können Mitgliederschwund beeinflussen

Bis 2060 halbieren sich laut der Freiburger Studie die Mitgliederzahlen der großen Kirchen in Deutschland. Fabian Peters, Co-Autor der Studie, hat drei Tipps, wie die Kirchen dem entgegenwirken können.

Die Kirchen in Deutschland müssen sich nach Ansicht des Volkswirts Peters mit sinkenden Mitgliederzahlen nicht einfach abfinden. Der größere Teil des Mitgliederschwunds sei „prinzipiell beeinflussbar“, sagte Peters in einem Interview, das die Evangelische Landeskirche in Württemberg am Dienstag auf ihrer Internetseite veröffentlichte. Taufen, Austritte und Eintritte seien individuelle Entscheidungen, auf die die Kirchen durch ihr Handeln einwirken könnten.

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Als Gegenmaßnahmen empfiehlt Peters, verstärkt zu Taufe und Mitgliedschaft einzuladen. So würden rund 20 Prozent der Kinder von Kirchenmitgliedern nicht zur Taufe gebracht. Die Kirchen seien bei diesem Thema bereits aktiv geworden. „Ich glaube, dass wir da gerade mit vielen guten Ideen von der Grußkarte zur Geburt bis zum Tauffest im Freibad gut unterwegs sind“, sagte Peters.

„Professionell und leidenschaftlich“ Kontakt halten

Außerdem rät der Ökonom, den Kontakt zu Mitgliedern zu halten. Die höchste Wahrscheinlichkeit, die Kirche zu verlassen, bestehe rund um das 30. Lebensjahr. In diesem Alter hätten viele schon keinen Kontakt zur Kirche mehr. Die Verbindung zu Mitgliedern müsse „professionell und leidenschaftlich“ gesucht werden.

Als dritte Maßnahme rät Peters dazu, über die Kirchensteuer zu reden. Diese sei der häufigste Anlass für einen Kirchenaustritt – vor allem bei jungen Menschen zu Beginn ihres Berufslebens. „Gleichzeitig zeigt unser Monitoring von Austrittsgründen, dass beinahe zwei Drittel der gerade Ausgetretenen angeben, die (evangeli­sche) Kirche wichtig oder eher wichtig zu finden“, sagte Peters. Die Kirchen müssten besser erklären, warum ohne Kirchensteuer kirchliche Arbeit nicht funktioniere. Dabei könne das Portal „Kirchensteuer wirkt“ helfen.

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Fabian Peters ist Co-Autor der sogenannten Freiburger Studie, laut der sich die Mitgliederzahlen von evangelischer und katholischer Kirche in Deutschland bis 2060 halbieren werden. Grundlage ist die Annahme, dass das Verhalten in der Bevölkerung im Blick auf die Kirche in den kommenden Jahrzehnten ähnlich bleibt wie heute.

Quelleepd

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4 Kommentare

  1. Mehr Leuchtturm-Projekte auch in Ortsgemeinden

    Als Gegenmaßnahmen empfiehlt Peters, verstärkt zu Taufe und Mitgliedschaft einzuladen. So würden durchaus rund 20 Prozent der Kinder von Kirchenmitgliedern nicht zur Taufe gebracht. Die Kirchen seien bei diesem Thema bereits aktiv geworden. „Ich glaube, dass wir da gerade mit vielen guten Ideen von der Grußkarte zur Geburt bis zum Tauffest im Freibad gut unterwegs sind“, sagte Peters. Ich bin auch hier sehr für diese Tauffeste. Aber sie sind kein Allheilmittel und erreichen möglicherweise diejenigen, die wir überhaupt noch nicht verloren haben. Denn die beiden großen Mitgliedskirche erreichen als – dann existierende Kerngemeinde – höchstens 3% aller vorhandenen Kirchensteuerzahler*innen. Sogar diese Kerngemeinde ist in manchen Großstädten fast weggebrochen oder fehlt mangels Gruppen, Kreisen, Chöre und festen Angeboten manchmal völlig. Noch vorhandene praktizierende Christen sind so ohne Anbindung an eine Gemeinschaft.

    Es scheinen aber überwiegend jene Menschen zu sein, die eben nicht erreicht werden, die weder eine religiöse Sozialisation erlebten und somit mit dem Glauben auch gar nichts anfangen können: Denen man ihre Motivation eigentlich auch nachempfinden kann, dem Dampfer der Kirche den Rücken zuzukehren. Diesbezüglich verlassen dazu bis 2060 die Hälfte der Mitglieder das Mitgliederregister. Als eher ein nachgelagerter Effekt des praktischen Atheismus, denn bis vor wenigen Jahrzehnten waren die beiden großen Glaubensinstitutionen insofern stabil: Von der Wiege bis zur Bahre war mein meist von Kindesbeinen an automatisch Mitglied und wurde nur mit Kasualien erreicht. Aber dies und lediglich an den sehr wichtigen Lebensabschnitten nur Glaube (oft nur bei anderen) zu erleben, ohne ihn sich wirklich sich aneignen zu wollen, führt niemals zum Ziel. Natürlich kann man mehr zur Taufe einladen, aber wenn es wieder nur dazu dient eine Tradition zu zementieren, dann bleibt es was es ist: Als Taufe und Konfirmation beispielsweise nur als Implementierung von Traditionen, die zum üblichen gehören. Jesus aber nachzufolgen, gehört schon in feste Entscheidung.

    Alternative Formen von Evangelisation wären wichtig. Bitte dabei bedenken: In der Vergangenheit erreichten diese meist nur Menschen, die zur Kerngemeinde gehörten. Dies ist zwar auch wichtig, aber doch nicht ausschließlich. Der Focus muss auf jenen liegen, die wir hier nie erreichen.
    Was nun grundsätzlich und zuerst geschehen muss: Kerngemeinden überhaupt wieder entstehen zu lassen, wo sie völlig fehlen. Dazu muss man wieder ganz neu in vielen Gemeinde Gruppenangebote machen. Wenn es nicht anders gehen, etwa mit Hauskreisen anzufangen. Vor allem sind diese eine Chance für eine Gemeinschaft, die sowohl Familien sowie Junge und Ältere zusammen zu führen. Im bestehenden jetzigen modernen Individualismus von uns Normalverbrauchern ist es sicherlich schwierig vor allem verbindliche Angebote zu machen, die sich von reinen zeitlich begrenzten Projekten unterscheiden. Unser Christsein ist aber kein Projekt, sondern eher ein (gemeinsamer) Aufbruch. Also in Summe, was kann geschehen: Neustart als Gemeinde, Gemeindegruppen initiieren, kleine Leuchtturmprojekte betreiben wie ein regelmäßiger Mittagstisch, eine moderne Form von Evangelisation durchführen und ganz am Anfang vielleicht einfach Hauskreise gründen. Dann sollten wir aus einer reinen Komm-Struktur eine Geh-Hin-Struktur machen. Also Tauffeste auch an Seen, Flüssen oder am Meer. Ebenso dezentrale Angebote auf der Grünen Wiese, Besuchsdienste ausdehnen, oder Leuchtturmprojekte an manchen Orten, in denen beispielsweise Christinnen und Christen eine Zeitlang mit (nicht nur wirtschaftlich) armen Menschen leben und damit provisorische Gemeinschaften bilden.

    Vielleicht braucht es einfach mehr Leute und Gläubige, die gemeinsam beten, auch für eine Aufbruch und für neue Ideen, wie man mehr tun kann. Menschlich gesehen kommen wir da an die Quadratur des Kreises, denn mit Mitarbeitenden über die man nicht mehr verfügt, kann man auch nicht arbeiten. Wichtig wäre daher hier die Anwendung von Gemeindeaufbau nach dem Prinzip auch der Urgemeinde: Motiviere Menschen, die uns zu uns kommen, zu wichtiger Mitarbeit. Die dann wieder andere Menschen, die dann durch diese Mitarbeiter*innen auch noch zu uns stoßen, ebenfalls wieder zu Mitarbeiter*innen motivieren. Nach dieser Schachbrett-Mathematik würde sich die Zahl der Menschen, die sich der Kolonne anschließen, sich regelmäßig verdoppeln: Zumindest theoretisch und nur, wenn wir den Heiligen Geist wehen lassen wo er gerne will.

  2. Wahnsinn, wie kommt man auf derart innovative Ideen?

    Bei drastischen Mitgliederschwund:

    – Mitglieder werben
    – den Mitgliedern tatsächlich eine Leistung bieten und sie nicht ignorieren
    – und sagen, was man sonst noch macht mit ihrem Geld.

    Scherz beiseite: Allein dass derartiges absolut Selbstverständliches offensichtlich nicht bei den Kirchen vorhanden ist (was ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann), zeigt eines der Probleme.

    Helfen wird es meines Erachtens nicht. Denn auch Punkt 3 mit einer noch so schönen Website ändert nichts daran, dass wenn jemand neutral googlet, er schnell erfährt, dass allgemeine soziale Leistungen unter 10 % der Verwendung seiner Kirchensteuer ausmachen (was vielen Mitgliedern besonders wichtig ist, die ja denken, sie finanzieren damit Soziales).

    Und ich denke, es wird sich auch nichts daran ändern, dass Gemeinden, die ich kenne, genau eine Bibelgruppe anbieten: Mittwochs vormittags. Da freuen sich doch die 30jährigen Berufstätigen.

    Wer auf so etwas selbstverständliches bisher nicht selbst gekommen ist, dem wird kaum zu helfen sein.

    Ganz nebenbei: Der unterirdische Umgang mit den Missbrauchsfällen in der EKD und der Mangel am Willen zur Aufklärung ist hier noch gar nicht berücksichtigt.

  3. Erstaunlich gute Vorschläge. Absolute Zustimmung!

    Zwei Vorschläge fehlen: das Evangelium glaubwürdig vorleben und Neuevangelisierung

    … also endlich das tun was Jesus gesagt hat.

  4. @Hr. Peters,

    wie waere es mal, die Ausgabenseite zu durchforsten?

    Wenn die Schaefchen, „die (evangeli­sche) Kirche wichtig oder eher wichtig finden“, vielleicht ist das Dienstleistungspacket ja zu teuer?

    Wenn ein immer groesserer Anteil in Pensionsverpflichtungen fliesst, koennte man ja zB auch die Pensionen deckeln/kuerzen (siehe Griechenland, Finanzkrise), oder?

    Klar, dass solche (gemeinen) Vorschlaege nur von „aussen“ kommen koennen … 🤷‍♀️

    LG Joerg

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