- Werbung -

„Raus aus der Bubble“: EKD-Präses Heinrich auf Tour

Nach ihrer Wahl zur Präses begab sich Anna-Nicole Heinrich auf eine Tour quer durch Deutschland. Sie möchte Impulse sammeln, anpacken und Glauben erfahrbar machen.

Anna-Nicole Heinrich ist seit dem 8. Mai 2021 Präses der EKD-Synode. Im August und September reiste sie im Rahmen einer #Präsestour durch Deutschland. Dabei überließ sie es ganz dem Zufall, wen sie kennenlernte und bei wem sie übernachtete – frei nach dem Motto „Raus aus der Bubble – rein in den Schaum“. Anna Maria Gerlach hat sie im Herbst in der Mitte der Tour in einer Regensburger Kneipe zum Interview getroffen.

Hallo Anna, wie würdest du erklären, was es bedeutet, Präses zu sein?

Anna-Nicole Heinrich: Wenn mich jemand das fragt, dann erkläre ich erst mal, dass die evangelische Kirche parlamentarisch aufgebaut ist: Es gibt in der Evangelischen Kirche auch so eine Art Bundestag oder Bundesparlament, und deren Vorsitzende bin ich.

Was sind als Präses deine Aufgaben?

Da gibt es einige formale Aufgaben: Synodentagungen vorbereiten, durchführen und moderieren, die Synode unterjährig vertreten, Gesetze ausfertigen und so weiter. Und es gibt noch viele Sachen, die zwischendrin mitschwingen. Der oder die Präses ist auch Mitglied im Rat der EKD und hat dort die Belange der Synodalen einzubringen und zu vertreten. Es gehört dazu, in kirchenleitenden Gremien Anliegen richtig zu platzieren. Strategisches, aufmerksames Zuhören sehe ich aktuell als meine Hauptaufgabe – oder die Hauptkompetenz, in der ich mich gerade übe. Aber es bedeutet natürlich auch öffentliche Repräsentanz.

Viel Neues in der Kirche

Jetzt sind, seitdem du im Mai gewählt wurdest, schon ein paar Monate vergangen. Würdest du sagen, dass du dich schon an dein Amt gewöhnt hast?

Ich glaube, ich kannte die Institution Kirche, bevor ich zur Präses gewählt wurde, schon sehr gut. Trotzdem entdecke ich immer noch viel Neues. In diesem Sinne würde ich sagen: Ich habe mich daran gewöhnt, wieder mehr unterwegs zu sein, mehr Menschen zu treffen und Neues kennenzulernen.

Ist das positiv?

Sehr positiv! Man könnte es fast eher negativ so formulieren, dass ich mich frage, wann diese Erkundungsphase wohl abebbt. Gerade habe ich mich ganz gut daran gewöhnt, dass das alles die Hälfte meiner Zeit pro Woche einnimmt.

Ist irgendwas von deinem sonstigen Alltag zu kurz gekommen?

(prompt) Ja: PlayStation spielen! Das ist wirklich ganz tragisch, weil ich sehr gerne Play-Station spiele. Und kurz bevor ich für dieses Amt gewählt wurde, habe ich gerade noch eine PlayStation 5 ergattert. Und naja … Ich weiß nicht – vielleicht habe ich 20 Stunden drauf gespielt, seitdem ich Präses bin. Das ist auf alle Fälle zu kurz gekommen und fast Ressourcenverschwendung, weil diese nigelnagelneue PlayStation nur zu Hause steht und niemand damit spielt.

Momentan bist du auf deiner Präsestour – kannst du ein bisschen genauer erklären, was es damit auf sich hat?

Nach meinen ersten hundert Tagen im Amt ging es daran, den Sommer zu gestalten. Es war klar: Das sind meine letzten Semesterferien, bevor ich meine Masterarbeit abgebe, und im Sommer finden wenig Gremiensitzungen statt. Da lag es nahe, die Zeit dazu zu nutzen, mir spannende Projekte anzuschauen. Die erste Idee war sozusagen eine organisierte Tour, zehn Tage mit 20 Projekten, bei der alles ordentlich vorbereitet wird: eine halbe Stunde Gespräch mit Brötchen, Snacks, fritz-kola oder Fencheltee.

Aber so durchorganisiert ist sie doch gar nicht geworden … Das war die Ursprungsidee. Aber ich fand: Wenn wir das amtsseitig organisieren, gibt es keinen Erkenntnisgewinn. Allein dadurch, dass wir die Tour organisieren, gibt es ja schon Kontakt zu den Projekten. Und dann wissen wir schon vorher, dass die coole Sachen machen.

Genau das wollte ich umdrehen: Ich wollte schauen, was passiert, wenn ich raus aus der Bubble gehe, an die Peripherie von Kirche oder darüber hinaus, und es dem Zufall überlasse, wo ich hineinstolpere. Die Tour haben wir unter das Thema „Unterwegs zu Hause suchen“ gestellt. Wir wollen entdecken, wo Gemeinschaft, wo Lebensraum in unterschiedlichster Weise entsteht, wo Menschen Heimat finden. In Flensburg sind wir gestartet und gucken jeden Tag spontan, welche Stadt wir anfahren, was wir dort machen und wen wir dort treffen können. Das mit dem Zufall klappt ganz gut.

Hey, bei euch war es cool

Ist also gar nichts geplant?

Es gibt natürlich ein paar feste Termine, die ein bisschen die Route vorgeben. Aber ansonsten strecken wir einfach die Fühler aus. Und melden uns zum Beispiel zurück bei denen, wo wir schon waren, um dann zu fragen: „Hey, bei euch war es cool. Bei euch haben wir einen guten Impuls mitgenommen, könnt ihr uns was empfehlen?“

Kannst du exemplarisch eine Wegstrecke beschreiben?

Wir sind in Flensburg gestartet und dann nach Lüneburg gefahren, weil ich dort zur Utopie-Konferenz eingeladen war. Da haben wir Frieda kennengelernt, die ich als Hardcore-Klimaaktivistin bezeichnen würde. Die hat nach der Konferenz gesagt: „Hey, ich kenne jemanden in Dresden, die hat da einen Schrebergarten und organisiert den bedürfnisorientiert, sodass dort jeder nimmt, was er braucht. Das wäre doch ganz spannend für euch, wo es bei eurer Tour doch auch um Lebensraum und ums Teilen geht.“

Wir sind dann tatsächlich zu Jule nach Dresden gefahren. Bei ihr haben wir auch übernachtet. Das ist uns auch wichtig: nur private Übernachtungen. Wir saßen noch drei Stunden nachts mit ihr im Garten und haben über utopisches Teilen diskutiert. Da habe ich für mich ganz viele kleine Impulse mitgenommen.

Anna-Nicole Heinrich spricht mit Anna Maria Gerlach in einer Kneipe.
Anna-Nicole Heinrich spricht mit Anna Maria Gerlach in einer Kneipe. (Foto: privat)

Einfach anrufen

Wissen die Leute, wer du bist, wenn du dort hinkommst?

Nee, wir versuchen uns ja immer mit Leuten zu connecten, die wir nicht kennen. Wir waren zum Beispiel in Hamburg und haben uns mit Ulf getroffen, der in einer Punk-Band spielt. Er hat ein Musiklabel, bei dem er auch ein bisschen christliche Musik macht. Eine Bekannte von mir hatte mir seine Nummer geschickt und meinte, ich solle ihn einfach anrufen. Ich habe ihn dann angerufen und wir sind dann zu seinem Konzert gefahren und haben hinterher geredet.

Hat die Tour ein Ziel?

Ich möchte Impulse einsammeln, aber auch nach Partnerinnen und Partnern schauen, mit denen wir als Kirche zusammenarbeiten könnten – ohne dass man direkt eine feste Kooperation beginnen muss. Ich möchte so unser Netzwerk ein bisschen erweitern. Denn ich wünsche mir, dass die Kirche sich in Zukunft viel mehr als Ermöglicherin für gute Sachen versteht und nicht den Drang hat, alles selber machen zu müssen. Kirche, die den Mut hat, auch mal Sachen zu unterstützen, die die gleiche Wertebasis haben. So ein bisschen Kirche sein, ohne dass überall Kirche draufstehen muss.

Krass, dass du das bist.

Wie reagieren die Leute denn, wenn klar ist, dass du von der Kirche kommst?

Ich mache da eine coole Erfahrung, die ich im kirchlichen Kontext selten habe: Wenn mich Leute im kirchlichen Kontext nicht kennen und ich dann erkläre, dass ich Präses bin, gibt es oft eine Haltungsänderung – die Leute haben dann so eine gewisse Ehrfurcht. Aber außerhalb der Church-Bubble sagen die Leute eher: „Krass, dass du das bist.“ Aber das war’s dann auch. Ansonsten ändert sich nichts. Es wird wahrgenommen, aber für unser Miteinander spielt es eigentlich keine Rolle. Wir hatten noch niemanden auf der Tour, der sagte: „Kirche – das ist aber jetzt uncool.“ Im Gegenteil: Ich erlebe, dass Leute noch mal kommen und sagen: „Ich muss das jetzt mal nutzen, weil noch niemand aus der Kirche so direkt auf uns zugegangen ist.“

Gibt es ein Thema oder eine Frage, die du auf jeden Fall gedanklich mitnimmst?

Ich glaube, ein ganz spannendes Beispiel ist der Verein Herz-Casper Dieser Verein aus Hamburg bildet Begleitpersonen für Kinder und Jugendliche aus, die lange Zeit im Krankenhaus sind. Sie richten sich an diejenigen, für die der Krankenhaus-Clown zu kindisch, aber der Seelsorger auch nicht die richtige Ansprechperson ist. Nachdem ich die kennengelernt habe, habe ich gedacht, ein Gespräch mit zwei Krankenhaus-Seelsorgerinnen und zwei Leuten von Herz-Casper – das wäre doch ein spannendes Treffen. Und zu erleben, wie sehr sie sich gegenseitig in diesem Gespräch bereichern konnten, war total schön.

Ich glaube, dass diese schnelle Vernetzung zwischen dem Verein und der Krankenhaus-Seelsorge nicht funktionieren würde, wenn der offizielle Vertreter der Krankenhaus-Seelsorge und das Büro von Herz-Casper die ganze Zeit E-Mails hin- und herschicken würden. Unsere Institution kann das sehr gut verbürokratisieren. So ist schon die kurz gesagte Erkenntnis: Wir sind wirksamer, wenn wir uns auf einer persönlichen Ebene begegnen.

Wir müssen annehmen, dass wir kleiner werden.

Wir reden gerade von Ehrenamtlichen – dein Amt ist ja auch ein Ehrenamt. Was wünschst du dir als Ehrenamtliche von Hauptberuflichen?

Als ehrenamtliche Präses kann ich mir gar nicht mehr so viel wünschen, weil das tatsächlich echt gut begleitet ist. Als Präses bin ich ein Teil der kirchenleitenden Organe. Das heißt, da gibt es eine riesengroße Dienstleistungsbereitschaft. Die Hauptamtlichen begegnen mir auf Augenhöhe: Wie wir ein Projekt realisieren oder wer das Projekt präsentiert, ist egal. Jeder gibt rein, was er gerade reingeben kann. Das wünsche ich mir von Hauptamtlichen auch für andere Ehrenamtliche. Eine Haltung, die zeigt: „Ich kann mich auch zurücknehmen, weil ich weiß, dass mein Anliegen vertreten ist.“ Ich glaube, dann finden sich Ehrenamtliche an ganz vielen Stellen empowered, wirklich nach vorne zu gehen.

Man kann momentan immer wieder vom „Mitgliederschwund“ lesen. Was würdest du sagen, muss sich auf jeden Fall verändern in der Kirche, damit wir nicht verschwinden?

Wir werden nicht verschwinden. Aber wir müssen annehmen, dass wir kleiner werden. Das werden wir nicht umkehren. Aber nur, weil wir weniger Mitglieder auf dem Papier haben werden, heißt das nicht, dass wir automatisch weniger wirksam sind. Es heißt nicht, dass wir weniger für Menschen da sind. Diese Veränderung im Mindset wünsche ich mir: sich nicht auf das Defizitäre zu fokussieren, sondern die positiven Narrative mit in den Blick zu nehmen.

Das klingt sehr groß. Ja, aber es ist eigentlich ganz klein. Es geht eigentlich darum, nicht in Konjunktiven zu sprechen, sondern eher in Imperativen: „Wir werden das und das machen!“ Nicht: „Wenn wir diese Ressourcen hätten, dann könnten wir eventuell …“ Ich wünsche mir von meiner Kirche, die zahlenmäßig kleiner wird, dass sie selbstbewusst ihren Glauben lebt, Glauben kommuniziert und Visionen entwickelt.

Wie kann das konkret werden?

Auf der einen Seite müssen wir in Zukunft viel mehr erklären, weil wir nicht mehr davon ausgehen können, dass alle wissen, wie es bei uns funktioniert. Doch das Erklären ist nur die eine Seite. Wenn mir jemand etwas über Glauben oder Kirche erklärt, gibt mir das noch nichts. Die andere Seite ist die Erfahrbarkeit.

Wir müssen es schaffen, dass die Menschen selbst erfahren, selbst spüren, was uns der Glaube an Halt gibt – und dafür braucht es besondere Räume. Momentan sind unsere Begegnungsräume sehr verstetigt und nicht niedrigschwellig. Sie sind nicht so, dass man einfach mal reinkommen kann, das geil finden kann und wieder gehen kann, sondern viel Vorwissen braucht. Ich glaube, solche niedrigschwelligen Räume müssen viel mehr geschaffen werden. Wir brauchen Räume, wo wir auch unsere Freunde mit hinnehmen würden, die nicht kirchlich sozialisiert sind.

Was würdest du sagen, machen wir schon richtig gut und sollten wir beibehalten?

Was wir ganz gut machen, ist, nie zu vergessen, wo wir herkommen und uns immer wieder daran zurückzuorientieren. Ich glaube, dass es auf der einen Seite oft dazu führen kann, dass man sagt: „Das haben wir immer schon so gemacht!“, aber ich habe auch das Gefühl, dass es etwas ist, aus dem wir ganz viel Mut schöpfen können. Es ist die Vergewisserung, dass es ganz egal ist, was wir tun oder nicht tun – die eine Kirche Jesu Christi wird nicht untergehen. Das ist auch unser „unique selling point“, weil wir hoffnungsgewandt und unverzagt in die Zukunft blicken können. Diese Hoffnungsperspektive, die dürfen wir nicht verlieren.

Kirche ist kreativ

Wie würdest du folgende Sätze vervollständigen:

Eine der wichtigsten Aufgaben von Kirche ist es, … … Menschen zu berühren.

Damit Kirche Kirche ist, braucht es … Da fällt mir nur eine super churchy Antwort ein: Da braucht es zwei oder drei.

Mein Traum von Kirche ist … … kreativ.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Anna Maria Gerlach. Sie ist Religionspädagogin und Diakonin und lebt mit ihrem Mann Ludwig bei der Christusträger Bruderschaft im Kloster Triefenstein bei Würzburg.


Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift 3E. 3E ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

NEWSLETTER

BLICKPUNKT - unser Tagesrückblick
täglich von Mo. bis Fr.

Wie wir Deine persönlichen Daten schützen, erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.
Abmeldung im NL selbst oder per Mail an info@jesus.de

19 Kommentare

  1. Mission auf Augenhöhe ist möglich

    Mission auf Augenhöhe ist möglich, ja sogar dringend erforderlich. An dieser Stelle gehe ich nochmals auf Joerg ein. Zunächst darf man sich legitim vorstellen, dass Jesus die Menschen nicht von oben herab behandelte, er ihnen auf Augenhöhe begegnete und sie unbedingt ernst genommen hat. Das fängt schon bei seinen Mitarbeitern an, die sehr unterschiedliche Ansichten gehabt haben müssen. Jesus behauptete, dass das Reich Gottes mitten unter ihnen sei. Das verweist in der Verkündigung der Urgemeinde auf die Person und die Botschaft Jesu von der Liebe, Vergebung, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Es geht da also immer um das Tun der Wahrheit, den anderen Lebensvollzug. Wie sollte heute Mission auch anders stattfinden ? Ich denke da auch an die Brüder von Taize, die das Evangelium leben in dem sie in kleinen Gruppen in Familien eine zeit lang leben und das Leben teilen. Das sagt dann oft mehr als viele Worte. Evangelisationen in Form von Zeltmissionen, wie ich dies von früher erfahren habe, sind nicht die Ausgeburt von Augenhöhe. Aber die Botschaft von der Liebe Gottes, die völlig voraussetzungslos ist, kann man jemand auf Augenhöhe mitteilen und dabei muss das Kopf-Bauch-Gefühl auf beiden Seiten stimmen. Vielleicht sollten wir uns auch üben, auch ein wenig den Dogmatismus beiseite zu legen. Glaubenslehren können wichtig sein um mich von wenig positiver Religion abzugrenzen, aber viele Glaubensaussagen sind oft auch symbolisch bzw. bildhaft gemeint. Wenn mit der Verbreitung des Evangeliums nicht versucht wird Macht auszuüben und eher damit zu dienen, dann geht es weniger um Worte, sondern um das Angebot eines anderen ganzheitlichen Lebensvollzuges. Ich bin da sehr auch für das interreligiöse Gebet, weil ich glaube, dass Gott auch das Gebet eines Anhängers des Propheten genauso hört wie das eines uninformierten Kindes oder des Universitätsprofessors für Theologie. Wovon ich als Christ überzeugt bin, muss der andere nicht glauben und ich darf es ihm oder ihr auch nicht aufzwingen. Und wenn ich dann einen solchen unbotmäßigen Menschen nicht überzeugen kann, dann darf ich ihn/sie auch nicht gedanklich in der Hölle verorten. Das hat Jesus auch nicht getan. Einer meiner alten Lehrer verbrachte beruflich viele Jahre in Südostasien und konnte nicht verstehen, dass die häufig budhistisch frommen Leute dort, die wirklich oft gute Menschen sind, verdammt sein sollen. Mein Credo ist, dass Jesus für alle Menschen gestorben ist und dass an Gott niemand vorbei kommt. Aber dieser Gott ist absolute Liebe. Ich stellte mir den Dialog vor als eine alternative Möglichkeit der Mission. Denn im Dialog konkurrieren unsere Gedankenbilder des Glaubens und da kann es in positiver Weise durchaus darum gehen, wer glaubwürdiger wirkt. Ein christliches Zeugnis abzulegen ist auf Augenhöhe möglich, denn nicht auf Augenhöhe ist es eigentlich nicht wirklich jesusgemäß. Unser Glaube wird damit nicht indifferent, wir müssen ihn nur wirklich praktizieren.

  2. Raus aus der Bubble und davon ausgehen, dass die Lebenswelten extrem verschieden sind, und es darum geht, überhaupt erst mal in Kontakt zu kommen um dann hoffentlich eine Verständigung zu finden. Allein der Begriff „Sohn Gottes“: ein Philosoph würde vielleicht auf die Transzendenz hinweisen: Gott und Mensch sind unendlich verschieden und voneinander entfernt (und hätte in diesem Punkt ja auch recht) und dann sagen: Sohn Gottes ergibt keinen Sinn, ist viel zu anthropomorph von Gott gedacht. Ein Psychologe würde vielleicht sagen: das ist nur eine Projektion. Ein Muslim würde vielleicht sagen: das ist Gotteslästerung. Ein Hindu würde vielleicht sagen: Kein Problem, das haben wir ja regelmäßig und nennt z.B. Krishna. Ein Atheist würde vielleicht sagen: Jesus war nur ein Mensch. Ein Esoteriker würde vielleicht sagen: wir sind ja alle in genau gleicher Weise Söhne /Töchter Gottes wie Jesus es ist.
    Deswegen denke ich, es ist oft problematisch, wenn man einfach die Worte nimmt, die man gewohnt ist und dann meint, sich ausreichend ausgedrückt zu haben. Geht es nicht immer darum, mich auf mein Gegenüber zu beziehen?
    Z.B. würde ich einem Muslim anders von Jesus sprechen als einem Hindu. Wenn man dann diese beiden Reden auf Band aufnimmt und in einer konservativen Gemeinde vorspielt, würden die vielleicht meinen Glauben stark anzweifeln, wenn sie dann nicht wüssten, zu wem ich da gesprochen habe.

  3. Schließt sich Mission/Evangelisation und Augenhöhe nicht gegenseitig aus?

    Wenn man von sich glaubt, in Besitz der absoluten und einzigen Wahrheit zu sein, wie kann man dann jemand anderen, der diese Überzeugung nicht teilt, auf Augenhöhe begegnen?

    Wenn man durch Mission erreichen will, dass sich der andere zur eigenen Ansicht, zum eigenen Glauben wendet, muss man dann nicht auch bereit sein, sich auf seine Ansichten soweit einzulassen, dass zumindest die Möglichkeit besteht, dass man selbst diese auch annehmen könnte?

    Alles andere wäre für mich keine Mission auf Augenhöhe. Und deshalb glaube ich auch nicht, dass es so etwas gibt. Dialog auf Augenhöhe – ja, Mission – nein.

    Was die Sache mit der 2. Chance angeht, ein persönlicher Eindruck. Ich meine das vor allem von Christen zu hören, wenn es um Verfehlungen anderer Christen geht. Eher weniger höre ich das, wenn es um Verfehlungen von Nichtchristen gegenüber Christen geht (und derjenige auch nicht die Absicht hat, zum Christentum zu konvertieren).

  4. Warum lasst ihr das Mädchen nicht mal arbeiten

    Ich würde mir schon wünschen, unsere Mission und Evangelisation – das was ich hierunter verstehe – wäre volksnaher. Volksnäher ist vielleicht auch nicht das richtige Wort, eher mehr auf Augenhöhe. Es ist ja an Jesus so faszinierend, wie er seine Gleichnisse erzählt und in ihnen in den Alltag eintaucht und in diesem die Lösung findet, den Willen Gottes zu tun. Ich würde Caroline gerne recht mehr zustimmen, aber die vielen frommen Worte über die Leute auszuschütten und immer wieder zu sagen dass Gott beispielsweise Liebe ist, nutzt offenbar wenig. Es ist etwas anderes, wenn wir es hier unter Jesus.de intern tun als Insider, auch um den Diskussion willen, aber die Botschaft von der Liebe Gottes muss vor allem auch übersetzt werden. Wir brauchen anstelle der frommen Sprache eine solche die von jedem auch verstanden wird und konkret ist. Ich denke, dass man mit der Botschaft Jesu von der Liebe und Vergebung ganz schön anecken kann und dann bereits bei der Formulierung, dass jeder Mensch eine zweite Chance verdient hat, wo Jesus doch fordert 77×7 zu vergeben. Wir werden wahrscheinlich als Christen auch wieder viel mehr angefeindet, vielleicht sogar als geisteskrank angesehen, wenn wir dies fordern. Nur die frommen Worte, ausschließlich die fromme Sprache, die ja offenbar ein Identifikationszeichen für den richtigen Glauben sein soll, der dann angeblich Frau Heinrich fehlt, machen ja anscheinend den richtigen Glauben gar nicht so sehr aus. Dagegen sind viele Leute immun. Auch Predigten kann man mit solchen Worten schmücken und sich sogar einer Kunstsprache befleißigen, zu meiner Jugendzeit noch gutmütig spöttisch als „Sprache Kanaans“ betitelt. Dass wir als Christinnen und Christen wieder mehr Licht der Welt und Salz der Erde sein sollen ist ganz wichtig. Aber da sieht man in der neuen Präsidentin der EKD-Synode gleich jemand, der nicht diesen alten frommen Stallgeruch hat und mit diesem Umstand bestätigt, dass die ganze EKD nichts taugt. Ich halte das für vermessen. Warum lasst ihr das Mädchen nicht mal wohlwollend arbeiten. Auch Frau Heinrich verdient von uns Mitchristen einen wirklich geschwisterlichen Umgang. Um es fromm zu sagen: Gott sieht ins Herz. Es ist doch auch ein Wert an sich, nicht funktionärshaft durch die Lande zu reisen, sondern auf Augenhöhe. Ich halte das für sehr christlich und auch charismatisch. Den Ratsvorsitzenden Bedford-Strohm konnten leider viele Leute nicht leiden angeblich wegen seiner frommen Sprache, aber verdrängt wurde, dass er anstößig das Leid und den Tod der Flüchtlinge im Mittelmeer kritisierte. Das war jenes, was die Meisten immens störte. Manchen Leuten wäre es recht, wenn wir als Gläubige unpolitisch und stromlinienförmig sind. Da sagt man dann, sie seien links, was man immer auf Glauben und auch auf die Politik beziehen kann. Passt also immer.

  5. Das ist in der Tat seltsam

    Warum ich anmerke, Frau Heinrich fehle die Frohe Botschaft Jesu? Nicht weiß ich und kann mir nicht anmaßen, zu entscheiden, ob sie selbst fromm sei; ich folge nur der Schilderung ihrer Reiseerfahrungen, Haltungen, Worte und das schaue ich mir an. Ich vermisse daran, weil es nicht dort steht, oder habe ich das überlesen?, auch nur den kleinsten Anklang der Frohen Botschaft Jesu, die einzigartig unter allen anderen Botschaften der großen Glaubensrichtungen ist. Als da ist zu hören: Ich bin Gottes Sohn! Und für euch gestorben! Und auferstanden! Ihr werdet nicht mehr an euren Werken gerichtet, an eurer Gesetzestreue, auch nicht an ererbter Schuld, sondern allein aus der Gnade eines liebenden Gottes, den ihr sogar ganz innig ,Vater‘ nennen dürft, werdet ihr gerettet, daher bin ich hier, euch zu retten! Um euch Gott leibhaftig zu zeigen! Ich bin auferstanden und habe euch mit meinem Blut erlöst! Freut euch, ihr seid frei! Ihr seid geliebt! Doch tut Buße, bereut eure Sünden, denn Gut und Böse gibt es sehr wohl noch, wählt das Gute, kehrt um! Ändert euch von Grund auf! Folgt dem Gott der Liebe! Gott ist Liebe! Liebe zu mir und durch mich zu Gott ist entscheidend für einen Christen, ein Christin, wie die Liebe zum Nächsten und sogar zum Feind! —- und das alles wird mit keinem Wort von Frau Heinrich erwähnt. Vielleicht meint sie, nicht mehr so konkret werden zu müssen, so „seltsam“ und radikal? (Denn viele befremden ja diese Aussagen.) Vielleicht wird die Umkehrbotschaft und radikale Zeit-, Gesellschafts-, und Religionskritik Jesu ja für selbstverständlich genommen, davon weiß der Gesprächspartner ja eh, das muss man nicht mehr erwähnen? Und dass wir zweitausend Jahre später immer noch alle randhoch voller Vorurteile stecken als Menschen gegenüber anderen Menschen (die z.B. nicht der eigenen Parteilinie oder der eigenen Ideologie entsprechen), die wir überwinden könnten, und wo nicht, dort wenigstens Feindesliebe praktizieren? Oder, dass es uns an Selbstliebe mangelt, und wir deshalb besonders am Glauben oder einer Überantwortung an Jesus oder an einem gütigen, vor Güte überfließenden, uns liebenden Gott zweifeln? Der auch meinen Feind als von Gott geliebtes Ebenbild geschaffen hat? Auch Hardcore-Klimaaktivisten sind Menschen und als solche nicht frei von Vorurteilen, wie auch Mitglieder einer Punkband, und nicht nur „Normalos“ (was ist das, „normal“?) und Carolines … Ja, Jesus wandte sich den Verlorenen zu, den Ausgegrenzten, vor allem den religiös Ausgegrenzten, die man nicht im Tempel sah, den (offensichtlichen) Sündern, Kranken usw., z.B., aber doch mit einer bestimmten Absicht und Botschaft, um zu zeigen, dass gerade sie, die von allen, die den Ton der Macht angaben, Ausgegrenzten, von Gott geliebt werden, und: sich zu ihm bekennen und bekehren mögen, ihm nachfolgen, das ist schon sehr konkret und geht über ein reines „Dem-anderen-Zuhören-um-von-ihm-Impulse-zu-bekommen“ weit hinaus. Zur Ehebrecherin, die er mit seinen irrsinnig weisen und geschickten Worten gerettet hat („Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe als Erster einen Stein auf sie“, Joh. 8, 7 und keiner wollte dieser Erste sein), sagt er, was die Begegnung beendet, „Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“ Joh.8, 10 Da höre und sehe ich, neben der neuartigen, umwälzenden Urteilslosigkeit (die jedem Menschen so guttut und gut an stünde) als zweites den Ruf zur Umkehr, zu einem radikal anderen Weg.
    Ich finde, dass der Schritt, „raus aus der Bubble“ richtig und zumindest gutgemeint ist, doch wenn die Inhalte von Jesu Botschaft und von seiner Person als zentral in den Gesprächen fehlen, wie sie hier zumindest nicht erwähnt werden, sehe ich nur, dass man die eigene Bubble mit hinüberzieht, wem immer man begegnet.

  6. Das ist Seltsam

    Das ist seltsam: Dass man Frau Heinrich unterstellt, ihr fehle die Botschaft Jesu. Und dies nur, weil die unkonventionell arbeitet, die Leute vor Ort besucht sowie auf Augenhöhe begegnet und so gar nicht diesen offiziellen Tatsch produziert, mit dem Politiker*innen und Kirchefunktionäre/innen normalerweise begegnen. Da schreibt der/die Schreiberin unter SELTSAM zurecht: „Jesus ist in die Lebenswelten der Menschen eingetaucht und er hat ihnen zugehört, um dann in deren Sprache zu sprechen, hat z.B. die Gleichnisse aus den Berufswelten seiner Zuhörer genommen. Heute muss man es ebenso machen, so wie im Artikel beschrieben, raus aus der Bubble“! Wie wahr. Da bei ist nach meiner Kenntnis Frau Heinrich sehr fromm, aber eben wie Frau Heinrich fromm ist, ich bin es wieder anders und die Redakteure bei Jesus.de wiederum anders. Deshalb hat Jesus, der Gott ist, in seinem Erdendasein individuell angesprochen und niemand in Schubladen eingeteilt.

  7. Geht es nicht immer um Übersetzungsarbeit? Natürlich kann man immer nur die althergebrachten Worte wiederholen und nur diese bei anderen suchen, bzw. nur wenn sie die richtigen Worte gebrauchen, will man ihnen den richtigen Glauben zugestehen. Also : Rechtfertigung, Sünde, Vergebung, Glauben usw. und natürlich den Namen Jesus. Und so wird auch hier gefordert, Frau Heinrich müsste auf jeden Fall die richtigen Code-Worte nehmen. Dabei geht es doch nicht um Worte, sondern um die Botschaft die damit transportiert wird.– Ist es nicht oft so: viele – auch fernstehende Menschen – kennen diese Worte auch, aber füllen sie ganz anders. Man redet aneinander vorbei, das habe ich oft erlebt. Sünde nur als etwas moralisches, Vergebung nur als juristische Kategorie. Es gibt heute viele der Kirche fernstehende Menschen, die meinen, sie wüssten, was dort gepredigt und geglaubt wird. Wenn dann nur die altbekannten Worte wiederholt werden, führt das nicht weiter. Jesus ist in die Lebenswelten der Menschen eingetaucht und er hat ihnen zugehört, um dann in deren Sprache zu sprechen, hat z.B. die Gleichnisse aus den Berufswelten seiner Zuhörer genommen. Heute muss man es ebenso machen, so wie im Artikel beschrieben, raus aus der Bubble. Das alte Bild von kirchlicher Mission hat ein starkes Gefälle, aber Jesus ging es um Augenhöhe. Und wenn ich von ihm erzähle, muss ich seinen Namen nicht in jedem zweiten Satz wiederholen, sondern vor allem seine Gegenwart erfahrbar machen, indem ich glaubhaft bin.

  8. Wir hatten an der Spitze der Synode lange Zeit Politiker und Politikerinnen, welche im aktiven Politikbetrieb nicht mehr aktiv waren. Sie haben sich mit ihrer Erfahrung aus ihrem Lebensbereich eingebracht.
    Mit Anne-Nicole Heinrich haben wir jetzt eine Leitungsperson, welche aus der Sicht einer wesentlich jüngeren Generation das Geschehen in unserer Kirche hinterfragt.
    Dazu ist es hilfreich, wenn auf der Basis des Glaubensbekenntnisses, das Leben und Wirken von Jesus von Nazareth, betrachtet wird. Die Impulse daraus können dann in das persönliche Leben übernommen werden. Damit wird Glaubensleben sichtbar und erfahrbar.
    Es bleibt jedem freigestellt, wie er sich von der Botschaft ansprechen lässt. Fakt ist, dass dies seit mehr als 2.000 Jahre der Fall ist. Und zu jeder Zeit haben die Berichte der Evangelien Menschen angesprochen und zu ihrer Zeit Glaubensleben bewirkt.
    Ich will mich, unabhängig von der jeweiligen Glaubesngemeinschaft, darauf verlassen, dass der Geist Gottes dies auch weiterhin wirken kann.

  9. Mir fehlt doch die konkrete Botschaft Jesu – es ist mehr „Humanismus mit christlichen Wurzeln“, was die Präses Heinrich und auch die EKD verbreiten. Ja, und das sehe ich wie Stammtischbruder, der das Fehlen Jesu in dem Unternehmen beklagt, es ist mir zu allgemein und verwaschen, nur „Impulse“ zu suchen und setzen zu wollen; sie müssen mit Substanz und Inhalten gefüllt sein (Gottesliebe, Jesusliebe und Nächsten- und Feindesliebe, Buße tun, Nachfolge Jesu, als Kernanliegen), sonst sind sie nicht unterscheidbar von anderen, „einfach“ menschenfreundlichen Anliegen und neugierigen Aufträgen, und ja, auch Missionen. Es genügt nicht „zu schauen“, sondern Christen müssen auch künden und verkündigen. Zuhören, aufnehmen – na klar, das ist doch selbstverständlich in einem Dialog, aber eben nicht nur, sondern auch über die Besonderheit der christlichen Frohen Botschaft sprechen. „Wir saßen noch drei Stunden nachts mit ihr im Garten und haben über utopisches Teilen diskutiert. Da habe ich für mich ganz viele kleine Impulse mitgenommen.“ Was soll daran besonders sein? Was sagt das aus, außer Neugier und Blabla („haben über utopisches Teilen diskutiert“, „kleine Impulse mitgenommen“)? Was verweist auf Jesus, d.h. im BlablubbNeusprech der heutigen Zeit, das Alleinstellungsmerkmal des christlichen Glaubens? Warum bescheidet man sich von vornherein mit der Einsicht, wir werden kleiner werden, statt aufzuwachen durch schwindende Mitgliederzahlen, dies nicht als unabänderliche Naturkatastrophe zu begreifen, sondern sich stattdessen in Frage zu stellen, wo man nicht mehr als Christen (sondern eben „nur“ als freundliche, politisch engagierte Menschen) wahrgenommen wird. Sich aufzumachen und zwar als überzeugte, authentische Christen, die etwas Besonderes mitzuteilen haben; die sich nicht schämen, sich nicht kleinmachen vor dem anderen und selbstbewusst von Jesus erzählen, warum sie gerade an ihn glauben und nicht an Muhammed oder Buddha, z.B. . Womit könnten sie den Dialogpartner begeistern, packen, was im Neuen Testament hat Gegenwartsbezug usw.? Die Bubble verlässt man nicht durch eine kleine, halb strukturierte Reise, um zu sagen, Zitat: „Hey, bei euch war es cool. Bei euch haben wir einen guten Impuls mitgenommen, könnt ihr uns was empfehlen?““, sondern eine fruchtbare Reise wird es für einen Christen durch das besondere Gepäck, das man mitbringt und unter die Menschen trägt. Warum trauen sich die Vertreter der EKD so wenig (zu) und auch Jesus Christus, seinem Wort, nicht? Und nein, ich bin in keiner Freikirche und keine christliche Fundamentalistin, nur eine von der EKD und vielen Predigten maßlos enttäuschte Christin.

  10. „Wir sind wirksamer, wenn wir uns auf einer persönlichen Ebene begegnen“!

    So sehe ich dies auch. Es ist ja durchaus eine Aufgabe und dann auch große Kunst, einen Inhalt, eine Absicht und eine dann auch konkrete Aussage nicht fromm und doch sehr christlich auszudrücken. Denn die fromme Sprache kann wie eine Hülle sein, wie ein Zuckerguss über der rauhen Wirklichkeit, unter der manchmal nur ein Hohlraum ist. Jesus ist Menschen immer auf Augenhöhe begegnet. Er ist auch nicht bei ihnen eingekehrt um zu sehen, ob sie dort in Korrektnes lebten, zur Kontrolle mit der dringenden Ermahnung anständiger zu werden, und/oder um die religiöse Umgangsform der geistlichen Oberschicht einzufordern. Es geht ja um Gemeinschaft und auch um Liebe. Dass man sich dort aber wirklich als Geschwister begegnet. Daher Kontakte entstehen, man über den Tellerrand sieht und sich möglicherweise freut, dass auch unterschiedliche Frömmigkeitsformen und verschiedene Zugänge zum Glauben den Reichtum einer Kirche ausmachen und nicht eine vermeindliche Indifferenz, auf die man gerne mit Fingern zeigt. Also ein gegenseitiges Wahrnehmen überhaupt erst möglich wird. Ich nenne ein erlebtes Negativbeispiel: Da reist der Kirchenpräsident einer sehr kleinen Landeskirche an, in einem riesigen Schlitten (Auto), hält auch den Gemeindegottesdienst, aber als er außerhalb des Gotteshauses steht an einer belebten Fußgängerzone, gehen die Leute wortlos an ihm vorüber. Niemand kennt ihn, oder hat ein Interesse. Seine Handzettel wird er nicht los. Er wirkt hilflos. Die Plakate die da neben ihm aufgestellt sind, werden nicht wahrgenommen. Wäre er so bekannt wie der Ratsvorsitzende, der Bundespräsident oder gar der Papst, dann würde man ihn vielleicht neugierig oder ehrfurchtsvoll bestaunen. Der Gang über den Roten Teppich wäre selbstverständlich. Jesus würde sich bei den (einfachen) Leuten heute daher zum Mittagessen einladen, einen Blumenstrauß mitbringen, mit den Kindern im Sandkasten eine Burg bauen und den Heiligen Abend mit den Damen von der Reeperbahn begehen. Denen würde er sagen, dass Gottes Liebe jedem Menschen gilt. Eigentlich wäre sogar dieser Satz überflüssig, denn er lebt eine Haltung, die dies eindeutig ausdrückt. Dann würden die Leute sagen: Das ist eine Kirche, die bei den Menschen ist, die so wie wir sind, unvollkommen sowie mit Irrtümern. Und die trotzdem auch so mit Gott reden wie mit einem guten Freund. Licht der Welt und Salz der Erde wird man nur in Beziehungen auf Augenhöhe sein können. Deshalb schätze ich als Mehrwert, dass andere Menschen auch andere Frömmigkeitsformen und andere Zugänge zum Glauben haben. Aber auch weil ich glaube, dass der Heilige Geist dort wirkt wo er will und wo sich der Einzelne nicht als das einzig richtige Maß aller Dinge und des allerrichtigsten Glaubens ist. Der Reichtum der Ev. Kirche, bei allen zugegebenen Mängel und Defiziten, ist ihre Vielgestaltigkeit. Jesusnachfolger gehen auch zur Demo, aber zur richtigen und vor allem fürs Klima. Ich bin ein sehr frommer Mensch, aber nicht gegen sondern mit anderen. Möglichst im Sinne Jesu.

  11. zweiter Versuch: Ja Jesus ging zu Zöllnern und Prostituierten. Aber was war seine Botschaft? „Ihr lebt aber einen interessanten Lebensstil, schließt euch uns an wenn ihr Lust habt, wir brauchen euren Input “ ? In meiner Bibel heißt es, „sündige hinfort nicht mehr “ „und komm folge mir nach“ !
    Die heutigen Offiziellen sind die damaligen Offiziellen, Heuchler, die den Menschen den Weg ins Himmelreich versperren !
    Sicher nicht durchgängig aber vorherrschend ! Es gibt nichts Neues unter dem Himmel.
    Und richtig erkannt, Jesu Jünger waren Handwerker, Fischer, „Normalos“ und aus denen machte er Apostel die unser Evangelium prägten. Wo ist dieser einfache Menschenschlag heute, vielleicht schafft man es zum Hausmeister der Kirche mit diesem Hintergrund.
    Und was soll diese Stigmatisierung “ das sind Freikirchler, Evangelikale, Ultrareligiöse “ ?
    Schon seltsam, auf der einen Seite „Toleranz“ ohne Ende, aber dann ausgrenzen ohne Ende !

    • der 2. Versuch ist auch nicht besser.

      Frau Heinrich ist HiWi ein einer Uni. Ihr Vater war (oder ist) Lkw-Fahrer, also wohl eher eine recht normale Herkunft und Arbeit. Wieso Du nun gerade bei Ihr kritisch die Frage nach der einfachen Herkunft stellt, entzieht sich meinem Verständnis.

      Und wo ist denn nun der Kern Deiner Kritik? Sie geht an die Basis und schaut, wie es dort ist. Also eigentlich auch genau das, was Du forderst. Nicht Offiziell sein sondern hin zu den Normalos.

      Und wo sagt sie, das sündigen gut ist? Oder ist das pro Klima sein, Punkmusikerin oder Gärtnerin schon für Dich sündigen?

  12. ja das erweitert den Horizont ungemein , die Hardcore Klimaaktivistin und ihre Freundin die utopische Gärtnerin, dann noch der Punkmusiker mit christlichen Einsprengsel. Einfach ein bunter Querschnitt durch die evangelische Welt.
    Ich würde folgenden Satz so vervollständigen: der Kirche fehlt ? Jesus !

    • Verstehe ich das richtig? Du meinst, Jesus traf sich ausschließlich mit den damaligen Offiziellen oder eben nur den wirklich perfekt Rechtgläubigen

      und er machte einen großen Bogen um alle Sonderlinge, Ausgestoßenen oder eben schlicht normale Durchschnittsmenschen, die vielleicht sogar zweifeln?

      Manchmal glaube ich, man hat mir damals eine falsche Fassung der Bibel angedreht. Denn bei mir steht das irgendwie anders drin.

      • Joerg, Sie werden es hier schwer haben, mit Ihren Ansichten.
        Die Gläubigen der Freikirchen, Evangelikale und Ultrareligiöse kommentieren hier.

        • Auch, aber nicht nur. 🙂 Wir wünschen uns jedenfalls die Breite der christlichen Szene. Ein Blick über den Tellerrand bereichert fast immer. Mfg, das Jesus.de-Team

        • Nun, das jesus.de zur freikirchlichen Szene gehört, merkt man ja u.a. auch daran, dass quasi jede personelle Veränderung in den entsprechenden Gremien der ev. Allianz o.ä. mit einer Nachricht kommentiert wird, man Nachrichten der weltgrößten Kirche, der RKK, allerdings doch schon etwas suchen muss und auch manches, was dort durchaus mal in der Tagesschau als Bericht erscheint, nicht unbedingt auch den Weg ins Nachrichtenportal von jesus.de findet.

          Finde ich aber auch nicht schlimm. jesus.de macht ja aus seiner Grundausrichtung auch kein großes Geheimnis.

          Wichtig ist mir, dass ich die Moderation von jesus.de hier als offen ansehe. Nicht offen in jede Beliebigkeit (wie ihr auch schon von manchen etwas extremeren Christen vorgeworfen wurde), aber hier ist schon eine große Bandbreite möglich. Ich denke, bei aller christlicher Grundüberzeugung der Moderation ist ihnen auch Meinungsfreiheit ein wichtiges Gut. Eine gute Einstellung, denn wer anderen (seriösen) Meinungen nicht zuhört, dem würde man auch kaum zuhören. Er bliebe in seiner Blase gefangen.

          Naja, und das manche etwas extremere Christen hier Schwierigkeiten mit meinen Ansichten haben, das dürfte sich nicht nur auf meine Ansichten erstrecken. Derartige User werden Schwierigkeiten mit vielen in der Welt haben.

          Ich selbst würde mich heute als ‚Interessierter in Hinblick auf das Christentum‘ bezeichnen. Da wäre es schon erstaunlich, wenn meine Ansichten hier allerseits zu Jubelstürmen und Zustimmung führen. 😉

          • „Nun, das jesus.de zur freikirchlichen Szene gehört, merkt man ja u.a. auch daran … „

            Tatsächlich bringen wir mehr Meldungen aus dem Bereich der EKD als aus der freikirchlichen Szene. Vergleichen Sie einmal die Trefferzahl für Bedford-Strohm mit FeG-Präses Ansgar Hörsting. Oder EKD: Das Schlagwort taucht in 1.800 Newsmeldungen auf, FeG nur 180 Mal. Richtig ist allerdings, dass die Freikirchen proportional bei uns stärker vertreten sind als ihre Mitgliederzahl das nahelegen würde. Das liegt in der Tat am Hintergrund des freikirchlich geprägten Verlags ( … dessen Zeitschriften allerdings zu mehr als 50 Prozent von Landeskirchlern gelesen werden). Hier arbeiten etliche Freikirchler, wobei der kirchliche Hintergrund insgesamt bunt gemischt ist. Ich selbst bin Landeskirchler.

            Was die Tagesschau betrifft: Wir bringen nicht alle kirchlichen Meldungen, die dort auftauchen, weil es dann auch dort gelesen würde – und nicht bei uns. Schließlich können wir mit unserem Mini-Team da nicht mithalten. Weder vom Umfang noch von der Geschwindigkeit her.

            „Wichtig ist mir, dass ich die Moderation von jesus.de hier als offen ansehe.“

            Danke, das ist unser Ziel. Mit freundlichen Grüßen, Daniel vom Jesus.de-Team

Die Kommentarspalte wurde geschlossen.

Die neusten Artikel