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Nach uns keine Sintflut: Christen und Nachhaltigkeit

Wie kommt es eigentlich, dass engagierte Christen beim Umweltschutz – Stichwort „Schöpfungsbewahrung“ – nicht auch voller Elan dabei sind? Thomas Weißenborn spürt falsch verstandene Denkmuster auf.

„What would Jesus do?“, war unter jungen Christen eine Weile eine beliebte Frage. In Bezug auf einen angemessenen Lebensstil ist die Antwort darauf eigentlich ganz einfach: Jesus war alles andere als ein Freund der Bequemlichkeit, der vor allem das Leben genießen wollte, kein Shopaholic, kein Freak, der immer die neusten Gadgets besitzen musste. Mode hat ihn genauso wenig interessiert wie die neusten Trends in was auch immer. Als er starb, besaß er praktisch nichts außer der Kleidung, die er auf dem Leib trug.

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Und das lag nicht nur daran, dass er in einer Gesellschaft lebte, die in jeder Hinsicht mit weniger auskommen musste als unsere. Denn selbst seinen vergleichsweise armen Zeitgenossen predigte er Verzicht, warnte sie davor, immer mehr haben zu wollen, weil man sich selbst dabei verlieren kann. Sein großes Vorbild waren die Blumen auf dem Feld und die Vögel am Himmel, die sich keine Sorgen machen und doch vom Vater im Himmel ernährt und gekleidet werden. Er erzählte eindrucksvolle Geschichten über die Gefahren des Wohlstandes und forderte die Besitzenden zum Teilen auf. Mit den Armen identifizierte er sich dagegen in einer Weise, dass man den Eindruck bekommen kann, sie stünden Gott wesentlich näher als die anderen. Aus der Sicht von Jesus sollten wir also mit einem einfachen Lebensstil, der in ökologischer und sozialer Hinsicht nachhaltig wäre, keine Schwierigkeiten haben – im Gegenteil!

Trotzdem haben sich im Christentum Ansichten eingeschlichen, die einem nachhaltigen Leben im Wege stehen. Und mit ihnen müssen wir uns zunächst beschäftigen, bevor wir uns den Themen zuwenden können, die uns zu einem besseren Leben verhelfen können.

„Macht euch die Erde untertan …“

Nicht erst seit der Aufklärung und dem Aufkommen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung betrachten wir unsere Umwelt unter dem Gesichtspunkt der „Brauchbarkeit“. Auch die Antike machte darin keine Ausnahme. Land wird für uns erst interessant, wenn es „urbar“ gemacht ist, „Bodenschätze“ enthält oder als „Erholungsraum“ dienen kann. Tiere und Pflanzen teilen wir entsprechend ein in „nützlich“ und „schädlich“ – die einen gilt es zu kultivieren, die anderen zu bekämpfen.

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Obwohl dies zunächst nichts mit dem Christentum zu tun hat, müssen wir leider feststellen, dass die Abwertung der Schöpfung auch von theologischer Seite aus betrieben worden ist. Dabei geht es gar nicht nur um die Aufforderung in der Schöpfungsgeschichte, uns die Erde „untertan zu machen“, mit der nahezu jede Misshandlung unserer Mitgeschöpfe gerechtfertigt werden könnte, die aber von den biblischen Verfassern gar nicht gemeint war. Sie dachten eher an „bauen und bewahren“, wie es ein paar Verse später heißt, und hatten dabei das Bild eines weisen Herrschers vor Augen, der wie sich ein guter Verwalter darum kümmert, dass die Schöpfung sich entfalten kann.

Diese Vorstellungen sind jedoch in den Hintergrund getreten, seit sich das Christentum mit der antiken Philosophie eingelassen hat. Die griechischen Philosophen, allen voran Sokrates und Platon, unterschieden streng zwischen dem materiellen und dem immateriellen Bereich, weswegen sie die „unsterbliche Seele“ als das Eigentliche des Menschen ansahen, während der „vergängliche Leib“ nur für eine begrenzte Zeit bewohnt wird. Als Folge davon hat sich auch das Christentum stark auf das „Seelenheil“ konzentriert, und die Tatsache, dass die Schöpfung Gottes erstes Werk ist, wurde vernachlässigt. Stattdessen glauben auch viele Christen eher an ein nichtmaterielles Weiterleben im „Himmel“ als an eine leibliche Existenz auf dieser erneuerten Erde. Auf diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass ein Einsatz für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen wenig gilt.

Überbetonung des Individuums

Zudem findet sich vor allem in der evangelischen Theologie ein Zug, der die Folgen unseres Handelns verleugnet. Gottes Vergebung wird quasi als Freispruch verstanden: Als bestünde Gottes Gnade vor allem darin, das Handeln des Menschen immer wieder ungeschehen zu machen. Das aber erzieht nicht zur Verantwortlichkeit. Wenn Paulus hingegen schreibt: „Irrt euch nicht, was der Mensch sät, das wird er ernten!“, wird das nur als Mahnung für Ungläubige verstanden, während sich Christen mit dem Hinweis auf die Vergebung Gottes aus der Affäre schleichen.

Nicht zuletzt findet auch der Individualismus im christlichen Verständnis einen starken Rückhalt. Die Schöpfung wird gern ausschließlich auf den Menschen hin betrachtet, als hätte Gott das unermessliche Universum nur deshalb geschaffen, damit er mit Adam und Eva im Garten spazieren gehen kann. Nicht bedacht wird dabei, dass nur ein verschwindend kleiner Bruchteil dieses Universums dem Menschen überhaupt zugänglich ist. Nicht einmal unser eigenes Sonnensystem können wir schließlich überblicken. Der Rest existiert ausschließlich um seiner selbst und Gottes willen.

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Es entsteht leicht der Eindruck, Gott liebe nicht mehr in erster Linie die Welt, sondern „jeden Einzelnen ganz persönlich“. Aus der großen Heilsgeschichte wird damit die kleine Antwort auf die individuelle Suche nach Glück und Erfüllung. Das ist jedoch nicht nur eine Abwertung der Schöpfung, letztlich zieht es auch Gott in Mitleidenschaft. Denn er wird unter demselben Gesichtspunkt betrachtet wie seine Welt: Gut ist, was mir nutzt.

Gott im Zentrum führt zur Schöpfungsverantwortung

Der Weg zu einer größeren Nachhaltigkeit beginnt deshalb mit einer Ausweitung des Blickfeldes. Im christlichen Glauben geht es zuerst um Gott, um seine Welt, um seine Geschichte – mit anderen Worten: um das große Ganze, innerhalb dessen mein Leben und alles drumherum nur einen verschwindend kleinen Ausschnitt darstellt. Dieser Ausschnitt kann deshalb erst vom Ganzen her seinen Sinn bekommen.

Mit Gott im Zentrum bekommt auch der Gedanke der Verantwortung ein neues Gewicht. Die Menschheit hat als Ganzes die Haushalterschaft für die Schöpfung übertragen bekommen. Damit jedoch müssen wir uns alle gemeinsam von Gott fragen lassen, wie wir sein Eigentum verwalten. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Bestimmungen des Alten Testamentes, nach denen Land (und damit die zu dieser Zeit eigentlichen wirtschaftlichen Ressourcen) niemals Eigentum von Einzelnen werden konnte. Es gehörte vielmehr immer Gott, der es der Gemeinschaft der Stämme, Sippen und Familien zur Nutzung übertrug. Deshalb konnte er zum Beispiel auch dessen nachhaltige Bewirtschaftung anordnen, etwa durch Regelungen zu einem sogenannten „Sabbatjahr“, nach denen in jedem siebten Jahr die Felder nicht bewirtschaftet wurden, sondern nur das geerntet werden sollte, das natürlich wuchs.

Interessant sind auch die Gleichnisse, in denen Jesus unter völlig anderen wirtschaftlichen Bedingungen nicht den Besitzer, sondern die Verwalter in den Mittelpunkt stellt und damit den Gedanken betont, dass der Mensch verantwortlich verwaltet.

Unermesslicher Wert

Damit sind wir bei der kritischen Frage, welchen Wert die Schöpfung – auch in ihrer jetzigen gefallenen Form – für Christen haben sollte. Mir begegnet immer mal die Ansicht, die ganze Welt sei Gott nicht wichtig oder er habe sie sogar verworfen. Das aber lässt sich so nicht halten. Gerade das Alte Testament ist Gottes Wirken in den „natürlichen“ Prozessen auf der Spur. So ist etwa das Buch der Sprüche eine Aufforderung, hinter der erfahrbaren Wirklichkeit Gottes gute Weltordnung zu erkennen. Nichts anderes tat übrigens auch Jesus in seiner Bergpredigt, in der er mehrfach auf Gottes Wirken innerhalb der natürlichen Prozesse Bezug nimmt, etwa wenn er davon spricht, dass Gott Sonne und Regen über Fromme wie über Gottlose schickt oder dass er Vögel versorgt, obwohl sie nichts säen. Auch wenn also vieles in der Welt nicht so ist, wie Gott sich das am Anfang vorgestellt hat und man deshalb Welt und Gott nicht gleichsetzen kann, bleibt die Welt doch Gottes Welt, die er für sich geschaffen hat. Allein das gibt ihr einen unermesslichen Wert.

Biblisches Menschenbild: Mensch ist Gemeinschaftswesen

Durch die Neubewertung der Schöpfung wird zwangsläufig eine neue Grundlage für unser Bild vom Menschen gelegt. Ohne Zweifel nimmt das Individuum in der Bibel einen großen Stellenwert ein. Für Gott sind die Menschen nicht eine große Masse, sondern einzelne Persönlichkeiten. Allerdings darf diese Erkenntnis nicht in den Individualismus führen, durch den der Einzelne der Gemeinschaft vorgeordnet wird. Nach der biblischen Schöpfungsgeschichte existiert der Mensch vielmehr von Anfang an in Gemeinschaft und als Gemeinschaftswesen.

Es würde uns helfen, diese Perspektive wieder stärker in den Blick zu nehmen und uns im Zusammenhang von Familien und Gemeinschaften zu verstehen, nicht als Individualisten. Wenn wir die Welt aus einer gemeinschaftlichen Perspektive betrachten, wird es uns auch gelingen, die vielleicht schlimmste Folge des Individualismus zu bekämpfen: Das Individuum muss nur selten für sein Handeln geradestehen. Gewinne werden privatisiert, die negativen Folgen unseres Tuns dagegen auf die Gemeinschaft abgewälzt. Familien wissen dagegen, dass die Welt eigentlich ganz anders funktioniert: Unsere Entscheidungen – gute wie schlechte – haben große Auswirkungen auf künftige Generationen. Und davon können wir uns auch als Christen nicht mit dem Hinweis auf Gottes Vergebung freimachen.

Die grundlegende Zielsetzung von Gottes Handeln mit der Welt und dem Menschen beschreibt Jesus mit dem Stichwort „Reich Gottes“. Damit nimmt er einen Gedanken aus dem Alten Testament auf, nach dem sich Gottes Herrschaft in einer gerechten Friedensordnung verwirklicht. Dazu gehören etwa ein fairer Ausgleich, eine gerechte Verteilung und friedvolle Konfliktlösungen. Sie setzen allerdings eine gute Haushalterschaft und damit ein im eigentlichen Sinne nachhaltiges, nämlich auf Dauer angelegtes, Handeln voraus. Hinzu kommt bei Jesus der Gedanke der Leidensbereitschaft. Seinem Beispiel folgend verstehen sich Christen nicht von ihren Rechten her, sondern davon, was sie für Gerechtigkeit und Frieden tun können.

Nur provisorisch?

Mein letzter Gedanke ist vielleicht der herausforderndste. Viele Christen sind mit einem Vers aus der Offenbarung vertraut, nach dem es einmal „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ geben wird. Damit wird freilich die jetzige Schöpfung generell zum Provisorium, das nur für eine gewisse (aber unabsehbare!) Zeit erhalten werden muss. Von der Bibel her liegt dieses Verständnis allerdings nicht so nahe, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Was die Zukunft angeht, liefert die Bibel ein sehr facettenreiches Bild. Im Mittelpunkt steht dabei, dass Gott seine Herrschaft aufrichten wird. Es geht zwar um einen „neuen Himmel und eine neue Erde“, ob dabei aber die alte ersetzt oder erneuert wird, bleibt unklar.

Die bildhafte Sprache der Offenbarung kann dabei nicht zur letzten Klärung herangezogen werden, denn Vorgänge der Weltgeschichte oder der Zukunft werden hier auf symbolische Weise dargestellt, etwa wenn verschiedene Tiere aus dem Meer steigen. Liest man dagegen andere Passagen im Neuen Testament, liegt eher der Gedanke der Erneuerung nahe. So wie wir in der Offenbarung von der „neuen Erde“ lesen, so beschreibt Paulus Christen als „neue Kreatur“. Gemeint ist hier aber mit Sicherheit nicht, dass die Persönlichkeit ersetzt wird, sondern Paulus beschreibt damit ihre Erneuerung. Deshalb verbietet es sich, bei der Welt einseitig von einer Ersetzung auszugehen. Wenn sie aber erneuert wird, dann handeln wir in ihr nicht an einem Provisorium oder gar einem Auslaufmodell, sondern an Gottes bleibender Schöpfung. Wer nachhaltig lebt, erhält nicht nur ein Provisorium am Leben, sondern beteiligt sich am Aufbau des Reiches Gottes. Und damit folgen wir Jesus nach, der uns auch darin ein Vorbild ist.

Thomas Weißenborn ist stellvertretender Direktor des Marburger Bibelseminars.


Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift andersLEBEN erschienen. andersLEBEN wird vom SCM Bundes-Verlags herausgegeben, zu dem auch Jesus.de gehört.

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7 Kommentare

  1. Matthäus 24,35 sagt Jesus aber doch, dass Himmel und Erde vergehen, aber seine Worte nicht. Selbstverständlich ist mir die Erde aber nicht egal, da ich mich schon über Zerstörung in meinem Garten gräme. Respekt vor der Erde ist Respekt vor dem Schöpfer, dem gewaltigen Künstler, der alles geschaffen hat. Wäre einem Künstler jemals sein Werk egal?

  2. Jesus selbst lebte Armut und Verzicht und fordert auch seine Jünger auf dasselbe zu tun, aber warum ?
    Sicher nicht wegen dem ökologischen Fußabdruck sondern um den Fokus auf die Ewigkeit zu lenken !
    „Sammelt euch Schätze im Himmel“
    Sorry, aber der Artikel dient dazu das Evangelium zu verdecken, Schwerpunkte zu verlagern und das eigentliche Problem des Menschen, nämlich seine Verlorenheit zu verschleiern.
    Gottes Urteil nach dem Schöpfungsakt war “ und siehe es war sehr gut „. Und selbst in einer gefallenen Welt erkennen wir noch die Schönheit der Schöpfung. Als Christ schätze ich das wert und handle verantwortungsvoll, aber um es deutlich zu sagen, unsere Bemühungen die „Welt“ zu retten laufen ins Leere, so rettet man keine verlorenen Seelen und auch nicht den totgeweihten Planeten !
    Warum starb Jesus eigentlich am Kreuz ? Wegen der Bienen, Fledermäuse und Blumenwiesen?
    Lesen wir doch zwischendurch Jesaja 53 „Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt“

    • Ist der religiöse Glaube bloß die Fortsetzung der kindlichen Fantasie? Fantasie und Fiktion sind wunderbare Phänomene und Gaben, die unser Leben bereichern und uns vermutlich von der Tierwelt unterscheiden. Was gibt es Schöneres, als in fiktive Geschichten einzutauchen, in denen nicht die Naturgesetze die dominierenden Kräfte sind, sondern das Vorstellungsvermögen. Wer in Glaubensfragen ins Reich der Fiktion flüchtet, läuft Gefahr in eine Scheinwelt abzurutschen und Opfer eines Aberglaubens zu werden.

  3. In der Klimakrise „arbeiten und beten“

    Ich würde nicht gerne so negativ formulieren wie „Dieter“. Denn hinsichtlich der Hirnerwärmung, was immer sich darunter als negative Vorstellungsbilder verbergen vermag, muss ich in Betracht ziehen, dass eine allgemeine Kritik an meinen Mitmenschen, Mitchristen und mithin an der gesamten Menschheit dann auch meine Selbstkritik mit einschließt. Wir alle sind Sünder – und zugleich sind wir alle unverdient begnadigte.

    Wir alle haben oft vergessen, dass bereits vor dem Neuen Himmel und der Neuen Erde – wenn hoffentlich die weltweiten Katastrophen der Offenbarung nicht oder nur gemildert eintreten – eine von Jesus gewollte Revolution der Liebe begonnen haben muss. Denn wenn wir hier voraussetzen, dass die Schwerter einmal zu Pflugscharen werden und wir den Krieg auf Erden abschaffen, dann hat dies – auch wenn diese Prophetie aus dem Alten Testament stammt – eine sehr große Dynamik des Heiligen Geistes in der Menschheitsgeschichte zur Folge. Ich glaube, dass Gott oft nicht in unser individuelles Leben eingreift und auch in die von uns global verursachte Klimakatastrophe auch nicht, weil wir das ernten was wir säen. Aber nicht um uns – sehr zeitgemäß ausgedrückt – zu schickanieren, sondern dass wir aus eigenen Fehlern lernen.

    Eigentlich verstehe ich alles was Gott tut, und wie Schöpfung stattfindet, universell. Dann kann ein Neuer Himmel und auch eine Neue Erde eigentlich nur bedeuten: Es wird eine völlig neue Seinsweise kommen, ein Neues Universum geschaffen, mit ganz anderen Naturgesetzen oder gar keinen – und die alte Welt wird von der neuen abgelöst. Die Nachhaltigkeit unserer christlichen Existenz als Licht der Welt und Salz der Erde lässt sich mit der uralten Weisheit erklären, dass nur Gott alles tut und tun will, wenn wir seine Hände und Füße sind und unser Engagement sein Engagement wird. Das klingt so, als ob hier Gott sich in unserer Menschlichkeit auflöst. Wahr ist dagegen, dass schon mittelalterliche Mönche wussten, wie Nachhaltigkeit im Kleinen und im Großen unseres Tuns entsteht: Wenn wir „beten und arbeiten“. Nun kann ich aus Altersgründen nicht mehr unbeschwert bei Klimaprotesten mitmarschieren, aber ich darf sie für gut finden und es publizieren. Jede und jeder hat in Gottes großer Zukunftswerkstatt einen Platz. Aber in diesem Werk Gottes gibt es niemand der wegen Fehlzeiten oder Faulheit hinausgeworfen wird. Im himmlischen Lernprogramm kann niemand endgültig versagen und Gott wird nicht über mich oder andere für immer den Stab brechen. Daher ist jenes, was damals am Kreuz geschah, so völlig anders als wir dies hier auf Erden und in unserem menschlichen Denken als normal ansehen: Das Kreuz versöhnt uns völlig unverdient mit Gott. Noch mehr: Jesus ist für alle Menschen und alle Kreaturen und für deren Erlösung gestorben. Das Kreuz gilt universal.

    Deshalb könnten wir auch an einem letzten Tag der Erde noch ein Apfelbäumchen pflanzen, denn wir dürfen es in Gottes Reich ernten. Wenn wir etwas für Gott, die Erhaltung der irdischen Schöpfung und unsere Mitmenschen tun, dann nicht, um uns durch Arbeit vor Gott gerecht zu machen. Ich und wir tun es, weil wir hoffentlich Gott lieben und aus Dankbarkeit arbeiten. Also lasst und beten und arbeiten, dabei fröhlich sein und aus großem Urvertrauen leben. Wir alle sind nicht nur Kain oder Abel, sondern kommen auch vor in den Gleichnissen vom Verlorenen Sohn oder vom Verlorenen Schaf. Beim verlorenen Schaf wird es vom Schäfer ohne eigenes Zutun gefunden, es wird nicht bestraft, aber er legt es auf seine Schultern und trägt es heim. Solche Liebe des Vaters (und der Mutter) aller Menschen ist vielleicht auch Motivation für uns, nicht jedes Insekt zu zertreten, die Tiere nicht als Lebensmittel auf vier Füßen zu betrachten und dem Schwein zu gönnen, dass es im Freien in der Erde wühlen darf. Denn der Vater im Himmel liebt auch die Tiere, Jedenfalls als Ninive unerwartet nicht untergeht, werden dort nicht nur die Anzahl der vielen Menschen als Grund für Gottes Mitleid erwähnt, sondern auch unsere Mitgeschöpfe. Es ist unser menschlichen Arroganz zuzuschreiben, wie wir oftmals die Tiere behandeln und da schließe ich mich in mittelbarer Täterschaft selbstkritisch mit ein.

  4. Vielen Dank für diese tiefgehende Betrachtung, die sehr deutlich auch manche Fehlentwicklung aufzeigt. Zum Glück gibt es inzwischen ernstzunehmende, wirkungsvolle Aktivitäten zur Nachhaltigkeit in unseren Kirchen. Die Methodisten in Berlin gestalten regelmäßig einen Schöpfungstag, der gut besucht ist und aktivierend wirkt. Die Bayerische Landeskirche macht viele Aktionen und sehr gute Umweltbildung https://umwelt-evangelisch.de/ Die evangelische Kirche in Berlin und Brandenburg hat sich ein verpflichtendes Klimaschutzgesetz gegeben https://www.ekbo.de/wir/umwelt-klimaschutz.html Nicht zuletzt gibt es für Gemeinden die mit EMAS vergleichbare Zertifizierung Grüner Hahn oder auch Faire Gemende, die viele Gemeinden schon besitzen. So habe ich Hoffnung, das wir Christen im Nachhaltigkeitsumfeld nicht nur aktiv, sondern vielleicht auch Vorreiter sind. Church for Future, für Gottes Schöpfung!

  5. „Macht euch die Erde untertan“, es fehlt noch: vermehret euch und…
    Wenn man bedenkt, was die Bevölkerungsexplosion und die Verbissenheit, mit der die Erde nicht geachtet, sondern als „Untertan“ behandelt, sprich beherrscht, ja, ausgebeutet wird, man also Revue passieren lässt, was der blindwütige Imperativ und seine verheerenden Folgen angerichtet haben, dann weiß man wieder, dass – neben der Erderwärmung – auch die Hirnerwärmung zugenommen hat., ja, das kostbare Gut bei (zu) vielen inzwischen komplett weggeschmolzen ist

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