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Vierter Advent: Am Ende der Reise

Das Matthäusevangelium berichtet, dass die Weisen aus dem Morgenland vor dem Kind niederfielen und es anbeteten. Wie drücken wir Hingabe und Anbetung aus?

Von Hanna Wilhelm

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Die Reisenden aus dem Morgenland sind überglücklich, als sie den Stall mit dem Kind endlich gefunden haben. Das berührt mich: Drei erwachsene Männer freuen sich riesig, weil sie den neugeborenen Retter gefunden haben. Welche Sehnsucht müssen sie zuvor in ihrem Herzen nach ihm gehabt haben, dass sie sich jetzt so kindlich freuen?

Aber noch ein weiteres Detail lässt mich nicht los. Der Evangelist Matthäus berichtet, dass die Sterndeuter vor dem Kind niederfallen. Es mag an unserer Zeit liegen, aber ich merke, dass mir diese Geste fremd vorkommt. Das kennen wir hier in Deutschland höchstens noch im Zusammenhang mit einem Heiratsantrag. Ich erinnere mich gut an einen Besuch in einer Kirche in London. Als nach dem Gottesdienst ein ranghoher Geistlicher die Kirche durch den Mittelgang verließ, wurden wir alle aufgefordert, aufzustehen. Aus irgendeinem Grund kam mir das damals übertrieben vor. Erst unter dem strengen Blick eines Ministranten erhob ich mich – mein Herz aber blieb sitzen.

Gottes Liebe bringt uns auf die Knie

Echte Ehrerbietung oder gar Anbetung kann man nicht erzwingen. Das ist wohl auch in unserer Beziehung zu Gott so. Selbst wenn wir von unserem Verstand her erfasst haben, dass Gott der König über diese Welt ist – unsere Herzen vollziehen diese Erkenntnis oft nicht nach. Im Alltag steht Gott gefühlt eher neben uns, als dass wir vor ihm auf die Knie fallen. Warum ist das so? Auf der anderen Seite bin ich froh, dass Gott kein absolutistischer Herrscher ist, vor dem ich gar nicht anders kann, als mich niederzuwerfen, wenn mir mein Leben lieb ist. Worin liegt also das Geheimnis, dass sich Freude und Anbetung so miteinander verbinden, wie es bei den drei Weisen der Fall gewesen ist?

Eine Antwort auf diese Frage habe ich in der Biografie von David Bennett gefunden. Der junge Australier wurde gläubig, nachdem er zuvor Atheist gewesen war. Das begann sich zu ändern, als ihn eine Bekannte fragte: „David, hast du jemals die Liebe Gottes erfahren?“ Diese Frage und ein intensives Erleben dieser Liebe wurde für Bennett zum Wendepunkt in seinem Leben. In einem Prozess, der über Jahre dauerte, öffnete sich David der Liebe Gottes immer mehr. Am Ende war er so überwältigt von ihr, dass er gar nicht mehr anders konnte, als Gott den ersten Platz in seinem Leben einzuräumen. David Bennett ging innerlich auf die Knie vor diesem Gott, von dem er so viel Annahme, Wertschätzung und Liebe bekommen hatte. Er war bereit, Gott von ganzem Herzen nachzufolgen. Ich glaube, diese Haltung ist der Schlüssel, wenn wir auf Dauer echte Weihnachtsfreude finden möchten.

Hingabe für den König

Es geht letztlich darum, dass wir tief in Gottes Liebe für uns verwurzelt sind und im Gegenzug frei dafür werden, ihm unser ganzes Herz zu schenken. Und zumindest hier passt das etwas kitschige Bild von einem Heiratsantrag wunderbar: Wenn ein Mann seine Angebetete auf Knien fragt, ob sie ihn heiraten möchte, dann legt er ihr in diesem Moment sein ganzes Sein hin. Er drückt aus, dass er nicht mehr ohne sie leben will und bereit ist, alles für sie zu tun. Gott sehnt sich danach, dass wir ebenfalls in einer solchen Hingabe an ihn leben. Dass wir ihm gerne nachfolgen, weil wir erkannt haben, wie großartig und wie liebevoll er ist. Klingt das zu abgefahren, zu gefühlsbetont? Wird dabei zu viel von uns verlangt? Ich glaube, die Antworten auf diese Fragen muss jeder für sich selbst finden. Die Sehnsucht der drei Sterndeuter nach dem verheißenen König war groß genug. Die Freude, die sie dafür am Ende ihrer Reise gefunden haben, war es auch.

Hanna Wilhelm ist Theologin und Redakteurin bei ERF Medien

Weiterlesen:

Erster Advent – keine Lust auf das Fest
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Dieser Artikel ist ein bearbeiteter Auszug aus dem Adventskalenderbuch Auf der Suche nach der Weihnachtsfreude von Hanna Wilhelm. Das Buch ist bei Gerth Medien erschienen. Gerth Medien gehört wie Jesus.de zur SCM Verlagsgruppe.

1 Kommentar

  1. In Gott kann man sich verlieben

    „Im Alltag steht Gott gefühlt eher neben uns, als dass wir vor ihm auf die Knie fallen“, schreibt Hanna Wilhelm. Aber da gibt es auch die anderen Geschichten, hier auch erwähnt, wo der Glaube und damit das Vertrauen auf Gott durchaus in großer Ehrerbietung besteht, aber ohne Angst. Denn in der Liebe ist keine Angst aufzufinden. Menschen können auch ganz plötzlich, ungeplant und zu Unzeiten Gott so in ihrer Seele begegnen, dass sie geradezu überwältigt sind. Etwa wie Saulus vor Damaskus. Oder in Nahtoderfahrungen. Zudem auch einfach wie durch ein Wunder spontan. Pfingstereignisse geschehen nicht nur an Pfingsten, sondern der Heilige Geist klopft oft an, auch wenn die Alltagsgeräusche dies meist überlagern. Was oft ausserhalb unserer Betrachtung liegt: In Gott kann sich jeder Menschen (theoretisch) verlieben. Dies kommt einer guten Gottesbeziehung eher näher bzw. wird dieser mehr gerecht, als die blose Unterwerfungsgeste, wie etwa Menschen des Altertums gegenüber allmächtigen Herrschern. Einer wirklichen ganz tiefen Liebe in unserer Seele von und zu Gott braucht sich niemand zu unterwerfen, weil man in zusagender Weise ein Beschenkter wird und ein Ergriffener.

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