Wenn du es eilig hast, gehe langsam. Annäherung an ein biblisches Lebensprinzip.
Von Pastor Christoph Lenzen
Alles gibt es mittlerweile in „slow“ – ein Megatrend, der sich immer schneller (wie paradox!) dreht und immer neue Höhen und (teils absurde) Ausprägungen annimmt. Slow cooking, slow tourism, slow living und sogar slow sex. Vom „Rein, rauf, runter, raus“ hin zur Zeitlupe? In allen Lebensbereichen? Echt jetzt?
Die göttliche Sehnsucht spüren
Doch, da ist anscheinend wirklich eine tiefe Sehnsucht in uns, aus dem Hamsterrad auszusteigen, weil irgendetwas – besser: irgendwer – in uns verstanden hat, dass das Hamsterrad von innen wie eine Leiter aussieht, die man aufsteigt – ohne aber eigentlich vom Fleck zu kommen. Irgendwann plumpst man erschöpft aus der immer gleichen hektischen Mühle heraus und kapiert die Illusion, der man aufgesessen war. Das kann es nicht sein und deswegen sehnen wir uns nach mehr Langsamkeit, Achtsamkeit, nach Bedacht, Genuss, Hinschauen, Wahrnehmen – eben all den Dingen, die wir mit „slow“ verbinden. Und das fühlt sich alles so richtig an.
„Warum also eilen? Für was oder wen? Für Gott jedenfalls nicht.“
Eine gute Sehnsucht erwacht da in uns. Ja, ich glaube, dass wir es hier mit einer ganz und gar göttlichen Sehnsucht zu tun haben! Denn dieser Gott hat die Ewigkeit in unser Herz gelegt (Prediger 3,11). Jedem von uns. Quasi eine Grundausstattung des Menschen – nicht nur Sonderzubehör für Extrafromme. Und wenn wir von diesem Ewigkeitsbewusstsein geprägt werden, mehr und mehr, dann hört das Hetzen, Eilen und Alles-in-dieses-Leben-hineinpacken-Müssen auf, denn da ist ja ewig Zeit. Und das Beste kommt noch. Warum also eilen? Für was oder wen? Für Gott jedenfalls nicht.
Aber so einfach ist es nicht. Denn da gibt es noch den anderen Impuls in unseren Herzen, der Geschäftigkeit, Rasanz, Action und Tempo liebt und schlicht geil findet! Wenn man abends richtig erledigt nach einem rasanten Arbeitstag und einer komplett abgehakten To-do-Liste aufs Sofa plumpst und den Kronkorken unter einem wohligen Zischen von der Flasche hebelt. Da kommt doch etwas in uns hoch, das sich richtig gut anfühlt! Und wie gehen wir damit um? Doch zuerst die Kehrseite der Tempo-Medaille…
Eile macht krank
Stress, Hektik, Eile – all das macht als Lebenshaltung letztlich krank. Das wissen wir. Schon 2005, also noch vor dem ersten iPhone im Herbst 2007, schrieb der Zeitmanagement-Papst Lothar Seiwert das Buch „Wenn du es eilig hast, gehe langsam“. Das ist satte 18 Jahre her. Geändert hat sich seitdem wenig. Der Druck hat eher weiter zugenommen, soziale Medien sind omnipräsent, das Smartphone liefert E-Mails und Nachrichten zu jeder Tages- und Nachtzeit und somit die Aufforderung: Reagiere! Jetzt! Jede Nachricht ein kleiner Kick. Ein kleines bisschen Adrenalin im System und wenn wir es erledigt haben: Dopamin – das Belohnungshormon. Was erklärt, warum die Dauervernetzung süchtig macht und sich gut anfühlt. Bis man die Folgen spürt … Aber wie gesagt: Die wurden schon viel, viel früher benannt. Nicht erst 2005, sondern sogar knapp 3000 Jahre früher.
Der Prophet Jesaja beschreibt bis ins Detail faszinierend akkurat, was geschieht, wenn wir nicht mehr aus der Ruhe leben, sondern aus der Geschäftigkeit, aus der Hektik und Betriebsamkeit – denn dies hat nicht nur Konsequenzen für uns selbst, sondern auch für die Beziehung zu Gott: „So sprach Gott, der Herr, der Heilige Israels: ‚Wenn ihr umkehrt und still seid, werdet ihr gerettet. Wenn ihr Ruhe bewahrt und Vertrauen habt, seid ihr stark.‘ Doch das wolltet ihr nicht. Stattdessen habt ihr gesagt: ‚Nein! Auf Rossen wollen wir dahinrasen‘ – darum werdet ihr rasend die Flucht ergreifen. ‚Auf Rennpferden wollen wir reiten‘ – darum werden eure Verfolger euch überrennen. Tausend von euch werden fliehen, wenn ein Einzelner sie bedroht. Vor fünf Feinden lauft ihr alle davon, bis nur noch ein kümmerlicher Rest übrig bleibt. Der steht einsam da wie eine Fahnenstange auf einem Berggipfel oder ein Feldzeichen auf einer Anhöhe.“ (Jesaja 30,15-17, BasisBibel).
„Gott ist im Mittelpunkt – von ihm her strömt Rettung, er kämpft mit und für uns im alltäglichen Chaos, er macht uns stark.“
Umkehr, Ruhe, Vertrauen, Rettung – das alles sind geistliche Begriffe in diesem Kontext. Die Rede ist nicht von einer passiven Ruhe, einer netten Auszeit im Wellnesshotel nahe Jerusalem, sondern von einer äußeren Ruhe, die in die Ruhe Gottes eintaucht. Der Schreiber des Hebräerbriefs wird diese Ruhe Gottes knapp tausend Jahre später ein halbes Kapitel lang (Hebräer 4,1ff) im Kontext des Neuen Testaments ausbreiten und mit den Worten schließen, dass wir alles daran setzen sollen, in diese Ruhe einzutreten (Vers 11). Diese Begriffe kennzeichnen alle zusammen eins: Gott ist im Mittelpunkt – von ihm her strömt Rettung, er kämpft mit und für uns im alltäglichen Chaos, er macht uns stark (sein Ziel ist also nicht, uns klein und schwach zu halten!). Unsere Aufgabe ist dabei offensichtlich Umkehr – neutestamentlich im Griechischen „metanoia“, wörtlich übersetzt „ein Umdenken“. „Nicht an mir, an meiner Anstrengung, an meinem Hetzen und Bemühen hängt alles. Ich will still werden und mich ausrichten auf den Schöpfer des Universums.“ Aber nein – das will das Volk Israel im Umfeld des Propheten nicht und deswegen führt Gott ihnen vor Augen, was die Konsequenzen sind, und er beschreibt diese schmerzhaft detailliert und spürbar aktuell.
Slow beinhaltet Umkehr und Rettung
„Ihr wollt nicht still werden, sondern dahinrasen – also werdet ihr auch rasend die Flucht ergreifen in eurer Niederlage.“ Das ist die schmerzhafte Lebensrealität vieler ausgebrannter Männer und Frauen. Das, was so geschäftig und aktiv erschien, wird mit einer brutalen 180-Grad-Wende ins Gegenteil verkehrt. Wir sind ganz schnell aus dem Rennen und ergreifen die Flucht vor dem, was uns jahrelang angetrieben hat. „Eure Verfolger werden euch überrennen.“ Und wir dachten doch, dass wir die Starken, Aktiven, die Gestalter sind. Von wegen! „Tausende von euch werden vor einem Feind fliehen“ – was für eine krasse Beschreibung eines typischen Symptoms des Ausgebranntseins.
Unser autonomes Nervensystem ist überreizt, kommt nicht mehr zur Ruhe und plötzlich wird alles zu viel und die kleinste Herausforderung löst Panik, Herzrasen, Fluchtgedanken aus. „Am Ende steht ihr da wie eine Fahnenstange auf einem Berggipfel“ – was für ein frustrierendes, schmerzendes Bild! Eine Fahne markiert auf einem Berggipfel einen weit sichtbaren Herrschaftsanspruch – eine Fahnenstange ohne Fahne ist ein Zeichen absoluter Kapitulation und Machtlosigkeit. Wir haben sofort ein Bild vor Augen, wie kümmerlich das wirkt, und es ist wichtig, dieses Bild wirken zu lassen, damit wir hoffentlich: umkehren, still werden, Ruhe bewahren und Vertrauen haben. Es ist dem Propheten offensichtlich wichtig, dass bei diesem Thema lebendige Bilder vor unserem inneren Auge entstehen, wo wir enden, wenn wir aus der Hektik, aus der Geschäftigkeit heraus leben und dabei schleichend auch die lebendige Gottesbeziehung verlieren. Hirnphysiologisch ist das großartig und enorm weise – denn intellektuelle Argumente überzeugen einen Menschen fast nie. Das zeigen zahlreiche Untersuchungen. Selbst Herzpatienten, die gerade dem Tod von der Schippe gesprungen sind, ändern ihr Leben nach der Rekonvaleszenz meist nicht – die Zahl der Umkehrenden liegt im einstelligen Prozentbereich und das ist enorm frustrierend. Deswegen brauchen wir emotionale und bildhafte Argumente. Und die schenkt uns Jesaja hier reichlich.
Aber reicht das? Ist Schnelligkeit und Geschäftigkeit nicht auch faszinierend und fühlt sich lebendig an? Sollen wir Männer jetzt zu kahlköpfigen Meditierenden werden, die sich unter einen Baum setzen, bis sie erleuchtet werden? In diesem Irrbild liegt eine wichtige Täuschung, die Veränderung verhindert. Denn es geht der gesamten Bibel nicht um ein Entweder-oder, sondern sehr häufig um ein Sowohl-als-auch.
Kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch
Auch wenn die Ruhe bei und in Gott der Ausgangspunkt ist; auch wenn Vertrauen und Gelassensein die Grundlagen darstellen: Wir müssen nicht aufhören, Kämpfer und Aktive zu sein! Zwischen Stress und Entspannung, Schnelligkeit und Langsamkeit, Kämpfen und Vertrauen entsteht im besten Fall ein Schwingen. Alles in unserem biologischen Leben hat eine Eigenfrequenz. Alles schwingt. Und auch unsere Seele fühlt sich dann am wohlsten, wenn sie zwischen „slow“ und „fast“ schwingen darf. Sogenannter „Eustress“ tut uns sogar gut – ein dauerhaftes Abhängen auf dem Sofa, ein Versacken in sozialen Medien unter einem immer größer werdenden Berg von Fertigpizzakartons – das tut uns nicht gut! Jeder, der einmal arbeitslos war oder stillgelegt durch eine Krankheit, kennt dieses Phänomen: Wir werden depressiv, traurig, antriebslos, fühlen uns sinnlos und leer.
„Es darf auch schnell sein! Wenn unsere Basis die Ruhe ist.“
Wir sind als Männer doch Gestalter, tragen den Schöpfergeist in uns, wollen bewirtschaften, entdecken, einnehmen. Und das hat Power, Energie, manchmal auch Tempo und Anstrengung, die an die Grenzen gehen. Es darf auch (!) schnell sein – wenn unsere Basis die Ruhe, die bewusst gewählte Langsamkeit ist. So wie der Marathonläufer lange, fast schon unerträglich langsame Läufe im Training absolvieren muss, um letztlich im Wettkampf bei höherem Tempo zu bestehen, so benötigen wir die Slow-Basis bei Gott, um energiegeladen schnell leben zu können. Das Maß des Schwingens ist dabei individuell sehr unterschiedlich. Da lohnt es sich, dem Körper zuzuhören, Marker unseres autonomen Nervensystems wahrzunehmen: Schlafen wir schlechter und weniger? Sind wir reizbarer? Essen wir zucker- oder salzhaltiger? Melden sich alte Suchtmuster? Dann ist es Zeit, innezuhalten und neu einzutreten in die Lebensbasis des Slow.
Zur Ruhe kommen
Eine letzte Frage muss noch beantwortet werden – eine Frage, die immer wieder in Gesprächen hochkommt: „Ich komme einfach nicht zur Ruhe. Ich sehne mich danach, aber alles in mir wehrt sich dagegen und wenn ich es versuche, werde ich unruhig. Was soll ich tun?“ Wenn die Unruhe beharrlich bleiben will, dann dient sie meist dazu, inneren Schmerz zu übertünchen, denn in der Stille, im Langsamen, Bewussten kommen auch unsere Wunden zum Vorschein und das, was in uns wehtut. In diesem Fall rate ich dazu, sich einen seelsorgerischen Begleiter zu suchen. Denn die Ruhe hat immer auch etwas Therapeutisches. Gott möchte unsere Lebenswunden berühren, uns heilen. Wenn wir uns vor der Ruhe fürchten, brauchen wir Unterstützung auf diesem Weg, Schutzräume, die es uns ermöglichen, den Lebensschmerz sicher anzuschauen. Und in dem Maße, wie dieser Schmerz sein darf, können auch wir mehr und mehr in die Ruhe, in das Slow vor Gott eintauchen. Und aus dieser Haltung heraus hat dann auch unser schnelles Leben eine ganz andere Energie – weil Gott unser Kerosin für den Alltag wird und nicht wir selbst mit unserer begrenzten Kraft. Wenn das kein Appetitanreger ist, sich mehr in das Slow hineinzubegeben! Gott freut sich auf dich!
Dieser Artikel ist in der Zeitschrift MOVO erschienen. MOVO ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.
….ich hatte noch etwas vergessen….die Vögel in der Natur „draußen“…das wunderschöne Gezwitscher….ist das nicht schön, die Musik die sie für uns machen?
Das ist für mich zur Ruhe kommen….ICH DARF EINFACH SEIN…..und selbst mit meinen Kindern war das so, als sie klein waren…mit meiner Tochter,-jetzt-….das Lachen genießen…Spiele spielen…reden….sich einfach freuen und jeden Moment genießen….das gibt Kraft!
Und die Liebe ist die größte Kraft..
LIEBE…..
wie Bernd auch schrieb, die Achtsamkeit ist wichtig…auch im Umgang mit sich selbst….und trotzdem seinen Nächsten auf Augenhöhe begegnen.
Jesus liebt jeden Menschen, Jeden!!!
Und selbst wenn man Nachfolger ist, wird doch keine Höchstleistung erwartet….was viele meiner Geschwister denken, sie müssen doch…nein Irrtum….Gott liebt!
Gott trägt! Gott heilt! Gott gibt! Gottes Liebe ist höher wie Alles, was „Mensch“sich so vorstellen kann….in IHM zur Ruhe kommen…das schafft eine gewisse Freiheit im Sein.
Echt nicht einfach….ist denn ein Mensch der viel beschäftigt ist, wertvoller wie ich?
Bringt Leistung mehr…außer vielleicht Geld auf dem Konto?
Nein -in der Ruhe liegt die Kraft…tatsächlich….
und ich kann nie Urlaub machen….weil ich das Geld gar nicht dafür habe.
Meine letzte Mutter Kind Kur ist Jahre her…von daher, das war mein letzter Urlaub….
Also hier zur Ruhe kommen….und das Beste daraus machen.
In Liebe
Meike
Ich glaube, es ist dass-was wir im Außen sehen.
Viele „geschäftige“ Menschen …und das reißt uns mit.
Alles muss eben so sein…eine gewisse Alltags Struktur, aus der wir natürlich schwer…oder kaum raus kommen.
Bis der Körper krank wird…oder die Seele schreit!
Wer kennt das nicht?
Meistens wird dann ein Urlaub gebucht um aus dem Alltag raus zu kommen.
Abstand…neue Kraft schöpfen…oder es gibt ja Mutter und Kind Kuren alle 2 Jahre…oder einen Friseur Besuch bei Frauen, Kosmetik Studio….Fußball/Handball bei Männern…oder oder?
Doch man kann ja nicht vor sich selbst weglaufen…oder seiner Lebenssituation.
Vielleicht kurz…aber es holt einen ein.
Auf die Bremse treten, würde ich sagen…langsamer fahren.
Dinge liegen lassen, die noch Zeit haben.
Nicht so perfekt sein müssen…dann ist eben mein Abwasch nicht gemacht…oder die Wäsche noch nicht aufgehängt.
Wenn Besuch kommt, habe ich eben nur das da, was da ist.
Wer sich einlädt, kann ja auch etwas mitbringen, oder?
Wenn Besuch kommt, besucht er mich, nicht meine Wohnung.
Kinder können auch mithelfen….
mir helfen Spaziergänge mit meinen Hunden am Kanal….oder am Strand…oder im Wald.
Die Natur hilft mir aufzutanken, dabei kann ich mich ganz wunderbar mit Gott unterhalten.
Mir hilft ein schöner Film…(DVD)
Meine Katzen…die ich so liebe.
Mir hilft eine gute Tasse Kaffee…in meinem Lieblingspott.(Becher)
Mir helfen gute ,sinnvolle Gespräche, der Friede Gottes in allem, meine Gebete….
ich könnte hier viel schreiben, was mir hilft zur Ruhe zu kommen.
Meiner Seele den Raum zu geben, den sie braucht…
Ich liebe meine Freundin, es ist schön mit ihr zu reden…mit ihr zusammen zu sein…(was ich leider nicht oft kann, weil sie Missionarin ist)
Die kleinen, großen Dinge zu schätzen lernen, mitten in der Hektik des Alltags…das ist das besondere Geschenk von Gott an mich.
Danke Jesus
Ich kann eigentlich nie Urlaub machen, hab keinen Garten, nicht einmal einen Balkon….mir fehlt das Alles.
Also was kann ich tun, um es mir schön zu machen, mit dem was ich habe?
So versuche ich zur Ruhe zu kommen…
Alleinerziehend, bzw.auch alleine zu sein, menschlich gesehen ist oft nicht einfach, weil man immer alles irgendwie alleine machen muss…da braucht man Oasen.
Sonst geht man kaputt oder erschöpft gänzlich.
GEBET!!! Zur Ruhe kommen, aufatmen -abgeben an Gott- zu wissen, da ist ein lieber Papa Gott, der kümmert sich um mich!
Und mutet mir nur das zu, was ich auch wirklich tragen kann….
Also….Hilfe Gott, hilf mir….und Gott hilft zur Ruhe zu kommen….
ganz liebe Grüße
Meike
Kein Hamsterrad-Dasein, echte Frömmigkeit und die Werte der Bergpredigt
„Warum also eilen? Für was oder wen? Für Gott jedenfalls nicht.“ (Zitat Ende). Wirklich Wo geht’s raus? Wirklich gefangen im Hamsterrad ? Ich halte es für richtig, immer und überall im Leben zuerst zu denken und dann zu handeln. Sinnvoll und seelisch wohltuend ist es, zudem achtsam mit sich selbst genau so umzugehen wie mit den Mitmenschen. Sich selbst zu lieben ist keine Fehlhaltung, sondern in der Folge Gott zu lieben und den Mitmenschen auf Augenhöhe möglichst mit Freundlichkeit zu begegnen. Ich wünsche mir, was sicherlich nicht nur für mich manchmal eher eine Annäherung darstellt: Eine stille Zeit vor Gott. Einmal wenig oder nichts zu denken und in sich hinein zu hören. Oder Bibelworte zu reflektieren, was sie mir sagen in meiner Lebenssituation. Das Gebet geht immer. Gott kann und darf man alles erzählen und Ehrlichkeit bzw. Offenheit wird doch so leicht gemacht durch den Umstand, weil man im Himmel sowieso alles über mich weiss. Es gibt gegenüber ihm kein Tabu gegenüber jedwedem Thema. Daher fahren sicherlich soviele junge Leute gerne nach Taize, sodass mir dortige zwei Teilnahmen vor vielen Jahrzehnten vorkommen als habe ich dort viele Woche oder Monate verbracht. Denn da war es immer auch möglich, und wird heute praktiziert, diese Stille im Gebet zu finden, gleichsam auch mit anderen. Was würde heute der olle Martin Luther sagen , auch wenn er für mich beileibe kein Heiliger ist: „Gott war immer schon gnädig und barmherzig, dazu brauche es kein Hamsterrad, ich muss nicht heute die Welt retten und irrtümsfähig sind wir immer im Leben.
Allerdings nicht Alarmismus ist, über die derzeitige Weltlage alarmiert zu sein. Der Krieg nicht nur in der Ukraine kann aus purem Irrtum zum globalen Fiasko werden, die Klimakrise lässt grüßen und auch all jener Hass, der täglich von politisch radikalen Menschen oder dumpen Toren auch im Internet verbreitet wird. Die Kriegstoten, das unendliche Leiden, die Hungersnöten, eine Zunahme von Bananenrepubliken, die Millionen Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge – lassen (leider) die Weltuntergangsuhr auf fünf vor Zwölf stehen. Nicht Gott wirft Feuer vom Himmel, sondern wir betreiben auf Erden die Hölle, die meisten Probleme sind selbstgemacht, die Völker teilen nicht die Güter der Erde, wer eine nicht normgerechte Sexualität hat wird runtergemacht oder immer noch geächtet – und wie es die Bibel (praktisch als Erfahrung aus Jahrtausenden) prophezeit: „Die Liebe wird in vielen erkalten“! Dass die Liebe defizitär wird – und damit die Botschaft Jesu unverständlicher – ist und bleibt ein Grundsatzproblem.
Da können wir also nicht aus dem Hamsterrad heraustreten – was ansich richtig wäre – sondern wir müssten eine andere Art von Besorgnis an den Tag legen, die konstruktiv wäre. Dies könnte viel sein. Aber ich will der Einfachheit hier nur eines nennen: Als hohes Lob an alle Menschen guten Willens, die sich gegen die Klimakatastrophe wenden, die versuchen lautstark für Eile einzutreten und die unsere gute Schöpfung Gottes auf Erden bewahren wollen. Jeder der ohne Waffen, gewaltlos, aber doch entschlossen sich der Klimabewegung anschließt, will ebenfalls Gottes schönes Wohnzimmer auf Erden erhalten. Wir brauchen neben echter Frömmigkeit, Nächsten-und Gottesliebe auch die praktisch zeitlosen Wahrheiten der Bergpredigt. Nicht dass wir sie vollständig erfüllen könnten, sondern wir uns in der Praxis und in unserem Denken dieser Jesusrede real annähern. Diese Erde wäre ein Paradies würde jeder dem anderen Menschen das zugestehen, was er sich auch für sich selbst wünschen würde: Liebe und Akzeptanz. Für mich begründet sich dies damit, dass Gott – entgegen jeder anderen Lehre – jeden Menschen ohne Vorbedingungen sehr liebt. Was wir also gewissermaßen für Gott in Dankbarkeit somit tun könnten, ist keine Sicherstellung des eigenen Heiles. Die gibt es für jede/n nur als völlig unverdientes Geschenk.