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Herz und Herz vereint zusammen

Kann man ein Lied über „Kirche“ schreiben, ohne das Wort „Kirche“ zu verwenden? Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf hat es getan. Das Wort „Kirche“ war ihm zu vorbelastet. Ihn bewegten die Werte, um die es in der Kirche gehen sollte.

  1. Herz und Herz vereint zusammen
    sucht in Gottes Herzen Ruh‘!
    Lasset eure Liebesflammen lodern
    auf den Heiland zu!
    Er das Haupt, wir Seine Glieder,
    Er das Licht und wir der Schein;
    Er der Meister, wir die Brüder,
    Er ist unser, wir sind Sein.
  2. Kommt, ach kommt, ihr Gnadenkinder,
    und erneuert euren Bund,
    schwöret unserm Überwinder
    Lieb und Treu aus Herzensgrund!
    Und wenn eurer Liebeskette
    Festigkeit und Stärke fehlt,
    o so flehet um die Wette,
    bis sie Jesus wieder stählt!
  3. Legt es unter euch, ihr Glieder,
    auf so treues Lieben an,
    dass ein jeder für die Brüder
    auch das Leben lassen kann.
    So hat uns der Freund geliebet,
    so vergoss Er dort sein Blut;
    denkt doch, wie es Ihn betrübet,
    wenn ihr euch selbst Eintrag tut.
  4. Halleluja, welche Höhen,
    welche Tiefen reicher Gnad,
    dass wir dem ins Herze sehen,
    der uns so geliebet hat;
    dass der Vater aller Geister,
    der der Wunder Abgrund ist,
    dass Du, unsichtbarer Meister,
    uns so fühlbar nahe bist.
  5. Ach Du holder Freund, vereine
    Deine Dir geweihte Schar,
    dass sie es so herzlich meine,
    wie’s Dein letzter Wille war.
    Ja verbinde in der Wahrheit,
    die Du selbst im Wesen bist,
    alles, was von Deiner Klarheit
    in der Tat erleuchtet ist.
  6. Liebe, hast Du es geboten,
    dass man Liebe üben soll.
    O so mache doch die toten,
    trägen Geister lebensvoll:
    Zünde an die Liebesflammen,
    dass ein jeder sehen kann:
    Wir als die von einem Stamme
    stehen auch für einen Mann.
  7. Lass uns so vereinigt werden,
    wie Du mit dem Vater bist,
    bis schon hier auf dieser Erden
    kein getrenntes Glied mehr ist.
    Und allein von Deinem Brennen
    nehme unser Licht den Schein;
    also wird die Welt erkennen,
    dass wir Deine Jünger seien.

Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf


Das Lied „Herz und Herz vereint zusammen“ aus dem Liederschatz-Projekt von Albert Frey und Lothar Kosse.

Schon im 18. Jahrhundert war das Wort „Kirche“ belastet

Obwohl das Lied, nach dem wir fragen, vom Geheimnis und vom Segen der Kirche spricht, kommt das Wort „Kirche“ darin nicht ein einziges Mal vor! Dem Dichter Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf – er lebte im 18. Jahrhundert – ging es damit nicht anders als vielen Menschen heute. Das Wort ist belastet. Man denkt schnell an Amtskirche und Kirchenamt, an Institution und Hierarchie, an Machtanspruch und Machtmissbrauch.

Zinzendorf aber lag an etwas anderem: am Wunder der brüderlichen Gemeinschaft, die ihren Ursprung, ihre Mitte und ihr Ziel in Jesus hat. Zwei Kernworte durchziehen und bestimmen das siebenstrophige Lied: Das Wort „Liebe“, das nicht weniger als neunmal vorkommt, und das Wort „Herz“, das uns fünfmal begegnet und gleich den Anfang der ersten Strophe dominiert.

Untereinander eins sein

Die Sprache Zinzendorfs ist durchweg von biblischen Worten und Bildern bestimmt. Eines der prägenden Worte finden wir im Matthäusevangelium (23,8): „Einer ist euer Meister, ihr aber seid alle Brüder“ (Strophe 1). An den „letzten Willen“ Jesu erinnert die kräftige Betonung des Einsseins der Jünger mit ihrem Meister und damit auch untereinander (nach den Worten aus dem Hohepriesterlichen Gebet Jesu, Johannes 17,23).

Die Jünger sind das Licht der Welt, aber dieses Licht hat seinen Ursprung nicht in den Jüngern selbst, sondern in ihrem Meister, der das Licht der Welt ist (Johannes 8,12). Die „Gemeine“ (so sprach und schrieb der Dichter das Wort) ist der Leib Jesu Christi, der seinerseits das Haupt dieses Leibes ist (Epheser 1,22 f.), die einzelnen Jünger sind Glieder an diesem Leib.

Liebe in Person

Eine „Liebeskette“ ist es, die die Gläubigen mit ihrem Meister und untereinander verbindet. Der Meister aber ist der „holde Freund“ der Seinen. Er ist die Liebe in Person, wie die Anrede am Anfang der sechsten Strophe lautet.

Das Lied hat einen klaren Aufbau. Die ersten drei Strophen gleichen einer Predigt, die zu Liebe und Einmütigkeit ermahnt. Dann folgt – exakt in der Mitte des Liedes – eine Anbetungsstrophe, an die sich drei Bitt-Strophen anschließen. Der Dichter hat das Wunder der christlichen Gemeinschaft aber nicht nur mit schönen Worten besungen.

Gemeinde entsteht durch Flüchtlinge

Er hat selbst eine beispielhafte „Gemeinde“ gegründet. In ihr verband sich eine fromme Ortsgemeinde mit Flüchtlingen, die unter Anführung eines Zimmermanns bei Nacht und Nebel aus dem katholischen Mähren in die sächsische Oberlausitz geflohen waren, wo Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf ihnen auf seinen Gütern Zuflucht gewährte.

Die ursprüngliche Textfassung unseres Liedes entsprach allerdings in vielen Formulierungen gar zu sehr dem barocken Zeitgeschmack. Es war Albert Knapp, ein Nachfolger im Amt der Gemeindeleitung, der rund ein Menschenalter nach Zinzendorfs Tod dem Lied die Fassung gab, in der wir es heute singen.

Text: Reinhard Deichgräber


Hier findest du gute Gedanken zu weiteren altbekannten Chorälen und christlichen Liedern.

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1 Kommentar

  1. Es geht nicht um Kirche oder irgend eine Institution von Menschen eigenwillig geschaffen. Somit ist Kirche
    nicht gleich echtes CHRISTENtum. Keiner geht in eine Garage und wird dadurch zum Auto. Keiner der in die Kirche geht ist gleich ein echter CHRIST, sondern nur ein Kirchgänger der hoffentlich eine gute Predigt hört, die CHRISTUS verkündet und nicht nur viele Worte über soziale Themen … Die wahre Kirche besteht nur aus Solchen die bewußt wollen, dass CHRISTUS Ihr HERR über Alles ist … und das heißt nicht Kirche, sondern der LEIB des CHRISTUS … Nur wer CHR. durch SEINE Vergebung und der daraus resultierenden kostbaren FREUDE und unsagbaren FRIEDEN im Herzen erfahren hat, gehört dazu und ist ein kostbarer BRUDER bzw. SCHWESTER in CHRISTUS geworden. Leider gibt es m.E. höchstens 5% echte CHRISTen in Europa, weil der Wohlstand und das Konfessions+Dogma Gewürge (Spaltungen) unter uns CHRISTEN eine EINHEIT pro Wohnort, schon seit vielen Jahrhunderten vereidelt. Daher wird es auch bei uns, wie es ja in 3/4 dieser Welt schon der Fall ist, ohne CHRISTenverfolgung oder dergl. nicht gehen, denn nur so werden die ECHTEN ggü. den Unechten ziemlich bald offenbar.

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