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Die Bibel: Ein Gott oder zwei Götter?

Begegnet uns im Alten Testament ein anderer Gott als im Neuen Testament? Der Theologe Marcion sprach von zwei gegensätzlichen Göttern, die Apostel sahen diesen Gegensatz nicht.

Von Pieter Lalleman

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Viele von uns sehen einen Gegensatz zwischen dem Alten und dem Neuen Testament. Das Alte Testament ist dieser Ansicht nach streng und distanziert, während das Neue Testament von der Liebe eines Gottes spricht, der uns nah ist. Ich bestreite nicht, dass es in dieser Hinsicht tatsächlich Unterschiede zwischen dem Alten und dem Neuen Testament gibt, aber es ist ein Missverständnis zu glauben, dass von einem anderen Gott die Rede ist.

Im Neuen Testament lernen wir Gott als den Vater des Herrn Jesus kennen. In Jesus offenbart sich Gott tiefer, als er es bis dahin getan hat. Johannes betont in seinem ersten Brief, dass Gott Licht und Liebe ist (1. Johannes 1,5 und 4,16), und Paulus singt sein Loblied auf die Liebe Gottes in 1. Korinther 13. In Jesus hat sich Gott so deutlich offenbart wie nie zuvor. Wer wissen will, wie Gott ist, der muss Jesus anschauen. Und doch ist der Vater von Jesus derselbe Gott, den wir im ersten Teil der Bibel kennenlernen.

Der Erste, bei dem wir das Missverständnis von zwei unterschiedlichen Göttern begegnen, ist Marcion, ein Christ aus dem zweiten Jahrhundert. Er war der Meinung, dass der Gott des Alten Testaments eifersüchtig und rachsüchtig gewesen sei, während der Gott des Neuen Testaments liebevoll sei. Er empfand auch einen starken Gegensatz zwischen den Gesetzen des Alten Bundes und dem Evangelium der Gnade.

Aussagekräftige Reihenfolge

Es trifft zu, dass im Alten Testament viel von Gottes Strenge und seiner Strafe sichtbar wird, aber das ist nie der wichtigste Aspekt. Das Alte Testament beginnt sehr positiv mit der Erschaffung einer wunderbaren Welt. Die ersten Menschen hören nicht auf Gott, aber er vernichtet sie nicht, wie ein rachsüchtiger Gott es tun würde. Stattdessen verspricht er unmittelbar darauf, dass ein Erlöser kommen wird (1. Mose 3,15). Als es danach mit den Menschen nicht gut läuft, beruft er Abram und macht ihn zum Stammvater eines neuen Volkes, dem er seine Liebe erweist. Die Reihenfolge, in der Gott handelt, ist wichtig: Zuerst formt er das Volk Israel und befreit es aus der Sklaverei in Ägypten – und danach gibt er seinem Volk seine Lebensregeln. Aus diesem Grund sind 2. Mose 20,2 und 5. Mose 5,2-3 so wichtig: Gott macht den ersten Schritt. Er beweist zuerst seine Liebe, und erst danach erwartet er von den Menschen eine positive Antwort. Die Regeln, die er gibt, sind übrigens sehr gut und hilfreich. Sie bieten den Schwachen in der Gesellschaft Sicherheit und schützen vor Diktatur und richterlicher Willkür.

Hoher ethischer Anspruch – durchgängig

Das Neue Testament beschreibt die Gnade, die Jesus bringt, und schildert, wie wir durch den Glauben an ihn gerettet werden. Aber es ist ein Missverständnis zu denken, dass es nun keine Regeln mehr gäbe. Selbst Paulus, der doch schreibt, dass wir allein durch den Glauben gerettet werden, gibt regelmäßig Anweisungen für ein gutes Leben, zum Beispiel in Römer 12 bis 14 und Galater 5,13 bis 6,10. Jakobus widerspricht einem Missverständnis, das offenbar in seiner Zeit bereits aufkam, und sagt, dass der Glaube ohne Werke (d.h. ohne ein gutes Leben) tot ist (Jakobus 2,14-26, vor allem Vers 17). Auch Jesus selbst legt die Latte für unser Verhalten hoch, zweifellos ebenso hoch wie das Alte Testament – vor allem in den Worten, die wir die Bergpredigt nennen (Matthäus 5 bis 7). Seiner Ansicht nach können wir ebenso wenig wie im Alten Testament behaupten, dass wir Gott liebhaben, wenn wir den Armen nicht helfen und uns nicht für Gerechtigkeit einsetzen (Lukas 14,13; 18,22; vgl. auch Paulus in Galater 2,10).

Es ist ein Missverständnis, dass Gott im Neuen Testament nur als „lieb und nett“ beschrieben wird. Jesus tut das sicher nicht. Niemand in der Bibel spricht so viel über die Hölle wie Jesus, und ihm zufolge haben schlimme Sünden auch eine harte Bestrafung zur Folge (Matthäus 5,29-30; 18,6). Das Buch der Offenbarung macht deutlich, dass Gott die Bosheit „der Könige der Erde“ (6,15; 17,2; 18,3 und 19,19) streng bestrafen wird. Wir müssen unsere Vorstellung davon, was Licht und Liebe ist, kritisch unter die Lupe nehmen. Ja, Gott liebt uns Menschen und hat seinen Sohn für uns gegeben, aber er hasst das Böse. Und das Böse ist leider eine Realität, in unserer Zeit vielleicht noch deutlicher als je zuvor. Gott will und kann uns davor beschützen, aber das heißt natürlich, dass er eindeutig Stellung bezieht gegen alle, die Böses tun und zum Bösen verführen. Das sieht man schon in 2. Mose 34,6-7, einer der wichtigsten Aussagen Gottes im Alten Testament: Er ist barmherzig und gnädig, geduldig und treu, aber gegen Sünder tritt er mit aller Härte auf.

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Roter Faden zwischen den Bibel-Teilen

Dass es keinen wirklichen Gegensatz gibt zwischen den beiden Teilen der Bibel, sieht man auch an den engen Verbindungen zwischen beiden. Das Alte Testament sieht das Kommen eines Erlösers voraus, und ein Höhepunkt dieses Ausblicks ist Jesaja 53. Dieses Kapitel beschreibt, wie der Knecht des Herrn aus Liebe zur Menschheit sein Leben hingibt. Umgekehrt weist das Neue Testament immer wieder darauf hin, dass das Auftreten von Jesus und der ersten Christen die Erfüllung dessen ist, was schon im Alten Testament versprochen wurde. Gott macht einen neuen Anfang, aber er ist noch derselbe Gott. Genau das bekennt Maria in ihrem Loblied über ihn in Lukas 1,46-55.

In Christus hat Gott auf neue Weise gehandelt, wir lernen ihn also besser kennen – aber er ist derselbe Gott. Die Menschen in der Bibel – Jesus, Paulus, Johannes, Jakobus – sehen nicht diesen Gegensatz, der Marcion so gestört hat.

Dr. Pieter Lalleman war Dozent für Neues Testament am Spurgeon’s College, London, ist nun Pastor der Knaphill Baptist Church, England, und zudem Herausgeber der Europäischen theologischen Zeitschrift.


Dieser Artikel erschien im Magazin Faszination Bibel. Faszination Bibel ist eine Zeitschrift des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

8 Kommentare

  1. Abraham sollte seinen Sohn Isaak opfern als Akt des Gehorsams gegenüber Gott. Ein Bild auf Gott den Vater der seinen Sohn hingibt für eine verlorene Welt. Und ein Rückblick auf das Geschehen im Garten Eden, wo Gott nach dem Sündenfall Tiere schlachtet um die Menschen mit Fellen zu bekleiden. „Ohne Blut geschieht keine Vergebung“ ! Vegebung für was denn ? Weil ich vor 50 Jahren meiner Oma 50 Pfennige aus dem Geldbeutel geklaut habe? Oder beim letzten Stadtbummel einer jungen Frau auf den Hintern geschaut habe? Übertreibt es Paulus als er schreibt, da ist keiner der Gutes tut, sie sind allesamt abgewichen, keiner fragt nach Gott. Keiner ist gerecht ! Könnte das unser eigentliches Problem sein, unsere hoffnungslose Verlorenheit? Aber, wehrt sich der „Gutmensch“ so schlecht bin ich doch gar nicht, erst neulich hab ich wieder einer alten Oma über die Straße geholfen und 20 Euro für die armen Kinderlein in Afrika locker gemacht ! „Unsere Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Kleid“ beklagt Jesaja, sollte er recht haben? Ich behaupte: ohne Sündenerkenntnis keine echte Umkehr, ohne Umkehr keine Wiedergeburt,ohne Widergeburt keine Errettung ! Die Reihenfolge ist nicht in Stein gemeißelt, oft kommt zuerst das erleuchtende Licht Gottes, davon überrascht und in seinem Licht erkennen wir erst die Finsternis in uns. Auch da mag Paulus auf dem Weg nach Damaskus ein vielsagender Hinweis sein. So hat Gott von seiner Seite alles nötige getan, „die Strafe liegt auf ihm, auf das wir Frieden hätten“. Der Vorhang im Tempel ist zerissen, der Weg ins „Allerheiligste“ frei. Nur einen Hacken gibt es noch „wer glaubt unserer Predigt“ ? Der eine Verbrecher am Kreuz schmäht Jesus in seiner letzten Stunde, der andere, bittet den Herrn an ihn zu denken und genau das bekommt er zugesichert, „heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“. „Ohne Glauben ist es unmöglich Gott zu gefallen“ „Der Gerechte wird aus Glauben leben“. „damit alle die an ihn glauben nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben“ „Verloren“, das hört sich jetzt aber wieder sehr alttestamentlich an, Gott hat uns doch alle so lieb und des Deutschen Lieblingshymne geht in etwa so: “ wir kommen alle alle alle in den Himmel“. Netter erbaulicher Text, nur leider völliger Schwachsinn! Und gefährlich obendrein, wer den Leuten die schreckliche Wahrheit vorenthält, dass der Sünder verloren geht, macht sich schuldig. Ein Evanglium ohne Gericht und Hölle ist ein anderes Evangelium. Und so entfaltet sich die ganze Wahrheit „Jesus Christus, derselbe gestern heute und in Ewigkeit “ Der Gott des Alten Testaments, ist der Gott des Neuen Testaments

  2. Danke an Bernd Hehner für seinen Beitrag. Bin nur mit dem letzten Satz nicht einverstanden. Die Aussage, dass die Frauen in der Gemeinde den Mund halten sollen, stimmt so nicht. Es steht, dass sie nicht lehren sollen, sprich nicht predigen. Die dürfen und sollen Gott loben, Kinder und Frauen lehren, Zeugnis geben… Entscheidungen haben die Männer zu treffen, das stimmt. Und das ist nicht nur die Meinung von einem Mann, der vor 2000 Jahren gelebt hat, sondern der Wille des Schöpfers! Dieses schreibt nicht irgendein Mann sondern der Apostel Paulus im Auftrag Gottes! Diese Passage finden wir in 1.Kor. 14,33-37. Es ging damals um die Unordnung in der korinthischen Gemeinde, was Paulus auch tadelt. Im Vers 37 sagt er ganz klar und eindeutig, „dass das was ich euch schreibe ein Gebot des Herrn ist.“ Nun haben wir die Wahl dem Wort des HERRN zu vertrauen oder dem Zeitgeist!

  3. Interessanter Artikel. Ich denke mir, Jesus verlangt im neuen Testament schon einiges von uns ab. In der Bergpredigt fordert er ja, dass wir vollkommen sein sollen, wie auch Gott vollkommen ist (habe jetzt leider nicht die genaue Bibelstelle).

    • Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist! (Matthäus 5,48).
      Ich persönlich glaube aber, dass die Gnadenzeit bald abgelaufen ist.

  4. Nicht Gott hat sich geändert, sondern unser Bild von ihm

    Pieter Lalleman schreibt: „Viele von uns sehen einen Gegensatz zwischen dem Alten und dem Neuen Testament. Das Alte Testament ist dieser Ansicht nach streng und distanziert, während das Neue Testament von der Liebe eines Gottes spricht, der uns nah ist. Ich bestreite nicht, dass es in dieser Hinsicht tatsächlich Unterschiede zwischen dem Alten und dem Neuen Testament gibt, aber es ist ein Missverständnis zu glauben, dass von einem anderen Gott die Rede ist“! Vollkommen richtig, nicht nur weil der Autor Theologe ist.

    Nicht Gott hat sich geändert, sondern nur unser Bild von ihm. In Jesus kommt Gott zu uns, in dem er ganz in dem Menschensohn Jesus wohnt. Ich gebe zu, dass erstens die unser Trinitätsdogma nicht vom Himmel gefallen ist, auch eigentlich so nicht in der Bibel vorkommt, sondern das große Bemühen eines frühen Konzils darstellt, etwas in ein Bild zu bringen, was nicht zu erklären ist und auch nicht erklärbar wird. Es scheint heute etwas aus der Zeit gefallen zu sein. Am Tisch in Gottes Neuem Himmel und Neuer Erde – dem Paradies und Ewigen Leben – sitzen nicht drei Personen, sondern Gott, der Sohn und der Heilige Geist sind lediglich die Aspekte Gottes. Nur hier in dem sehr liebevollen Angesicht des Menschensohnes Jesus sehen wir Gottes Liebe, seine Achtsamkeit und in der Augenhöhe, in dem er allen Menschen von der Geburt bis zur Himmelfahrt begegnet. Natürlich stimmt, was sogar auch mit Evangelikalen als sprachliches Credo verabredet wurde: GOTTES WORT IST IMMER GOTTESWORT DURCH MENSCHENWORT. Dies bedeutet: Menschen haben die beste Botschaft des Universums verbreitet und wie auch in allen Predigten ist der Zeugnisablegende nicht immer objektiv, kann Irrtümern erliegen und eigene Meinung mit verbreiten. Nach Martin Luther – heute auch mit den katholischen Geschwistern in Einmütigkeit – muss die ganze Bibel an den Worten Jesu und Taten, einschließlich dass er am Kreuz für alle Menschen gestorben ist, ausgelegt werden. Wie Menschen auch entschieden haben, welche Bücher in den Kanon der Schriften unserer Bibel Alten und Neues Testamentes aufgenommen wurden. Wenn Jesus den Glauben zusammenfasst mit den Worten, Gott zu lieben, den Nächsten und sich selbst, dann will und kann auch die Bibel kein Kochbuch und Ratgeber für alle denkbaren 30.000 sehr wichtige Fragen des modernen Lebens sein und kein Denkmodell, welche alle Widersprüche unserer Existenz und die Geheimnisse des Universums löst. Wir dürfen aber das Wort Gottes als an uns ganz persönlich gerichtet, immer (und sollten es auch) auf uns selbst anwenden. Also was es uns sagt und ganz konkret auch bedeuten könnte.

    Glaube ist nicht Wissen, sondern ein ganz großes Vertrauen in Gott. Zu Gott kann und darf man ein persönliches Liebesverhältnis haben und auch dessen Präsenz in der eigenen Seele verspüren. Nur beweisen kann niemand Gott. Jesus hat aber für den ungläubigen Thomas durchaus Liebe und Verständnis, der gerne lieber Beweise wollte und den eher große Wunder überzeugen würden. Er legte zwar die Finger in Jesu Wunden, also in die Realität seiner Lebensgeschichte und seines Todes.

    Aber das Wagnis des Christen und seine Entscheidung für einen Lebensweg mit Jesus. kann nicht selten auch sein, sich in einem Existenziellen Akt ihm in die Arme zu werfen. Dieser Springer fällt nicht ins Bodenlose, sondern in die geöffnete Hand Gottes. Andere Menschen brauchen mit ihrer Entscheidung, den Weg der Nachfolge zu gehen, doch längere Zeit und eine Entwicklungsphase. Wir dürfen und wir müssen sogar die Bibel auslegen und wenn der Apostel Paulus im Neuen Testament sagt, Frauen sollten in der Gemeinde den Mund halten, war dies die Ansicht eines Mannes vor 2000 Jahren und nicht das unabänderliche Wort des Schöpfers.

  5. Drei Götter wäre fatal ,da jeder dann anders tickt. Wir dürfen an den einen Gott Vater ,den einen Sohn Jesus Christus und den Heiligen Geist beider glauben und vertrauen.Ein Gott ,eine Trinität,ein Glaube . Der Sohn zeigt den Weg zu Gott ,denn beim Vater befindet sich seine neue Welt und der Himmel. Der Heilige Geist leitet die Gläubigen zu beiden hin, den Jesus allein ist der Weg zu Gott .Wer Jesus hat ,der sieht auch den Vater, folglich das ewige Leben.

  6. Die frühe Kirche hat sich lange mit dem Thema beschäftigt, im 4. Jh. einigte man sich auf das „Nizänum“, das Glaubensbekenntnis, das bis heute die Gottheit zutreffend beschreibt: Wir glauben an den e i n e n Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde… Und an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes einziggeborenen Sohn… und an den Heiligen Geist…“
    Dann stellt das Chalcedonense bezüglich Jesus noch klar „dass unser Herr Jesus Christus als ein und derselbe Sohn zu bekennen sei, derselbe vollkommen in der Gottheit, derselbe auch vollkommen in der Menschheit, derselbe wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch…. derselbe der Gottheit nach dem Vater wesensgleich…
    Das liest man -bei aufmerksamer Lektüre- in der Bibel. Z.B. „tauft sie auf d e n (Singular) Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Mt. 28,19. Die Einheit von Vater und Sohn finden wir z.B. in Joh. 1,1-3. Dass der Heilige Geist Person ist, lesen wir z.B. im Apg. 13,2, da s p r a c h der Heilige Geist „sondert mir aus…), hier haben wir einen der Unterschiede zu der Sonderlehre der Zeugen Jehovas, für die der Heilige Geist keine Person ist.

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