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Sterbehilfe: Bundestag lehnt beide Gesetzesvorschläge ab

Der Bundestag hat sich gegen ein neues Sterbehilfe-Gesetz entschieden. Beide Vorschläge erhielten keine Mehrheit.

Die Sterbehilfe in Deutschland wird vorerst nicht neu gesetzlich geregelt. Mehrheitlich stimmte das Parlament am Donnerstag gegen zwei Vorschläge aus den Reihen des Bundestags, die diese Form der Sterbehilfe rechtssicher ermöglichen, gleichzeitig aber unterschiedlich strenge Bedingungen und Verfahren für die Abgabe tödlich wirkender Mittel festschreiben wollten.

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Damit bleibt es dabei, dass die Hilfe bei der Selbsttötung in Deutschland grundsätzlich erlaubt ist, teilweise aber rechtliche Unsicherheiten birgt. Beide Gruppen wollten beispielsweise im Betäubungsmittelgesetz ausdrücklich festschreiben, dass die Abgabe todbringender Medikamente auch zum Zweck der Selbsttötung zulässig ist. Die Hürden für die Verschreibung der Mittel legten sie aber unterschiedlich hoch an.

Unsicherheiten bleiben bestehen

Eine Gruppe um den Abgeordneten Lars Castellucci (SPD) plädierte für eine Regelung im Strafrecht, die ärztliche Begutachtungen zur Voraussetzung für diese Form der Sterbehilfe machte. 304 Abgeordnete stimmten für den Entwurf, 363 dagegen. Der Vorschlag der Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP), die eine Beratungsregelung außerhalb des Strafrechts vorsah, erhielt 287 Ja-Stimmen. 375 Abgeordnete stimmten mit Nein.

Nach dem Scheitern der beiden Vorschläge für ein Sterbehilfe-Gesetz erwägen Bundestagsabgeordnete einen neuen Versuch für eine gesetzliche Regelung der Hilfe bei der Selbsttötung noch in dieser Wahlperiode. „Es muss unbedingt bald einen neuen Anlauf geben“, sagte der SPD-Abgeordnete Castellucci. Es brauche Rechtssicherheit, Klarheit und Schutz für alle Beteiligten, erklärte er. Der FDP-Politiker Benjamin Strasser, der zur gleichen Gruppe wie Castellucci gehörte, sprach von einer „unbefriedigenden Situation“.“Die Betroffenen sind weiterhin einem Graubereich von undurchsichtigen Sterbehilfeorganisationen ohne Schutzkonzept ausgesetzt“, sagte er. Mit etwas Abstand zur Entscheidung am Donnerstag werde die Gruppe beraten, „ob und wie wir einen neuen Anlauf in der Legislaturperiode unternehmen werden“, sagte er.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 ein Verbot von auf Wiederholung angelegter – sogenannter geschäftsmäßiger – Hilfe bei der Selbsttötung gekippt, weil das Recht auf selbstbestimmtes Sterben nach seiner Sicht auch das Recht umfasst, Hilfe beim Suizid in Anspruch zu nehmen. Das Verbot zielte vor allem auf Sterbehilfeorganisationen, die diese Form der Sterbehilfe nach ihren Regeln praktizieren. Eine gesetzliche Regelung sollte auch dazu beitragen, deren Praxis zu regulieren oder überflüssig zu machen.


Falls ihr selbst in einer verzweifelten Situation seid, sprecht mit Freunden und Familie darüber. Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist rund um die Uhr anonym und kostenlos erreichbar: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222. Auch die Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

Quelleepd

8 Kommentare

  1. Ich denke, dass es sich niemand leicht macht betreut zu sterben.
    Wenn jemand nur noch im Sterben eine Lösung sieht, muss er verzweifelt sein. wenn er dann Hilfe sucht sollte man ihm auch helfen können.

  2. Wenn der Bundestag sich nicht einigt, dann wird es eine Rechtsfindung über die Gerichte, vor allem höchste Gerichte geben.

    Das heißt, es wird alles erlaubt sein, was nicht ausdrücklich der Verfassung widerspricht.

    Ob das so sinnvoll ist?

    Und es wird Jahre der Rechtsunsicherheit geben.

    Schon schade, dass der Bundestag bei diesem wichtigen Thema nicht in der Lage ist, eine Mehrheitsentscheidung zu finden, die auch rechtlich zulässig ist.

    • Es ist nicht alles gesetzlich regelbar

      Da gebe ich dem Anderen Jörg vollumfänglich recht. Allerdings muss man fairerweise hier berücksichtigen, dass es offensichtlich tatsächlich keinen Fraktionszwang bei dieser extrem hoch-ethischen Frage gab. (Abgesehen davon, dass theoretisch sowieso alle Abgeordneten NUR ihrem Gewissen unterliegen). Ich zweifle immer mehr, ob es bei der Frage von Leben und Tod nach heutigem wissenschaftlichen Stand, und auch der Möglichkeiten der Medizin,m überhaupt Gesetze geben kann die bis ins Kleinste alle Eventualitäten auf den Intensivstationen abbilden könnten. Vom kurzen selbst bestimmten Tod, den man auch unbegleitet und nicht-assistiert erhalten kann – bis zu einer fast unbegrenzten Verlängerung nicht mehr bei Bewusstsein befindlichen Menschen – reicht die Skala der Möglichkeiten. Dies dehnt auch die Möglichkeiten der Ethik so weit aus, dass da oft Antworten so unterschiedlichen ausfallen können wie es Menschen und Überzeugungen gibt. Wir pfuschen Gott sowieso ins Handwerk. Nämlich sowohl beim Selbstmord des Menschen, der von einem hohen Turm springt. Als auch, wenn wir jemand zeitlich unbegrenzt an die Herz-Lungen-Maschine legen, dessen Gehirn zwar funktionieren würde, wäre er bei Bewusstsein. Die Frage ist nur, ob alles vorbestimmt ist. Wenn ja, dann ist auch die Appparate-Medizin vorbestimmt. Oder es ist nicht alles vorbestimmt, dann sind wir die Herren der Schöpfung, oder vermeinen es zu sein und wir produzieren somit durch destruktiven Fortschritt den Salat, den wir dann anschließend beklagen. Da weiß ich keine Antwort. Eher scheint der Himmel bewusst nicht alles zu lenken, denn dann wären wir der wirklichen Antwort entbunden. Fragt sich nur, ob so ein Instrumentarium des Gewissens, seit den Tagen des Neandertalers aktiv, überhaupt ein Sensorium hat für die modernen Fragen der Jetztzeit.

      • Es geht nicht nur um Schwerkranke. Gemäß Verfassungsgericht steht jedem der Suizid offen, auch assistiert

        Und eben deshalb braucht es Regeln für Sterbehilfevereine und Beratungsmöglichkeiten.

        Sonst haben wir WildWest in diesem wichtigen Lebensbereich.

        Ausserdem haben Ärzte ein Recht auf Rechtssicherheit.

        • Müssen Gründe maßgeblich sein für einen Suizid ?

          Sicherlich haben Ärzte einen Anspruch auf Rechtssicherheit. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass auch aufgrund des medizinischen Fortschrittes kaum alle Fragen und Probleme der letzten Tage des menschlichen Lebens in einem Gesetzestext vollständig berücksichtigt werden können. Dass jedem der Suizid – gewissermaßen als Menschenrecht – zuzugestehen ist, verunsichert mich extrem. Dann wäre u.U. auf einen Suizidgefährdeten einzuwirken um einen Freitod zu verhindern, der nicht schwer krank sondern nur unsterblich verliebt ist, zu Ende gedacht (fast bereits) eine Nötigung. Welche Gründe subjektiv bereits ausreichen einen Todeswunsch real zu kultivieren, bleibt also trotzdem unbedingte die Frage. Außerdem für ethisch Denkende scheint wesentlich zu sein, ob jene Sehnsucht nach dem Tode auch venünftig ist. Die Frage ist fast ethisch nicht zu lösen, wie man eine gesunde Abwägung treffen kann zwischen dem Gewinn eines möglichen Weiterlebens, und dem Nutzen des Todes. Gerade weil sich hier auch die Frage stellt, wie eine (möglicherweise) ungesunde Ansicht, sich wegen Banalitäten umzubringen, nicht gesund sein kann. Aber welche Ethikkommission kann solche Fragen wirklich widerspruchsfrei lösen?

          • Eigentlich ist die ethische Antwort recht simpel (und entspricht jetzt auch der Rechtsprechung)

            Die Frage ist nicht, wann ein Suizid gerechtfertigt ist sondern wer darüber entscheidet.

            Und das kann nur jeder Mensch für sich. Sofern geistig dazu in der Lage.

            Ich bin sehr für suizidprävention. Aber sie kann nur Hilfe anbieten, nicht die Entscheidung abnehmen.

            Ganz nebenbei, wenn man sich die Wartezeiten auf eine Psychotherapie in Deutschland anschaut, weiß man, dass das Problem nicht die Sterbehilfe ist.

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