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Wie viel Gewicht gebe ich meinem Gewicht?

Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind

Die zweiwöchentliche Kolumne von Tom Laengner

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Letztendlich zählt im Leben nicht, was man auf die Waage bringt, meint Tom Laengner. Trotzdem will er Verantwortung für seine Gesundheit übernehmen und klug entscheiden.

Als ich noch ein Kind war, klang es so bodenständig, wenn mein Vater als alter Bergmann mit Magengeschwür sagte: „Solange der Hintern in die Hose passt, wird keine Arbeit angefasst“. Eigentlich hat er immer ‚Arsch in die Buchse‘ gesagt. Klänge aber ein wenig vulgär, nicht wahr? Der Sinnspruch erschloss sich mir erst viel später: Wer also bis etwa zur Mitte des letzten Jahrtausends in Deutschland ein Bäuchlein sein eigen nennen konnte, hatte eine Sorge weniger! Die Person war ein Glückskind! Denn offensichtlich gab es für sie im Überfluss zu essen.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Inzwischen konsumieren wir Deutschen uns längst zu Tode. Zucker und Fett sind hierzulande gewissermaßen zu Herren über Leben und Tod geworden. Nach einer Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg kostet der übermäßige Konsum von Kuchen, Ketchup und Kotelett etwa 160.000 Menschen in Deutschland pro Jahr das Leben. Ich finde, dass das ganz schön viele Menschen sind.

Bratwürste und lecker Bierchen wurden zu den Architekten eines massiv eingeschränkten Lebens.

Einer davon war mein Papa. Als der 70 wurde, wurden drei plötzliche Herzinfarkte zur Geburtsstunde einer zehnjährigen Leidenszeit. Wesentlich Schuld daran waren die vielen Bratwürste und lecker Bierchen. Sie wurden zu den Architekten eines massiv eingeschränkten Lebens. Für mich war es grauenvoll zu sehen, wie mein dynamischer und sprudelnder Vater im Laufe dieser Jahre immer weniger wurde. 2006 haben wir bei der Fußballweltmeisterschaft noch einmal ein Bier in seinem Zimmer im Marienheim getrunken. Ein Pfleger hatte uns das gebracht. Es waren zwei lauwarme Flaschen Pils und es war gegen die Regel. Aber der Mann muss gespürt haben, dass er in dieser Situation Gott und der Liebe mehr gehorchen muss als den Paragrafen. Nicht lange danach ist mein Vater nach Hause gegangen. So hätte er das ausgedrückt. Ich vermisse ihn oft.

Hätte er das Unheil damals doch kommen sehen, habe ich oft gedacht. Hatte er aber nicht. Ich tue das heute schon. Was ich heute tue, hat Folgen für mein morgen. Da gibt es keinen Zweifel.
Mag sein, dass eine ordentliche Tüte Chips eine gute Gabe Gottes ist. Doch was ist mit den weiteren vier bis fünf? Wie dem auch sei! Ich möchte für mich aber heute kluge Entscheidungen treffen. Und soviel weiß ich: Fett und Zucker bringen mich nicht an das Ziel meiner Träume. Ein deutscher Zahncremehersteller weiß das auch. In einem aktuellen TV-Clip gibt er zu bedenken, dass Deutschland als Zuckerkonsument ganz weit vorn ist. Empfehlung zur Lösung des Problems: Zähne putzen, damit ‚Sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen können‘. Ich bin ja kein Experte. Aber ich würde sagen: Weniger Zucker zu essen, wäre naheliegender.

Bestimmte Dinge kommen sehen kann ich dennoch. Deshalb möchte ich lernen, entsprechend zu handeln.

Doch wie gesagt; ich bin kein Experte. Bestimmte Dinge kommen sehen kann ich dennoch. Deshalb möchte ich lernen, entsprechend zu handeln. Auf Pandemien wie diese kann ich mich zwar nur bedingt vorbereiten, weil sie nicht um Erlaubnis fragen, ob mir der Besuch gerade recht ist. Aber wie sähe es mit einem Beitrag dazu aus, dass ich als möglicher Wirt in passablem Zustand bin? Ich habe mich auf den Weg gemacht. Und, alter Schwede! Das ist brutal schwer, finde ich. Froh bin ich, dass ich andere Kleidergrößen als vor der Pandemie tragen kann. Aufgrund meiner Familiengeschichte grenzt das für mich an ein Wunder.

Wie viel Gewicht gebe ich meinem Gewicht? Ich wünsche mir, dass Jesus mich an meiner Furchtlosigkeit und Liebe erkennt. Nicht unbedingt an meinem Gewicht. Das steht sicher nicht ganz oben auf seiner Agenda. Ob ich deshalb starkes Übergewicht riskieren sollte? Gesünder essen und mich mehr bewegen muss ich ganz alleine machen. Ich glaube, da kurbel ich dann heute noch ein Runde mit dem Rad. Und juchhu! Gerade kommt die Sonne raus.

Out of the Box – Teil 1: Was gibt mir Energie?
Out of the Box – Teil 2: Was müsste dein Bruder tun, damit du glaubst, dass er der Sohn Gottes ist?
Out of the Box – Teil 3: Was macht mein Herz frei und warm?
Out of the Box – Teil 4: Wie erkläre ich meinen Glauben im Zoom-Meeting?
Out of the Box – Teil 5: Von Pornoweltmeistern und Polenschlüsseln
Out of the Box – Teil 6: Darf ein Christ eigentlich Mikado spielen?
Out of the Box – Teil 7: Was macht die Barmherzigkeit barmherzig?
Out of the Box – Teil 8: Wann wird das Nein zum Geld ein Ja zum Glück?
Out of the Box – Teil 9: Wie viel Gewicht gebe ich meinem Gewicht?
Out of the Box – Teil 10: Betest du auch manchmal für einen Parkplatz?


Tom Laengner ist ein Kind des Ruhrgebiets. Nach 20 Jahren im Schuldienst arbeitet er journalistisch freiberuflich und bereist gerne unterschiedliche afrikanische Länder. Darüber hinaus arbeitet er als Sprecher für Lebensfragen und Globales Lernen. In seiner Kolumne „Out of the Box – Weil wir wunderbar gemacht sind“ schreibt er regelmäßig über Lebensfragen, die ihn bewegen.

1 Kommentar

  1. Das Leben ist immer ein Abwägungsprozess

    Selbstverständlich sollte jede und jeder achtsam mit sich umgehen. Denn das meiste Unheil hier auf Erden besteht aus dem Tun oder dessen Unterlassung, was unbedingt (nicht) nötig wäre. Also rechtzeitig abzunehmen, bevor die durch Übergewicht erzeugten Störungen zu ernsthafter Erkrankung führen. Das Übergewicht entsteht meistens durch zu vieles Essen und/oder weil es so gut schmeckt. Manche Menschen tragen einen Bierbauch, obwohl sie keines trinken und nicht übermäßig essen. Dann gibt es noch die Ideal- oder sogar Untergewichtigen, die höllisch entgleiste Blutwerte haben, wegen falscher Ernährung oder auch aus anderen Gründen, und man sieht es ihnen äußerlich nicht an. Ich würde aber auch dem christlichen Glauben nicht gerne für moralischen Fundamentalismus halten. Es ist auch ein eigener achtsamer Umgang mit sich selbst, wenn sich jemand etwas gönnt. Dies muss nun nicht das ständige übermäßige und gute Essen sein. Jesus war kein Asket, er lehrte nicht das Fasten als Zentrum seiner Botschaft, sondern dass jede und jeder das Leben lieben darf. Daher wird auch die Geschichte der Hochzeit zu Kaana erzählt. Da wurde einige Tage gefeiert und sogar reichlich Wein verzehrt. Wir müssen also als Christinnen und Christen uns nicht im Keller verstecken, wenn wir lachen und schmausen möchten. Ein Geizkragen gönnt sich selbst nichts und anderen genauso wenig. Mein Opa rauchte wie ein Schlot bis ins 88 Lebensjahr und starb nur, weil er über den Bordstein stolperte. Kürzlich erlitt ein 33jähriger offensichtlich idealgewichtiger gesunder Busfahrer einen nächtlichen plötzlichen Herztod. Schwieriger wird der Umgang mit der Klimakatastrophe, etwa bei der Frage, ob und wieviel wir uns gönnen sollen etwa in Sachen Urlaub mit Flug. Aber wenn niemand mehr fliegt, alle auf Magerkost leben und jeder spart sowie verzichtet, wird die Marktwirtschaft zusammenbrechen. Dann haben alle Hunger und das Gegenteil ist erreicht. Das Richtige zu tun, auch beim gesunden Leben, ist ein sehr schwieriger Abwägungsprozess. Allerdings sollten ich und wir alle bewusst leben und auch alles reflektieren, was wir tun oder nicht tun.

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